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Pol Espargaró (Honda): «Es liegt an Reaktionszeiten!»

Von Manuel Pecino
Pol Espargaró spricht im Interview offen über die Fehler in der Entwicklung. Er kritisiert bei Honda, dass die Reaktionsgeschwindigkeit bei der Entwicklung extrem langsam ist. Honda steht im Sommer in der Pflicht.

Statistiken sind immer faktenbasiert. Aber im Fall Pol Espargaró in dieser Saison lassen sie Raum für ein wenig Interpretation. Nach einer guten Vorsaison, die hohe Erwartungen generierte, bestätigte der Honda-Pilot diese mit Platz 3 in Katar. Aber in den folgenden neun Rennen war Pols bestes Ergebnis ein neunter Platz.

«Ja, ich bin frustriert. In Argentinien bin ich an vierter Stelle gestürzt. Dann kam alles zusammen: Stürze, technische Probleme, Verletzungen, ich musste Rennen aufgeben. Ich habe natürlich meinen Anteil an der Blamage, und auch wenn das Bike nicht schnell ist, musst du zumindest der schnellste Junge auf diesem Motorrad sein», gab er zu Wort. «Marc war schneller als ich in einigen Rennen. Meine Ergebnisse hätten besser sein müssen.»

Die Frage kommt beinahe automatisch auf: Wie stark unterscheidet sich das Motorrad vom Saisonstart im Vergleich zu dem aktuellen Bike? Und wenn das Bike gut funktioniert hat, wieso wurde es verändert?

«Das Motorrad vom Saisonstart hat nichts mit dem aktuellen Bike zu tun. Weder von der Fahrweise her noch technisch. In der gesamten Vorsaison hatte ich keinen einzigen Sturz. Wenn du so viele Stürze hast, wie ich sie hatte, und sie alle passieren, wenn du langsam unterwegs bist, funktioniert etwas überhaupt nicht», sagte Espargaró. «Das ist ein ganz klares Zeichen, dass etwas falsch läuft. Das Motorrad zu modifizieren, ist nicht so einfach. Es gibt viele Teile am Bike, an denen wir nichts ändern dürfen. Die Reifen zum Beispiel.»

Die Reifen? «Das ist ein Thema, das nicht von uns abhängt, wir haben keinerlei Wissen darüber. Das ist keine Kritik, ich möchte nicht, dass es als solche interpretiert wird, es ist schlicht und einfach eine Tatsache. Die Reifen sind eine Komponente des Motorrads, die wir nicht kontrollieren können. Der Charakter der Reifen kann sich zu 100 Prozent verändern. Es macht nicht Michelin schuldig, sondern uns, weil wir es nicht schaffen, uns wie die anderen Werke an die vorhandenen Reifen anzupassen. Die Reifen sind ja für Teams alle gleich.»

In unserem Interview haben wir Pol außerdem gefragt, ob er sich als HRC’s Referenz in der Abwesenheit von Marc Márquez mit den Einschätzungen und Angaben in der Entwicklung der 2022er-Honda geirrt hat.

«Marc war im Winter bei den Tests dabei. Wir hatten sehr viele Unterhaltungen in der Vorsaison, nicht nur mit ihm, sondern auch mit Nakagami und Alex Márquez. Die beiden waren beispielsweise bei den Testfahrten auch sehr schnell. Das Motorrad funktionierte sehr gut», betont der Honda-Star. «Klar, Marc hat sich über die Front beschwert, weil sie ihm Probleme bereitete. Er sagte aber auch, dass wir mit diesem Bike sehr gut unterwegs sein werden. In diesem Moment war das die Realität. Alle vier Fahrer waren schockiert, als es für uns plötzlich doch schlecht lief.»

Hört man Pol Espargaró zu, weiß man, dass die fünf Wochen Sommerferien für die Ingenieure auf dem HRC-Firmensitz alles andere als entspannt werden. 

«Ich glaube, dass die Pause Honda helfen wird, um große Reaktionen zu zeigen. Von allen Problemen, die wir bei Honda haben, ist das größte unsere mangelnde Reaktionsgeschwindigkeit in der Weiterentwicklung. Wir sind da sehr langsam. Wir haben Probleme, diese sind klar, aber wir waren nicht in der Lage, neue Teile zu bringen. Fast alles, was wir getestet haben, waren alte Teile aus dem Lager. Wir haben sie einfach noch einmal ausprobiert. Seit Katar haben wir ein anderes Chassis getestet, es war sehr ähnlich zu dem vorhandenen. Das Gleiche gilt für die Schwinge. Und das war's.»

Espargaró weiter: «In einer so schwierigen Situation wie jetzt haben wir beim ,Rear Ride Height Device’ und auch in der aerodynamischen Entwicklung im Rückstand, denn wir haben keinen Grip. Und dann testen wir nichts, was uns hilft, dies zu verbessern», beklagte der 31-Jährige. «Ich hoffe, nach dem Sommer wird es in dieser Richtung besser.»

«Ich glaube, beim Niveau der MotoGP ist das nicht der richtige Weg. Und fürs Protokoll: Es liegt nicht an mangelnder Lust oder am Einsatz, sondern an Reaktionszeiten der Weiterentwicklung. Ich denke, dass in der japanischen Kultur die Angst, Fehler zu machen, zu stark ausgeprägt ist. Es gibt keinen Grund, Angst vor Fehlern zu haben.»

«Für Honda hat Sicherheit die oberste Priorität. Sie möchten nichts ausprobieren, was die Sicherheit der Fahrer gefährdet. Ich finde das stark, als Fahrer weiß ich das zu schätzen. Aber wenn etwas schief läuft, ist es gefährlicher, wenn der Fahrer über dem Limit unterwegs ist und sein Leben riskiert, nur um eine schnelle Runde mit nicht funktionierendem Material zu absolvieren. Es würde die Sicherheit erhöhen, wenn wir etwas Neues ausprobieren.»

MotoGP-Fahrer-WM nach 11 von 20 Grand Prix:

1. Quartararo 172 Punkte. 2. Aleix Espargaró 151. 3. Zarco 114. 4. Bagnaia 106. 5. Bastianini 105. 6. Brad Binder 93. 7. Miller 91. 8. Mir 77. 9. Rins 75. 10. Oliveira 71. 11. Martin 70. 12. Viñales 62. 13. Marc Márquez 60. 14. Bezzecchi 55. 15. Marini 52. 16. Nakagami 42. 17. Pol Espargaró 40. 18. Alex Márquez 27. 19. Morbidelli 25. 20. Di Giannantonio 18. 21. Darryn Binder 10. 22. Dovizioso 10. 23. Gardner 9. 24. Raúl Fernández 5.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati 246 Punkte. 2. Yamaha 172. 3. Aprilia 155. 4. KTM 121. 5. Suzuki 101. 6. Honda 85.

Team-WM:
1. Aprilia Racing 213 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 197. 3. Ducati Lenovo Team 197. 4. Prima Pramac Racing 184. 5. Red Bull KTM Factory 164. 6. Suzuki Ecstar 152. 7. Gresini Racing 123. 8. Mooney VR46 Racing 107. 9 Repsol Honda 100. 10. LCR Honda 69. 11. WithU Yamaha RNF 20. 12. Tech3 KTM Factory 14.

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