Marco Bezzecchi: Keiner ist hier, um berühmt zu sein
Die große Überraschung der bisherigen MotoGP-Saison: Marco Bezzecchi
Auch wenn Marco Bezzecchi im Vorjahr als «Rookie of The Year» eine gute Talentprobe abgegeben hat, so ist die bisherige Performance des Mooney-VR46-Ducati-Jungstars dennoch eine Überraschung.
Nachdem er beim Auftakt in Portimão als Dritter und in Argentinien als Zweiter im Sprint bereits auf das Podium der Königsklasse geklettert war, krönte sich «Bez» am Rennsonntag in Termas de Río Hondo zum MotoGP-Sieger. Und obwohl er in Austin als Sechster zwei Mal das Podium verpasste, hält sich der Italiener mit elf Punkten Vorsprung vor VR46-Kumpel Pecco Bagnaia an der Tabellenspitze.
Im Interview mit SPEEDWEEK.com-Mitarbeiterin Tammy Gorali sprach der Aufsteiger des Saisonbeginns über den Ruhm und den Bekanntheitsgrad als MotoGP-Star sowie über seine Anfänge als Motorradrennfahrer.
Wie fühlt es sich an, wenn dir Leute zujubeln, die du gar nicht kennst?
Es ist ein seltsames Gefühl. Bereits in meiner letzten Moto2-Saison habe ich zunehmend Fans an der Strecke bemerkt, doch seit der letzten Saison sind es noch einmal deutlich mehr geworden. Das ist natürlich schön, zumal meine Fan-Gemeinde immer weiter wächst, da ich nichts Verrücktes anstelle und versuche, einfach ich selbst zu sein.
Wann hat dich jemand zum ersten Mal bewusst wiedererkannt?
Nach einigen guten Rennen in der Moto3 haben mich ein paar Leute angehalten. Das war für mich zunächst ungewohnt, aber auch sehr schön. Es ist auch immer fantastisch, wenn mich Leute bei mir zuhause anhalten, was inzwischen öfter passiert.
Musstest du etwas an deiner Lebensweise oder an deinem Verhalten in der Öffentlichkeit verändern?
Im Moment bin ich nicht wirklich berühmt. Aber dort, wo ich lebe [Rimini], ist die Leidenschaft für den Motorsport sehr groß, weshalb mich dort viele Leute kennen. Doch sie kennen mich genauso wie alle anderen italienischen Fahrer. Es war nicht so, dass ich mein Verhalten von einem Tag auf den anderen komplett umkrempeln musste, wie es bei manchen Reality-Stars der Fall ist. Ich habe mich eher Schritt für Schritt angepasst.
Hast du schon immer davon geträumt, berühmt zu sein?
Nein, keiner ist hier, um berühmt zu sein. Was ich wollte, war der Straßenrennsport und speziell die MotoGP. Mein Vater ist Mechaniker, genau wie mein Großvater, also bin ich mit der Leidenschaft für Motorräder aufgewachsen. Mit sechs Jahren wollte ich mein erstes Motorrad haben. Wir fuhren in ein Motorradgeschäft, da sich mein Vater einen Roller gekauft hatte und ich als Sozius einen Helm brauchte. Ich wollte einen bestimmten Helm haben, doch der Besitzer des Ladens sagte, dass dieser Helm seinem Sohn gehörte und er ihn nicht verkaufen könne, da er Rennfahrer war. Daraufhin habe ich meinen Vater gefragt, ob ich auch Rennen fahren darf, so hat alles begonnen.
Musstest du ihn überzeugen?
Das war nicht schwer! Zu meinem Geburtstag habe ich mein erstes Minibike geschenkt bekommen. Ehrlich gesagt, war ich zu Beginn nicht wirklich gut. Ich hatte keine Angst, aber sobald ich jemanden von hinten spürte, habe ich ihn vorbeizulassen. Auch meine Mutter war nicht wirklich überzeugt. Aber ich habe meinen Vater immer wieder gebeten, Rennen zu fahren. Er hat mich nie gedrängt, sonder ich habe immer gefragt: Können wir fahren? Also nahm er mich weiterhin mit und je älter ich wurde, desto besser wurde ich.
Hast du es geschafft, die Schule zu beenden und deinen Abschluss zu machen?
Ja, ich konnte meinen Abschluss machen. In den letzten zwei Jahren musste ich die Schule wechseln, da ich von den Lehrern keine Unterstützung erhalten habe. Wenn man eine Sportart ernsthaft betreiben will, muss man einhundert Prozent dafür geben. Natürlich ist die Schule sehr wichtig. Während sich mein Vater hauptsächlich um meine Motorsportkarriere gesorgt hat, war meine Mutter für die schulischen Pflichten zuständig. Auch in der anderen Schule war es trotz des Schulwechsels nicht einfach. Aber zum Glück habe ich meinen Abschluss geschafft.
Kinder können gemein sein, wenn man so eine Besonderheit hat.
Zum Glück haben mich die anderen Schüler in der Klasse bei meinem Sport unterstützt. Ich hatte immer sehr viel Glück, da ich der Typ bin, der Problemen aus dem Weg geht. Ich war zu jedem freundlich und bin froh, dass ich immer noch einige Freunde aus der Schule habe. Denn normalerweise sind in diesem Leben nur wenige Freundschaften von Dauer, da man fast nie zuhause ist.