Livio Suppo: Darin ist Honda-Neuzugang Kawauchi gut
Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Ken Kawauchi, bis zum Rückzug von Suzuki Technical Director des MotoGP-Projekts aus Hamamatsu, überraschend zu HRC wechselte. Am vergangenen Mittwoch und Dienstag war Kawauchi dann mit dem Honda-Testteam um Stefan Bradl in Jerez erstmals an der Rennstrecke im Einsatz.
Livio Suppo arbeitete im Vorjahr als Suzuki-Ecstar-Teammanager eng mit Kawauchi zusammen, gleichzeitig kennt der Italiener aber auch die Arbeitsweise von Honda sehr gut, weil er von 2010 bis 2017 für den größten Motorradhersteller der Welt in der MotoGP-WM tätig war.
Zur alten und neuen Position von Kawauchi sagte Suppo im Interview mit motogp.com: «Ken war Suzukis Technical Director, was bedeutet, dass alle Techniker des Teams ihm nach jeder Trainings-Session und nach jedem Rennen ihre Berichte schicken mussten. Er leitete die technischen Meetings, er ist also sehr gut darin, Informationen zu sammeln und an das Werk weiterzugeben.»
«Vor allem für die japanischen Hersteller ist es nicht einfach, die Informationen von der Strecke ins Werk und vom Werk an die Strecke zu bekommen», weiß der 58-jährige Italiener. «Das ist ein sehr wichtiger Part des Jobs. Es ist entscheidend, dass sie dieselbe Vision haben und die Leute an der Strecke den Leuten im Werk vertrauen – und umgekehrt. Wenn sie nicht dieselbe Idee haben, ist es für die Entwicklungen des Motorrads ein Desaster.»
Suppo sieht in Kawauchi vor allem zwei große Pluspunkte: «Erstens hat er bewiesen, dass er in seinem Job sehr gut ist. Zweitens hat er einen guten Charakter. Ich glaube, die Empathie ist in so einer Rolle super wichtig.»
Denn die Ingenieure an der Strecke und ihre Kollegen in Japan hätten nicht immer dieselbe Vorstellung. «Den Ingenieuren an der Strecke kann etwas entgehen, das sie im Werk verstehen, und umgekehrt. Die Empathie und die Fähigkeit, mit beiden Gruppen zu arbeiten, ist sehr wichtig. Und ich glaube, Ken kann das», bekräftigte Suppo.
«Ich glaube nicht, dass es Kens Rolle sein wird, ein neues Motorrad zu bauen», hielt der letztjährige Suzuki-Teammanager fest. Er werde aber allen bei HRC helfen, in dieselbe Richtung zu gehen. «Und ich sage dieselbe Richtung, nicht die richtige Richtung, denn das ist ein großer Unterschied. Erst wenn jeder in dieselbe Richtung arbeitet, wirst du verstehen, ob es auch der richtige Weg ist oder nicht», betonte Suppo. «Es ist wichtig, dass es keinen internen Krieg gibt», schob er nach.
Was aber kann Kawauchi auf kurze Sicht bewegen? «Das ist eine schwierige Frage und es wird wichtig zu sehen, wie es zu Beginn der Saison läuft», grübelte Suppo. «Wenn sich die Ergebnisse auf Anhieb verbessern, wird auch die Atmosphäre, die Motivation und das Gefühl der Fahrer besser, was alles einfacher macht. Wenn es zu Beginn nicht einfach ist, dann sage ich nicht, dass es unmöglich sein wird, aber sehr viel schwieriger.»
Was bei Honda im Vorjahr – nach dem Podestplatz von Pol Espargaró beim Saisonauftakt – nicht funktioniert habe, sei fast unmöglich zu verstehen. «Als Freund von Ken und Shinichi Kokubu hoffe ich, dass sie das Boot retten können, das sich im Moment in einem Sturm befindet», so Suppo.