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MotoGP-Teams 2024: Es bahnen sich Überraschungen an

Von Günther Wiesinger
Werden jetzt für 2024 so viele MotoGP-Verträge gebrochen oder aufgelöst wie nie zuvor? Mir, Rins, Oliveira und weitere Fahrer überlegen einen Tapetenwechsel.

Da die meisten MotoGP-Fahrerverträge bei den Werksteams für zwei Jahre abgeschlossen werden, also zum Beispiel für 2023 und 2024, durften wir uns einen relativen ruhigen Transfersommer gefasst machen. Aber jetzt überstürzen sich die Ereignisse, Spekulationen, Gerüchte, Gespräche und Verhandlungen.

Der Wirbel ging eigentlich schon im April los, als Alex Rins den Texas-GP gewann und danach die Frage erörtert wurde, ob er von HRC für 2024 nicht ins Repsol-Team befördert werden sollte. LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello dementiert heftig. «Das ist unmöglich, das wird nicht passieren – zu 100 Prozent», erklärte er

Doch inzwischen wird Rins auch mit dem Monster Yamaha Factory Team in Verbindung gebracht. Denn sein Zwei-Jahres-Vertrag mit HRC beinhaltet eine Ausstiegsklausel – für beide Parteien.

Yamaha macht mit Fabio Quartararo weiter, dessen Gage auf 10 Millionen Euro pro Jahr geschätzt wird. Deshalb darf man die Gerüchte, er werde bei RNF-Aprilia den Platz von Raúl Fernández übernehmen, als Unsinn bezeichnen. Denn dort würde der Franzose auf 90 Prozent seiner Gage (oder mehr) verzichten.

«Das sind dumme Geschichten», dementierte RNF-Teamprinzipal Razlan Razali diese Spekulationen gegenüber SPEEDWEEK.com. 

Aber selbst der aktuelle WM-Zehnte Miguel Oliveira, der eigentlich für zwei Jahre bei RNF-Aprilia bleiben soll, heizte am Sonntag in Sachsen neue Spekulationen an. Auf die Frage, ob er lieber einen Platz bei RNF oder einen Sitz in einem der schwächelnden japanischen Werksteams bei Yamaha oder Honda einnehmen würde, antwortete Oliveira mit einem herzhaften Lachen. «Jede Aussicht auf einen Werksplatz ist verlockend», entgegnete er, betonte dabei aber: «Ich denke, das Level der Meisterschaft ist inzwischen so hoch, dass man ein Bike braucht, das in jedem Bereich gut funktioniert. Natürlich haben die Ducati da einen Vorteil.»

Der schnelle Portugiese hat bereits für 2023 mit Gresini Ducati verhandelt, aber dort bekam Alex Márquez den Vorzug, weil er 1 Million Euro von Estrella Galicia 0,0 mitbrachte.

Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, fehlte am Wochenende beim deutschen WM-Lauf. Aber er will die Frage des zweiten MotoGP-Werkspiloten für 2024 bis Ende Juni geklärt haben.

Ob Franco Morbidellis Vertrag erneuert wird, ist fraglich, obwohl er Quartararo beim deutschen WM-Lauf wieder einmal besiegt hat.  Der Moto2-Weltmeister von 2017 möchte bei Mooney-VR46-Ducati anheuern, aber dort sind die Türen verschlossen, denn Marco Bezzecchi will dort eine weitere Saison fahren, um 2025 eventuell zu Yamaha zu wechseln.

Auch beim GASGAS Factory Racing Tech3-Team ist einiges in Bewegung. Eigentlich sollten dort 2024 Pol Espargaró und Rookie Augusto Fernández (starker 4. Platz in Le Mans) weiterfahren. Aber jetzt wird ein Sitz für das spanische Supertalent Pedro Acosta (19) benötigt, der in diesem Jahr schon vier von sieben Moto2-Rennen gewonnen hat und dem ein fahrerisches Kaliber vom Format Marc Márquez nachgesagt wird.

