Honda hofft auf Marc Márquez-Comeback im September
Marc Márquez
Marc Márquez bezeichnete am 29. Mai nach Platz 10 beim Mugello-GP die vierte Operation am rechten Oberarm, die vier Tage später in der Mayo Clinic in Rochester (Minnesota, USA) durchgeführt wurde, als seine «letzte Chance». Wenn es den weltberühmten Spezialisten in Amerika nicht gelingt, seine rechte Schulter zu stabilisieren, dann werde er womöglich nicht mehr lange Rennen fahren, ließ der Honda-Star durchblicken.
Aus der treuen Entourage des Spaniers sickerte in der Sommerpause durch, dass er sich von Tag zu Tag besser fühlt. Der 59-fache MotoGP-Sieger macht körperlich gute Fortschritte, hört aber folgsam auf den Rat der Ärzte und will das Comeback nicht überstürzen. Marc machte jedoch gleichzeitig kein Geheimnis daraus, dass er die neuesten Entwicklungsfortschritte bei Repsol-Honda so bald wie möglich in der Box live mitverfolgen möchte.
Wer sich heute im Paddock des Silverstone-GP im HRC-Lager umhörte, konnte die Vermutung spüren, dass der sechsfache MotoGP-Weltmeister den Honda-Kollegen womöglich jetzt schon am Wochenende beim British Motorcycle Grand Prix über die Schulter schauen wird. Auf jeden Fall will der 29-jährige Spanier von 19. bis 21. August beim GP von Österreich erstmals seit rund drei Monaten wieder dabei sein.
Weil vom Erfolg der vierten Oberarm-Operation seine berufliche Zukunft abhängt, für die der achtfache Weltmeister pro Jahr mit rund 20 Millionen Euro entschädigt wird, hütet sich Marc Márquez vor Spekulationen über einen Zeitpunkt für seine Rückkehr auf die GP-Pisten. Aber dass das Comeback nach menschlichem Ermessen im September oder Oktober stattfinden würde, zeichnete sich bereits Ende Mai beim Mugello-GP ab.
Marc Márquez wickelt die gesamte Rehabilitation in Spanien ab. Das Medical-Team Dr. Samuel Antuña und Dr. Angel Cotorro vom «Hospital Ruber Internacional» in Madrid wird den Honda-Werksfahrer im August wieder untersuchen. Dann soll der exakte Comeback-Plan besprochen werden.
Repsol-Honda-Teamprinzipal Alberto Puig hält sich bisher bedeckt, wenn er zur Rückkehr von Marc Márquez als Rennfahrer befragt wird. «Wir müssen abwarten, was die Ärzte sagen», erklärte der 500-ccm-GP-Sieger von Jerez 1995 im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Sie müssen die Fortschritte bei der Heilung des Knochens beobachten und beurteilen. Die Ärzte sagen, sobald der Bruch verheilt ist, ist es okay. Wenn es zu keinen Komplikationen kommt, braucht so ein Knochen drei bis vier Monate, bis er zusammengewachsen ist.»
Das heisst, Marc Márquez könnte zumindest im Oktober wieder zur Verfügung stehen – oder vielleicht sogar im September?
«Das wäre gut», versicherte Alberto Puig im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Aber Marcs Gesundheit steht im Vordergrund, das ist die Priorität. Wir müssen warten. Das Wichtigste ist, dass er für 2023 fit sein wird.»
Aber beim HRC-Management macht sich inzwischen die Hoffnung breit, dass Marc Márquez beim Zwei-Tage-MotoGP-Test (6./7. September) am Dienstag und Mittwoch nach dem Misano-GP wieder auf die Honda RC213V steigen wird.
Dort dürfen Motor-Versionen für 2023 und andere Teile (wie Aerodynamik) getestet werden, die an einem GP-Wochenende wegen der eingefrorenen Entwicklung nicht verwendet werden dürfen.
Honda will natürlich die Bewertung des Teamleaders entgegennehmen, der auch 2021 am Misano-Test teilgenommen hat.
Außerdem könnte Márquez bei diesem Test ohne Druck eine Diagnose dazu abgeben, ob er sich in der Lage fühlt, von 16. bis 18. September am Aragón-GP sein Comeback zu geben.
Die restlichen GP-Rennen 2022
07. August: Silverstone/GB
21. August: Red Bull Ring/Österreich
04. September: Misano/Italien
18. September: MotorLand Aragón/Spanien
25. September: Motegi/Japan
02. Oktober: Buriram/Thailand
16. Oktober: Phillip Island/Australien
23. Oktober: Sepang/Malaysien
06. November: Valencia/Spanien
Obwohl die Honda-Manager auf Marcs Teilnahme am Misano-Test hoffen – das letzte Wort werden die Ärzte haben.
Die Honda-Verantwortlichen haben in den letzten zwei Jahren ihre Lektionen gelernt. Auch Marc Márquez weiß inzwischen, dass er mit Eskapaden wie in Mandalika (vier Stürze in 48 Stunden) gegen die junge Garde mit Pecco Bagnaia und Fabio Quartararo nie mehr Weltmeister wird.
Er will sein fünftes Comeback seit Jerez 2020 auf keinen Fall vermasseln. Schon nach dem zehnten Platz in Mugello räumte Marc ein, er habe sich aus allen unnötigen Mätzchen herausgehalten, denn er wollte heil in die Mayo Clinic nach Amerika fliegen.
«Deshalb habe ich am Ende auch auf die Attacke auf Oliveira verzichtet», erklärte Márquez damals. «Ich wollte nur ins Ziel kommen. Das Team hat vorher nichts dergleichen zu mir gesagt. Aber Teammanager Alberto Puig hat mir zum ersten Mal das Kommando ‘Pass auf!’ mit auf den Weg gegeben.»
In der Vergangenheit hat Marc Márquez immer betont, dass er an seiner «Alles oder nichts»-Devise nichts ändern werde.
Aber mit dieser Strategie hat er 2022 noch keinen einzigen Podestplatz erreicht. Und da die Saison 2022 sowieso beim Teufel ist, wird er die Rennen im Herbst wohl nur als Probegalopp für die Titeljagd 2023 betrachten.