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Gigi Dall'Igna: Warum ihn Honda nicht wirklich reizte

Von Günther Wiesinger
Ducati-Rennchef Gigi Dall'Igna kam vor genau zehn Jahren von der Piaggio Group zu Ducati und erlebt jetzt die erfolgreichste Phase seiner Laufbahn. Deshalb sagt er: «Ein Wechsel zu Honda wäre unlogisch.»

Schon am 6. Juni 2023 hat SPEEDWEEK.com ein Interview mit Ducati-Corse-General Manager Gigi Dall'Igna unter dem Titel «Wäre Tätigkeit bei Honda vorstellbar?» veröffentlicht. Und es war natürlich nach der fortgesetzten Erfolgsserie der Roten eine Frage der Zeit, bis der 57-jährige Italiener von den Topmanagern der Honda Racing Corporation kontaktiert wurde.

Denn Marc Márquez hat bereits in der ersten Saisonhälfte 2023 vorgeschlagen, Honda müsse endlich renommierte Techniker von Ducati, Aprilia und KTM abwerben. Denn dass der mollige neue Technical Manager Ken Kawauchi (er kam im Winter von Suzuki und sollte Technical Director Takeo Yokoyama ersetzen) ein Reinfall war, hatten die Honda-Fahrer schon beim ersten Test im Februar in Sepang erkannt.

SPEEDWEEK.com hatte bereits vor dem Misano-GP erfahren, dass die HRC-Manager im Paddock auf Einkaufstour gegangen sind – und sich bei allen Spitzentechnikern Abfuhren eingehandelt haben.

Vor wenigen Tagen wurde Gigi Dall'Igna von den Kollegen der Tageszeitung «La Gazzetta dello Sport» gefragt, ob er sich einen Wechsel zu Honda vorstellen hätte können. Wäre so eine «job rotation» zu Honda nicht eine reizvolle Herausforderung – verbunden mit einer mutmasslich höchst verlockenden Jahresgage?

«Wie man sich vorstellen kann, gab es einige Überlegungen», räumte Dall'Igna jetzt im Oktober ein. Er fühle sich aber bei Ducati wohl und gut aufgehoben, betonte er. «Ich habe richtig hart gearbeitet, um aus Ducati ein Vorbild für andere zu machen. Jetzt zu gehen, wäre nicht logisch.»

Dall'Igna weiter: «Natürlich könnte man auch das Argument bringen, dass ich meine Arbeit bei Ducati erledigt und die Herausforderung gemeistert habe. Honda hätte eine ähnlich interessante und große Herausforderung bedeutet.»

Im Interview mit SPEEDWEEK.com hat Gigi Dall’Igna allerdings schon im Sommer verraten, was ihn in der erfolgreichsten Phase seiner beruflichen Karriere bei Ducati Corse noch antreibt, nachdem er im neunten Jahr in Borgo Panigale endlich seinen Traum vom Gewinn der MotoGP-WM (mit Pecco Bagnaia 2022) verwirklicht hat. 

Honda steckt seit vier Jahren in der Krise. Sie kaufen Auspuffanlagen, Schwingen und Chassis in Europa ein. Warum sollte nicht ein siegreicher Italiener eine einflussreiche Rolle bei HRC übernehmen?

«Ich glaube nicht, dass bei Honda so ein Szenario in Frage kommt. Deshalb ziehe ich solche Pläne oder Ideen nicht in Betracht», antwortete Gigi Dall'Igna im vergangenen Sommer auf diese Frage.

Er lehnte so eine Möglichkeit aber nicht kategorisch ab, denn im Motorsport passieren wöchentlich unerwartete Ereignisse. «Ja, richtig. Das ist wahr», räumte Gigi damals ein.

Auf die Frage nach seinen letzten Ambitionen im Motorradsport entgegnete der geniale und innovative Konstrukteur und Manager: «Wir möchten die Resultate von 2022 bestätigen und wiederholen. Es ist nicht einfach, diese Ergebnisse in der Superbike-WM und MotoGP zu reproduzieren. Aber das war schon im Winter unser großes Ziel für 2023. Wir haben uns auch vorgenommen, 2023 erstmals die Supersport-WM zu gewinnen.»

Auch dieses Vorhaben ist übrigens bereits im September mit Nicolò Bulega auf der überlegenen 955-ccm-Panigale-V2 geglückt – nach einer unbeschreiblichen Siegesserie. Und am vergangenen Samstag hat Álvaro Bautista die Superbike-WM zum zweiten Mal in Serie gewonnen.

Zu allem Überfluss baute Ducati Corse 2023 erstmals auch die Einheits-Motorräder für die MotoE-Weltmeisterschaft, die bei den Teams ebenfalls für Zufriedenheit sorgten – nach den ersten vier problematischen Jahren mit den Energica-Corsa-Ungetümen.

Gigi Dall'Igna: Zehn Jahre bei Ducati

Ducati hat 2022 erstmals in der Firmengeschichte im selben Jahr die MotoGP- und die Superbike-WM gewonnen. Gigi Dall’Igna, trat im Oktober 2013 bei Ducati Corse den Posten als General Manager an. Er kam von der Piaggio Group (mit den Marken Aprilia, Derbi und Gilera) mit der Absicht, bei den Roten in Borgo Panigale erstmals in seiner Karriere als Konstrukteur und Rennmanager Weltmeister in der «premier class» zu werden. Nach neuneinhalb teilweise mühseligen Jahren war es 2022 so weit.

