Andrea Dovizioso (Yamaha): «Fabio könnte profitieren»
Andrea Dovizioso: Ist 2022 seine letzte GP-Saison?
Andrea Dovizioso feierte im letzten Jahr ein überraschendes Comeback. Der dreifache MotoGP-Vizeweltmeister kommt mit seiner Yamaha M1 kaum in Fahrt, obwohl es dasselbe Motorrad ist, mit dem Fabio Quartararo Podestplätze und Siege einfährt. Der Italiener äußerte sich im Interview mit SPEEDWEEK.com zur aktuellen Situation.
Es ist deine 15. Saison in der MotoGP-Klasse. Was ist deiner Meinung nach die größte Veränderung in der «premier class» seitdem du 2008 in die Kategorie eingestiegen bist?
Da gab es sehr viele. Die größte Veränderung war es, für Yamaha zu starten, denn ich hatte dieses Situation nicht erwartet. Als ich begonnen hatte, habe ich einige gute Dinge bemerkt, doch auch große Einschränkungen in bestimmten Bereichen. Wenn du so etwas nicht erwartest, dann ist es ein großer Schock. Nun ist es okay, denn man hat sich dran gewöhnt. Aber wenn du versuchst, etwas zu verändern und du bist nicht in der Lage dazu, dann wird es sehr hart. Es war die schwierigste Situation für mich, denn es war völlig anders als in meinen letzten acht Jahren. Ich muss das Motorrad völlig gegensätzlich bewegen, als ich es gewohnt war. Ich hatte eine ganz klare Herangehensweise, um während eines Wochenendes konkurrenzfähig zu werden, zu einem bestimmten Zeitpunkt funktionierte das dann auch. All diese Dinge… funktionieren jetzt nicht mehr. Gar nichts. Also muss man das Gegenteil machen. Erstens ist das nicht natürlich und zweitens nicht meine Art.
Das macht keinen Spaß, oder?
Das Ergebnis ist… kein Spaß!
Du warst es gewöhnt um gute Positionen zu kämpfen, denn du warst drei Jahre in Folge Zweiter in der Meisterschaft, deshalb muss es sehr schwierig sein. Es gab keinen Grund zurückzukehren, aber du wolltest unbedingt.
Ja, aber nicht, weil ich dachte, dass ich etwas beweisen muss. Es war, weil ich bereits nach 2012 für das Yamaha-Werksteam fahren wollte, doch ich bekam diese Chance nicht. Obwohl ich Vierter in der Meisterschaft wurde. Was letztes Jahr passierte, war verrückt. Niemand erwartete das, was zwischen Yamaha und Maverick passierte. Aber es gab da etwas, das in meinem Gedanken immer noch vorhanden war. Also bekam ich die Chance, einen Werksvertrag zu unterschreiben, um eine Werks-Yamaha zu pilotieren. Das ist etwas, das ich in meiner Karriere immer wollte. Denn als ich 2012 zu Yamaha kam, musste ich das Motorrad fahren, wie es war. Damals konnte ich keine Entwicklungsarbeit erledigen. Ich habe den Titel zwar nicht gewonnen, aber wir waren konkurrenzfähig und standen oftmals auf dem Podium. Ich dachte, mit mehr Erfahrung könnte ich das Motorrad schneller bewegen. Wenn du diese Erfahrung machst, dann ändert sich alles, das ist ganz normal. Niemand kann alles voraussagen. Es gibt sehr viele Gründe, warum das alles passiert in diesem Jahr. Es ist enttäuschend.
Ich hatte viel mehr erwartet, aber es ist eine ganz besondere Situation. Ich möchte es nicht als schlechte Situation betiteln, denn Fabio gewann den Titel im letzten Jahr und er führt in der Meisterschaft. Ich versuche keine Ausrede zu suchen, doch es sind einige Dinge. MotoGP hat sich in vielen Bereichen verändert. Beispielsweise der Weg, wie du mit dem neuen Michelin-Reifen umgehen musst, der 2020 eingeführt wurde.
