Miguel Oliveira (Aprilia): Das wäre nicht realistisch
Erstmals findet der MotoGP-Auftakt in Portimão statt, Miguel Oliveira steht damit am kommenden Wochenende besonders im Fokus – natürlich als Lokalmatador, aber auch als Sieger des ersten Grand Prix auf dem «Autódromo Internacional do Algarve» im Jahr 2020 (damals noch auf der Tech3-KTM).
Oliveiras neuer Teamchef Razlan Razali erklärte bei der Teamvorstellung am Montag auf die Frage nach den Zielen für die erste Saison als Aprilia-Kundenteam: «Ich kann nicht leugnen, dass wir dringend Ergebnisse holen und konkurrenzfähig sein wollen.» Und er ergänzte: «Dieses Wochenende, der Heim-GP von Miguel, ist wahrscheinlich die beste Gelegenheit, um etwas Magisches zu schaffen.»
Fühlt sich Oliveira, fünffacher MotoGP-Sieger auf KTM, vor seinem ersten Rennwochenende auf der Aprilia RS-GP denn schon bereit für magische Taten? «Ich glaube nicht», räumte der 28-jährige Portugiese ein. «Ich werde mit Sicherheit mein Bestes versuchen, aber ich glaube, es wäre nicht sehr realistisch, wenn ich hier sitzen und sagen würde: ‚Ich fühle mich großartig und weil die WM in Portugal anfängt, glaube ich, dass ich in einer großartigen Position bin, um zu gewinnen.‘ Das wäre natürlich fantastisch», konnte sich Miguel ein Schmunzeln nicht verkneifen. «Es wird aber sehr schwierig.»
«Dennoch, ich schließe diese Möglichkeit auch nicht aus. Es stimmt, alles kann passieren. Ich will aber mit dem Ziel in das Wochenende gehen, das Motorrad besser kennenzulernen und das Rennen gut vorzubereiten. Dann werden wir sehen, was passiert. Wenn wir in einer Position sind, in der wir kämpfen können, werden wir es tun. Wenn nicht, werde ich es nicht so schwernehmen und einfach versuchen, mein Bestes zu geben und dem Team noch immer ein gutes Ergebnis und ein gutes Wochenende zu bescheren», fasste Oliveira zusammen.
«Ich weiß, dass Razlan für das Team hohe Ambitionen hat. Ich und Rául sind auch zwei Fahrer, die sehr gut performen wollen. Es gibt davor aber noch verschiedene Etappen, die wir durchlaufen müssen, und wir müssen verstehen, wie wir es machen», gab der RNF-Neuzugang zu bedenken. «Es ist sehr einfach, hier zu sitzen und über Ergebnisse und unsere ehrgeizigen Ziele zu sprechen. Die Wahrheit aber ist, dass wir das Motorrad erst noch wirklich gut kennenlernen und verstehen müssen, wie wir damit schnell sind. Am Test-Wochenende habe ich versucht, noch schneller zu fahren – und ich bin gestürzt, ich habe das Limit ein bisschen verstanden. Das wird noch öfter passieren. Wir stehen am Beginn der Saison, wir müssen mit beiden Beinen fest auf dem Boden bleiben und aus dem, was wir wissen, das Beste machen.»
Die Kundenteamfahrer verfügen bekanntlich nicht über die neueste Werksmaschine aus Noale, sondern über die RS-GP22. Dennoch werden sie in die Test- und Entwicklungsarbeit einbezogen. «Es ist normal, dass Aprilia mit vier Bikes auch zwei zusätzliche Meinungen haben möchte. Das ist ziemlich gewöhnlich», meinte Oliveira dazu.
Den Portimão-Test dominierte Ducati mit sieben Piloten in den Top-8, Oliveira war Elfter. Was fehlt der Aprilia noch, um es mit den Desmosedici aus Borgo Panigale aufzunehmen? «Darauf hätte ich gerne eine Antwort. Es wäre fantastisch, wenn ich nach fünf Testtagen auf der Aprilia schon wüsste, was fehlt», schmunzelte der Portugiese. «Ducati hat ein starkes Bike. Sie stoppen gut, lenken besser ein und beschleunigen schneller. Mit Sicherheit haben sie auch ihre Schwächen, aber wie sie im Moment auftreten, ist es sehr schwierig zu sehen, in welchem Bereich sie eine Schwäche haben.»
«Für mich ist es recht schwierig zu sagen, wo wir schneller sein müssen, um näher an die Ducati heranzurücken. Ich würde aber noch ein bisschen warten, bevor man diese Schlüsse zieht. Die Testergebnisse können ein bisschen irreführend sein. Ich sage nicht, dass die Ducati nicht sehr konkurrenzfähig sein werden, sie haben sehr gute Pakete und bis auf Alex Márquez haben sie auch keinen neuen Fahrer. Ich glaube aber, dass es in der Saison ein bisschen anders aussehen kann mit der Dominanz, zumindest hoffe ich das – und ich hoffe, dass wir Rennen für Rennen eine klarere Vorstellung von dem bekommen, woran wir arbeiten müssen.»
«Dass wir zwei verschiedene Bike-Spezifikationen haben, das 2022er- und die 2023er-Motorrad, wird uns auch Anhaltspunkte dafür geben, ob an der RS-GP22 etwas gut war oder ob an der RS-GP23 etwas besser oder schlechter ist. Vielleicht können wir es dann für die Zukunft zu einem besseren Bike kombinieren.»