Honda macht Ernst: Ai Ogura bei LCR in Favoritenrolle
Der überwiegende Teil der 22 Plätze im geschrumpften MotoGP-Startfeld für 2023 sind vergeben. Durch den Rückzug von Suzuki fallen zwei der 24 «Slots» weg. Die Werksteams sind alle besetzt, auch wenn Repsol-Honda mit der Verkündigung des Engagements von Joan Mir (neben Marc Márquez) noch wartet und Ducati Lenovo bei der Verpflichtung von Enea Bastianini als Teamkollegen von Pecco Bagnaia bisher zuwartet, sodass sich auch Jorge Martin weiter Hoffnungen machen darf.
Aprilia Racing hat Aleix Espargaró und Maverick Viñales für weitere zwei Jahre verpflichtet, bei Monster Yamaha macht WM-Leader Fabio Quartararo bis Ende 2024 weiter, Franky Morbidelli darf offenbar trotz enttäuschender Leistungen seinen Vertrag bis Ende 2023 erfüllen, und bei Red Bull-KTM treten in den nächsten zwei Jahren Brad Binder und Jack Miller an.
Auch die Privatteams haben sich bei der Fahrerwahl überwiegend entschieden. Bei Gresini Racing sind in Assen Fabio Di Giannantonio und Alex Márquez als neue Fahrerpaarung präsentiert worden. Die beiden werden mit Desmosedici GP22-Bikes fahren, was nicht unbedingt ein Riesennachteil sein muss, wenn man berücksichtigt, dass Bastianini 2022 mit einer Vorjahres-Ducati drei WM-Rennen gewonnen und Rookie Bezzecchi bei der Dutch-TT mit so einem Gerät als Zweiter nur 0,4 sec auf Werksfahrer Bagnaia verloren hat.
Ducati wird auch 2023 acht Fahrer ausrüsten, vier davon auf jeden Fall mit GP23-Maschinen – das Lenovo-Werksteam sowie Prima Pramac Racing mit Jorge Martin (noch nicht zu 100 Prozent besiegelt) und Johann Zarco.
Ob das Mooney VR46-Team von Valentino Rossi für Marco Bezzecchi und Luca Marini Ducati-GP22-Modelle erhält oder zumindest ein Fahrer eine GP23, darüber wird noch verhandelt.
Auch die Frage, ob wirklich Bastianini statt Martin bei Ducati-Lenovo den Platz von Miller erhält, ist noch nicht endgültig geklärt, obwohl die Chancen des dreifachen Saisonsiegers bei Ducati Corse «mit 70 Prozent» beziffert werden.
Pramac-Teambesitzer Paolo Campinoti wartet noch ab, ob er Martin abgeben und dafür Bastianini von Gresini bekommen wird. «Das entscheidet Gigi Dall'Igna. Ich bin nur seine rechte Hand», lachte Campinoti in Assen auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com.
Das LCR-Honda-Team wird sich mit dem dreifachen MotoGP-Sieger Alex Rins verstärken, ersetzt Alex Márquez. Die Frage, ob Takaaki Nakagami eine sechste Saison bei LCR verbringen darf oder ob er für Moto2-Sieger Ai Ogura Platz machen muss, dürfte inzwischen geklärt sein. HRC will Ogura als Rookie in die «premier class» transferieren. Er liegt nach 11 von 20 Rennen in der Moto2-WM nur einen Punkt hinter den beiden Spitzenreitern Celestino Vietti und Augusto Fernandez.
HRC-Manager Alberto Puig erklärte gegenüber SPEEDWEEK.com: «Ich bin ein großer Fan von jungen Fahrern. Ich habe mein ganzes Leben der Förderung von jungen Talenten gewidmet. Du musst jedoch bei solchen Transfers genau überlegen. Wie verhält sich ein junger Fahrer nach einem Crash? Was versteht er vom Motorrad und vom Set-up? Es gibt viele Bereiche. Man darf nicht zu aufgeregt sein, sondern muss ihn Ruhe analysieren und prüfen, welche Lösung die Beste ist. Wenn Ai Ogura den Moto2-WM-Titel gewinnt, hat das eine Bedeutung. Denn die Moto2 ist eine schwierige Klasse. Als Weltmeister hast du vielleicht eine Chance in der MotoGP. Wir müssen uns aber im Sommer entscheiden und können nicht bis Oktober warten.»
