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Neuer Balaton Park Circuit genügt höchsten Standards

Von Gerhard Kuntschik
In dieser Woche wurde mit dem Balaton Park Circuit die erste neue permanente Rennstrecke in Mittel- und Westeuropa seit 2008 eröffnet. Der ungarische Rundkurs soll eine Grade-A-Homologation für MotoGP bekommen.

In Zeiten wie diesen eine neue Rennstrecke mitten in Europa zu bauen ist schon fast abenteuerlich. Doch Chanoch Nissany hatte schon immer Sinn dafür. Und so steht der 59-jährige Israeli auch hinter dem in dieser Woche eröffneten Balaton Park Circuit, in Sichtweite des Plattensees an dessen nordöstlichem Rand inmitten der beliebten Ferienregion um Balatonfüröd.

Chanoch Nissany? Der Vater des aktuellen Formel-2-Fahrers Roy Nissany ist vielen wohl als langsamster Formel-1-Pilot aller Zeiten in Erinnerung. Erst sehr spät, als 38-Jähriger, wollte er sein Hobby Rennsport umsetzen, wurde 2005 Testfahrer bei Paul Stoddarts Minardi-Team und durfte in seiner Wahlheimat Ungarn am 29. Juli (seinem 42. Geburtstag) das Freitagstraining zum ungarischen GP bestreiten. Er wurde Letzter mit 12,9 sec Rückstand auf die Bestzeit von Alex Wurz im McLaren-Mercedes! Seine aktive Laufbahn setzte er in ungarischen Serien bis 2011 fort.

Als Geschäftsmann (dem auch beste Verbindungen zur israelischen Regierung nachgesagt werden) konnte Nissany internationale Investoren für das Projekt Balaton Park Circuit gewinnen. Investiert wurden 204 Millionen Euro – die Geldgeber sind namentlich nicht bekannt. Die Strecke wurde vom ungarischen Designer Ferenc Gulácsi konzipiert (wohl eine der wenigen neuen Strecken ohne Hermann Tilkes Mitwirkung) und ist 4,115 Kilometer lang. Sie weist sechs Rechts- und zehn Linkskurven (gegen den Uhrzeigersinn) auf und ist zwölf bis 15 Meter breit.

Die relative Kürze könnte bei grossen Teilnehmerfeldern zum Problem werden. Es gibt 48 Boxen, eine permanente Tribüne für 10.000 Zuschauer und die Möglichkeit, temporäre für bis zu 120.000 Zuseher zu errichten. Ein Vier-Sterne-Hotel mit 145 Zimmern (Blick auf die Strecke) soll Ende des Jahres fertiggestellt werden. 2000 Quadratmeter Lounges sind im Hauptgebäude vorhanden. Die Erreichbarkeit ist durch die Nähe der Autobahn M7 (Budapest-Stuhlweißenburg) gegeben. Die Entfernung zu Budapest beträgt 95 Kilometer; Wien ist 220 und Graz 246 km entfernt.

Während sich der öffentlichkeitsscheue Nissany bei der Eröffnung nicht blicken liess, gab der für die sportliche Leitung verantwortliche Vorstand Gianpaolo Matteucci Details bekannt. Er wurde als langjähriger Fahrermanager durch seinen Schützling Luca Ghiotto mit der Nissany-Familie bekannt und stieg in das Projekt ein: «Vor sechs Jahren wurden die Pläne konkret, vor vier Jahren war Grundsteinlegung.»

Der 59-Jährige brachte auch gleich seinen Ex-Klienten Giancarlo Fisichella (231 F1-Grands Prix, drei Siege) als «Botschafter» mit ein. Der Italiener drehte auch in einem Ferrari Purosangue die ersten Runden für Filmaufnahmen und befand: «Das nächste Mal komme ich mit der Familie zum Urlaub hierher.»

Die Strecke wurde im Hinblick auf FIA-Grade 1 (also Formel-1-Standard) und FIM-Grade A (also für MotoGP) gebaut, das Homologationsansuchen läuft bei der FIA aber derzeit für Grade 2 – aus Kostengründen. Und was soll auf dem Kurs stattfinden?

Matteucci: «Von Privattests bis zu Rennsport auf zwei und vier Rädern reicht unser Angebot. Wir sind mit mehreren Serienveranstaltern für die Saison 2024 und später in Verhandlungen.»

Aber Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta dämpft die Erwartungen auf einen baldigen MotoGP-Event in Ungarn. «Es gab bisher keinen Kontakt», erklärte er gegenüber SPEEDWEEK.com.

In den letzten Jahren sind viele MotoGP-Plänen im Osten gescheitert. Seit 2020 ist sogar Brünn vom Kalender gestrichen worden, der Hungaroring war nur 1990 und 1992 im Kalender. Der Balatonring-Projekt mit 125-ccm-Weltmeister Gabor Talmacsi als Zugpferd wurde nie verwirklicht. Auch der Crimea Circuit auf der Halbinsel Krim und der Igora Drive Circuit in St. Petersburg Russland) kamen nie zum Zug. Der Moscow Raceway in Russland brachte es nur zum Superbike-WM-Standort. Der Grand Prix auf dem Sokol Circuit in Kasachstan (er war geplant für 10. Juli 2023) wurde Ende April abgesagt. 

Andere Strecken wie der Slovakiaring oder der Pannoniaring bieten einfach nicht die gewünschte Infrastruktur. Das MotoGP-Projekt in Bulgarien durch Ex-Rennfahrer Bogdan Nikolov kam auch nie zustande. 

MotoGP in Ungarn vorläufig nicht geplant

Damit ergibt sich die Frage: Könnte der Balaton Park Circuit eines Tages als Hungaroring-Nachfolger Schauplatz eines Motorrad-GP in Ungarn werden? Immerhin: Die Formel 1 ist auf dem Hungaroring bis 2027 zu Gast, diese F1-Piste soll nun umfangreich modernisiert werden.

Matteucci: «Unser Unternehmen ist zu 100 Prozent privat, der Hungaroring ist staatlich subventioniert.» Will heissen: An die Formel 1 (oder MotoGP) denkt man derzeit nicht. Erster Gast ist Anfang Juni Porsche mit zweiwöchigen Feierlichkeiten zum 75-Jahr-Jubiläum.

Anrainerprobleme, so wurde versichert, gibt es keine. Die Region und die Tourismusverbände stehen wegen der Chance auf neue Arbeitsplätze und dem erwarteten Zuwachs an ausländischen Besuchern hinter dem Projekt, hiess es.

Der Balaton Park Circuit ist die erste neue, permanente Rennstrecke in Mittel- und Westeuropa seit der Eröffnung des Autodroms Algarve 2008. Die Stadtkurse in Sotschi (2014) und Baku (2016) gelten als temporäre Strecken, nicht als permanente.

Und der Moscow Raceway in Wolokolamsk (2012) steht für längere Zeit wegen des Ukrainekriegs nicht zur Debatte.

Auf dem Balaton Park Circuit wird erst dann ernsthaft als MotoGP-Schauplatz in Frage kommen, wenn die privaten Eigentümer finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand bekommen, wie es bei den meisten Events der Fall ist. Sonst lassen sich die Austragungsgebühren der Dorna (ca. 4 Millionen Euro) kaum finanzieren.

Aber als Reserveschauplatz wie einst Portimão könnte die ungarische Piste in absehbarer Zeit ein Thema werden.

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