Kasachstan: Sokol Circuit hofft auf MotoGP-Event 2023
Die Betreiber des Sokol Circuit in Kasachstan wollten 2019 schon einen Superbike-WM-Lauf ausrichten und zuletzt 2022 für den KymiRing-GP einspringen. Daraus wurde nichts, denn die Zeit reichte nicht aus, außerdem fehlten Informationen zum Zustand der Strecke und eine Grad-A-Homologation der FIM. Es gab sogar Gerüchte, die Piste sei noch eine halbe Baustelle, die Kassen seien leer, denn die Regierung habe den Geldhahn zugedreht. Außerdem winkten die Dorna-Manager wegen der geopolitischen Lage (Ukraine-Krieg) dankend ab.
Doch die Besitzer des Sokol Circuits in Almaty/Kasachstan haben der Dorna jetzt versichert, die Rennstrecke sei rennbereit.
Die 4,495 km lange Sokol-Rennstrecke erstreckt sich auf einem Areal von 205 Hektar in der Region Ili bei Almaty Oblast, 76 km von Almaty-Yekaterinenburg entfernt; sie liegt in der Nähe der M36. Der steinreiche Oligarch Alijan Ibrahimov hat rund 40 Millionen US-Dollar investiert. Seine Söhne Dostan, Davron und Furkat kümmern sich um das Projektmanagement.
Die Eröffnung sollte ursprünglich bereits im September 2016 stattfinden. Vorher hatte sogar Jorge Lorenzo die Piste besichtigt und Werbung für das Projekt betrieben. Der Sokol Circuit ist auch für Rennen zur Kart-Meisterschaft von Kasachstan vorgesehen und verfügt sogar über einen 900 Meter langen Drag-Strip. Die Kartpiste ist 1,5 km lang, es existiert auch ein kleiner Kurs mit einer Länge von 2,4 km, der immerhin schon befahrbar ist.
Das Sokol-Areal beherbergt auch ein Zentrum für Fahrsicherheit und dient als Schauplatz für Hobby-Rennen. Die Infrastruktur lässt für kasachische Verhältnisse keine Wünsche offen. Zu den Plänen für das Areal gehörten von Anfang an ein Café, ein Hotel und ein Technikpark sowie ein künstlicher See mit Kinderspielplätzen.
Der 64-jährige Investor Alijan Ibrahimov zählt zu den reichsten Oligarchen in Kasachstan. Das Forbes-Magazin hat sein Vermögen schon 2016 auf 2,8 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ibrahimov ist gemeinsam mit Aleksander Mashkevich und Patokh Shodiyev Inhaber des ertragreichen Bergbauunternehmens «Eurasian National Resources Corporation» (ENRC).
Die Dorna-Funktionäre müssen noch abwarten, ob die Betreiber des KymiRings bis 20. September die nötigen Bauarbeiten für eine MotoGP-Homologation vollenden. Daran ist aller Voraussicht nach nicht zu denken, da die Firma mit Schulden von 2,47 Millionen Euro Insolvenz angemeldet hat.
Falls der Finnland-GP erwartungsgemäß auch für 2023 abgesagt wird, könnte Kasachstan nächstes Jahr erstmals Aufnahme in den GP-Kalender finden. Das Regime gilt zwar als Putin-freundlich, aber das gilt auch für die Türkei und Länder wie Saudi-Arabien, die trotzdem Motorsport-Großanlässe wie die Motocross-WM, die Dakar-Rallye und Formel-1-Rennen austragen.
Allerdings: Wegen der geopolitischen Lage wurde 2022 sogar der Rally-Raid-WM-Lauf in Kasachstan bereits im April abgesagt.
Ursprünglich war auch der renommierte deutsche Rennstrecken-Architekt Hermann Tilke in die Planung der Sokol-Piste involviert. «Aber wir haben von denen seit zwei, drei Jahren keine Nachricht mehr gehört», erklärte Ing. Tilke kürzlich im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Es gab zuerst ein Design aus Kasachstan, das haben wir dann verändert, nachher wurde es gebaut. Allerdings ist die Anlage offenbar immer noch nicht ganz fertig.»
«Da ist noch einiges zu tun», vermutet Tilke.
Doch die Sokol-Streckenbetreiber haben sich im Dezember 2018 bereits als Reserveschauplatz für die Superbike-WM angeboten, als der Event in Laguna Seca wackelte.
Wenn die Dorna jetzt einen Willen zur Austragung des Kasachstan-GP zeigt und eventuell einen Vorvertrag abschließt, könnten die Kasachen rasch Zugang zu frischem Steuergeld erhalten und alle Forderungen von Dorna, FIM und IRTA rechtzeitig erfüllen. Der Grand Prix sollte dann Mitte Juli 2023 als 21. Event stattfinden.
Immerhin hat Makar Yurchenko, ein Russe mit kasachischer Lizenz, in der Moto3-WM schon vor Jahren für den Sokol Circuit die Reklametrommel gerührt. Der ehemalige Teambesitzer Stefan Bedon wollte ihn mit der Mitgift aus Kasachstan für 2020 ins Snipers-Honda-Team befördern, er fand dort jedoch keinen Platz, weil Romano Fenati und Tony Arbolino den Vorzug bekamen. Bedon vermittelte den in St. Petersburg geborenen Russen deshalb an das spanische BOE-KTM-Team.
Dort flog Yurchenko aber schon vor dem Saisonstart im Februar 2020 wieder raus. Überraschung – das vereinbarte Sponsorgeld wurde nicht bezahlt.
Aus demselben Grund war Yurchenko (bestes GP-Ergebnis: Rang 7 in Spielberg 2019) im Sommer 2018 bereits aus dem CIP-KTM-Team entlassen worden.