Die Pierer-Gruppe beantragte deshalb einen Startplatz für das Red Bull-Ajo-KTM-Team. Doch die Dorna hat bisher keine Zusage gemacht. «Wir wollen für Pedro einen Startplatz», erklärte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer. «Ducati hat acht Plätze; warum können wir nicht fünf bekommen», pflichtete Teammanager Francesco Guidotti bei. 

«Wir als Besitzer eines Kundenteams haben keinen Einfluss darauf, ob die Dorna für 2024 einen 23. Startplatz vergibt», erklärte LCR-Teamchef Lucio Cecchinello. «Darüber steht nichts in unseren Verträgen. Das entscheidet die Dorna.» 

Doch von der Dorna kam bisher die Empfehlung, für Augusto Fernández lieber einen Platz in einem Kundenteam wie Gresini zu suchen, wo Fabio «Diggia» Di Giannantonio wohl kaum weiterbeschäftigt wird.

Bei Gresini Racing wird Alex Márquez auch 2024 beschäftigt sein. Der zweite Platz von Fabio «Diggia» Di Giannantonio wackelt gehörig, es sei denn, er fährt bei den nächsten drei Grand Prix pausenlos aufs Podest, was nach seinen zuletzt oft diskreten Vorstellungen nicht zu erwarten ist.

Wer könnte der neue Gresini-Ducati-Fahrer werden? Die Italiener haben ein Auge auf Moto2-Titelanwärter Tony Arbolino geworfen, auch Ausnahmekönner Pedro Acosta wird aufmerksam beobachtet und respektvoll bewundert.

Bei Ducati Corse gehen die Verantwortlichen davon aus, dass sich bei Pramac am Fahrerduo mit Martin und Zarco nichts ändern wird. «Und bei Lenovo werden zu 100 Prozent Bagnaia und Bastianini weiterfahren», bestätigte Sportdirektor Paolo Ciabatti am Sonntag im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Damit steht fest: Bei den Werksteams von Aprilia Racing (Aleix Espargaró, Viñales) und Red Bull KTM (Binder, Miller) sowie Lenovo Ducati wird sich 2024 bei den Fahrerbesetzungen nichts ändern.

Fazit nach sieben Grand Prix 2023: Yamaha und Honda haben alle Mühe, talentierte Freiwillige für ihre MotoGP-Maschinen zu finden.

Was bei Repsol-Honda passiert, ist offen: Lorenzo und Alex Márquez sind dort 2019 und 2020 jeweils nur ein Jahr gefahren, jetzt hat Joan Mir schon ordentlich die Lust verloren.

Und als WM-Achtzehnter darf man Marc Márquez auch nicht verübeln, wenn er sich mit seinem Manager Jimmy Martinez langsam Gedanken macht, wie er aus dem Vertrag für 2024 herauskommen könnte. Denn vom seit drei Jahren geforderten Sieger-Motorrad fehlt jede Spur.

Die MotoGP-Werksteams 2023

Red Bull KTM (Brad Binder, Jack Miller)
Ducati Lenovo (Pecco Bagnaia, Enea Bastianini)
Monster Yamaha (Fabio Quartararo, Franco Morbidelli)
Aprilia Racing (Aleix Espargaró, Maverick Viñales)
Repsol Honda (Marc Márquez, Joan Mir)

Die Kundenteams 2023

GASGAS Tech3 (Pol Espargaró, Augusto Fernández)
Prima Pramac Ducati (Johann Zarco, Jorge Martin)
CryptoDATA-RNF-Aprilia (Miguel Oliveira, Raúl Fernández)
Mooney VR46 Ducati (Luca Marini, Marco Bezzecchi)
Gresini Racing Ducati (Alex Márquez, Fabio Di Giannantonio)
LCR Honda (Alex Rins, Takaaki Nakagami)


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