Auf jeden Fall hat HRC bei Taka Nakagami genug Geduld bewiesen: Stefan Bradl wurde 2012 für drei Jahre engagiert und dann abserviert, weil er im dritten Jahr keinen Podestplatz zustande brachte. Auch Jack Miller musste bei HRC nach drei Jahren ebenfalls gehen, obwohl er ein Rennen gewonnen hatte.
Nakagami steht nach viereinhalb Jahren ohne Podestplatz da. Und Marc Márquez ist offenbar auch kein Fan des Japaners: «Taka ist nur auf gewissen Pisten schnell, zum Beispiel in Jerez und Aragón», stellte der Repsol-Honda-Star im Mai 2022 verwundert fest.
Falls Ogura zu LCR kommt, werden bei Honda drei von vier Stammfahrern ausgetauscht, nur Marc Márquez bleibt.
Damit wird das Konzept, alles dem Superstar unterzuordnen, nach drei enttäuschenden Jahren schwungvoll begraben.
Beim neuen WithU-RNF-Aprilia-Team ist Miguel Oliveira gesetzt, als Teamkollege ist Raúl Fernández vorgesehen, der aber bisher keine Freigabe von KTM erhalten hat. Darryn Binder macht sich aber keine großen Hoffnungen mehr; er sucht einen Moto2-Platz.
Das Tech3-Team wird mit Pol Espargaró nach dem bisher missglückten Jahr mit zwei Rookies wieder eine klare Nummer 1 bekommen. Als Teamkollege wird Remy Gardner favorisiert. Die Pierer Mobility AG wird die Tech3-Mannschaft künftig mit GASGAS-Motorräder beliefern, die baugleich mit den KTM RC16 sein werden, was vom Reglement her erlaubt ist, solange es sich um nicht käuflich erwerbbare Prototypen handelt.
Yamaha wird 2023 erstmals in der MotoGP-Ära kein Kundenteam beliefern. Aller Voraussicht nach auch 2024 nicht, denn Rossis VR46-Team ist bis Ende 2024 bei Ducati unter Vertrag, Gresini bis Ende 2023. Aber Gresini-Teamchefin Nadia Padovani will den Deal demnächst für ein weiteres Jahr verlängern, um die Planungssicherheit zu erhöhen.
Die MotoGP-Werksteams 2023
Red Bull KTM (Binder, Miller)
Ducati Lenovo (Bagnaia, Bastianini?)
Monster Yamaha (Quartararo, Morbidelli)
Aprilia Racing (Aleix Espargaró, Viñales)
Repsol Honda (Marc Márquez, Joan Mir)
Die Kundenteams 2023
Tech3-GASGAS (Pol Espargaró, Gardner?)
Prima Pramac Ducati (Zarco, Martin?)
WithU-Aprilia (Oliveira, Raúl Fernández?)
Mooney VR46 Ducati (Marini, Bezzecchi)
Gresini Racing Ducati (Alex Márquez, Di Giannantonio)
LCR Honda (Rins, Ogura?)
Die MotoGP-Werksteams 2022
Red Bull KTM (Binder, Oliveira)
Ducati Lenovo (Bagnaia, Miller)
Monster Yamaha (Quartararo, Morbidelli)
Suzuki Ecstar (Mir, Rins)
Aprilia Racing (Aleix Espargaró, Viñales)
Repsol Honda (Marc Márquez, Pol Espargaró)
Die Kundenteams 2022
Tech3-KTM (Gardner, Raúl Fernández)
Prima Pramac Ducati (Zarco, Martin)
WithU-Yamaha (Dovizioso, Darryn Binder)
Mooney VR46 Ducati (Marini, Bezzecchi)
Gresini Racing Ducati (Bastianini, Di Giannantonio)
LCR Honda (Nakagami, Alex Márquez)