Schau auf Aprilia: Maverick ist einer der schnellsten Fahrer der MotoGP-Klasse, aber er brauchte eine lange Zeit, um ein richtig gutes Ergebnis zu erzielen. Ich meine, wenn du zu den Top-5-Fahrern gehörst, hast du früher immer eine Gelegenheit gefunden, um stark zu sein. Du konntest Weltmeister werden, oder du wurdest Dritter. Die Wahrheit sieht nun anders aus.
Bist du enttäuscht von dir selbst, dass du nicht in der Lage bist, die Situation zu verändern?
Ja, ich bin mehr von mir enttäuscht als von Yamaha. Ich kann das Potenzial des Bikes nicht nutzen, obwohl mir zu 100 Prozent klar ist, warum – In jedem Bereich. Selbst nach vielen Rennen bin ich nicht in der Lage, diese Dinge zu verändern. Ich bin auch enttäuscht, weil ich den Charakter der Maschine nicht weiterentwickeln kann. Nicht mal ein wenig, um es an mich anzupassen. 2012 habe ich nichts verändert, doch ich konnte auf meine Art fahren, um stark zu sein. Es war nicht der beste Weg, um auf einer Yamaha schnell zu sein, aber es war gut genug, um Platz 4 zu erreichen. Der Charakter dieser Yamaha, verglichen mit dem aktuellen Wettbewerb in der MotoGP, das macht es jetzt unmöglich. Du kannst nicht beschleunigen, bist aber in der Kurvenmitte wirklich schnell. Aber im Kopf sagt dieser Mikrochip, dass man sich der Kurve auf eine ganz andere Weise nähern sollte. Man wird nicht in der Lage sein, diese Situation zu meistern und mit gutem Tempo herauszukommen. Und in jeder Kurve ist es die gleiche Geschichte.
Dass du bereits 36 Jahre alt bist, hilft nicht, oder?
Niemand kann das beantworten. Sicherlich wäre ich gerne etwas jünger, aber… Vielleicht hat es einen Anteil daran, aber für mich ist das ein sehr kleiner.
Einmal nachgehört: Warum sollte Yamaha auf Andrea Dovizioso, Franco Morbidelli oder Darryn Binder hören, wenn ein Fahrer Rennen gewinnt und die Meisterschaft anführt?
Ich war völlig offen und direkt zu Yamaha. Meine Beziehung zum Werk ist sehr gut. Ich besuchte einige Meetings mit ihnen, ich kann die Situation mit Fabio verstehen. Er möchte mehr Leistung. Ich kämpfe gegen niemanden und ich jage niemanden. Ich habe gleich klar gesagt: «Ich weiß genau, worüber ich mich beschwere, aber ich kann die Situation nicht ändern. Ich würde gerne verstehen, worauf ihr euch fokussiert.» Für mich war das sehr wichtig.
Neben den Ergebnissen benötige ich einen Grund und ein klares Programm zu dem, was wir tun. Ich habe versucht zu erklären, warum Fabio dort steht, wo er ist. Außerdem habe ich versucht, klar zu machen, dass Fabio profitieren könnte, wenn wir bestimmte Bereiche verbessern können. Ich war glücklich mit den Treffen, aber leider änderte sich nichts. Ich habe nicht die Chance erhalten, an großen Dingen zu arbeiten. Diese Dinge sind meiner Meinung nach die schlechten Eckpunkte des Motorrads. Ich bin aber entspannt darüber, denn ich verstehe sie. Ich bin völlig offen zu dem, was Yamaha macht, was sie noch erreichen wollen. Ich versuche eine gute Beziehung zu halten.
Aber du möchtest auch etwas Spaß haben.
Ich versuche Spaß zu haben, aber wenn du nicht bei der Musik bist, kannst du keinen Spaß haben.