Dall’Igna hat mit seinem Wissen und seinen Methoden bei Ducati und Piaggio, wo er in den Klassen 125 ccm, 250 ccm und Superbike für die Fabrikate Aprilia, Derbi und Gilera Erfolge einheimste, inzwischen ingesamt zum Gewinn von 25 Fahrer-WM-Titeln und mehr als 40 Team und Marken-WM-Titeln beigetragen.

Auch die nächsten Wochen bleiben spannend. Ducati hat bereits 14 von 17 MotoGP-Rennen in diesem Jahr gewonnen. Jorge Martin ist bis auf 13 Punkte an WM-Leader Pecco Bagnaia herangerückt. Die Marken-WM wurde (bereits zum vierten Mal in Serie) längst wieder gewonnen. In der Fahrer-WM liegen drei Desmosedici-Piloten auf den ersten drei Plätzen, zwei weitere (Zarco und Marini) in den Top-8.

Die Ducati sind so stark, dass auch die Fahrer von Vorjahres-Modelle schon drei Saisonsiege erbeutet haben – dank Marco Bezzecchi. 

Die Arbeitsleistung von Gigi Dall'Igna hat höchsten Respekt verdient. Er hat in zehn Jahren in Borgo Panigale in allen Bereichen die besten Techniker und Manager um sich geschart und aus dem jahrelang belächelten Aussenseiter auch durch seine sportpolitische Weitsicht die unumstrittene Nummer 1 in der «premier class» gemacht. Und er wird nicht müde, den Erfolg als Teamwork zu preisen und sich nicht in den Vordergrund zu drängen. 

Dall'Igna lässt eine Euphorie aufkommen, er tüftelt gewiss längst an den nächsten Innovationen, die die Konkurrenz zum Staunen bringen werden.

Wetten, dass Bagnaia & Co. in sehr absehbarer Zeit ein Karbon-Monocoque-Chassis testen werden?

Bei Honda hingegen steckt der Karren so tief im Dreck, dass ihn selbst ein Zauberer wie Gigi Dall'Igna nicht vor seinem 60. Lebensjahr wieder in Schwung bringen kann.

Ergebnis MotoGP-Rennen, Buriram (29.10.):

1. Martin, Ducati, 26 Rdn in 39:40,045 min
2. Bagnaia, Ducati, + 0,253 sec
3. Binder*, KTM, + 0,114
4. Bezzecchi, Ducati, + 2,005
5. Quartararo, Yamaha, + 4,550
6. Marc Márquez, Honda, + 5,362
7. Marini, Ducati, + 6,778
8. Aleix Espargaró**, Aprilia, + 7,303
9. Di Giannantonio, Ducati, + 7,569
10. Zarco, Ducati, + 9,377
11. Morbidelli, Yamaha, + 11,168
12. Mir, Honda, + 11,990
13. Bastianini, Ducati, + 12,323
14. Nakagami, Honda, + 14,537
15. Raúl Fernández, Aprilia, + 15,093
16. Miller, KTM, + 17,640
17. Augusto Fernández, KTM, + 21,307
18. Pol Espargaró, KTM, + 21,435
– Viñales, Aprilia, 3 Runden zurück
– Alex Márquez, Ducati, 14 Runden zurück
– Oliveira, Aprilia, 20 Runden zurück

*= 1 Platz zurück («track limits» in der letzten Runde)
**= 3-Sekunden-Strafe (2. Reifendruck-Vergehen der Saison)

Ergebnis MotoGP-Sprint, Buriram (28.10.):

1. Martin, Ducati, 13 Rdn in 19:41,593 min
2. Binder, KTM, + 0,933 sec
3. Marini, Ducati, + 1,841
4. Marc Márquez, Honda, + 3,503
5. Aleix Espargaró, Aprilia, + 3,581
6. Bezzecchi, Ducati, + 4,029
7. Bagnaia, Ducati, + 4,121
8. Alex Márquez, Ducati, + 6,727
9. Zarco, Ducati, + 7,323
10. Miller, KTM, + 9,240
11. Quartararo, Yamaha, + 9,339
12. Mir, Honda, + 10,356
13. Bastianini, Ducati, + 12,312
14. Raúl Fernández, Aprilia, + 15,390
15. Morbidelli, Yamaha, + 15,535
16. Pol Espargaró, KTM, + 15,644
17. Oliveira, Aprilia, + 17,753
18. Viñales, Aprilia, + 22,675
19. Nakagami, Honda, + 37,854
OUT: Di Giannantonio (Kupplung), Augusto Fernández (Sturz)

MotoGP-WM-Stand nach 33 von 39 Rennen:

1. Bagnaia, 389 Punkte. 2. Martin 376. 3. Bezzecchi 310. 4. Binder 249. 5. Aleix Espargaró 198. 6. Zarco 194. 7. Viñales 170. 8. Marini 164. 9. Quartararo 145. 10. Miller 144. 11. Alex Márquez 117. 12. Di Giannantonio 93. 13. Morbidelli 84. 14. Marc Márquez 81. 15. Oliveira 76. 16. Augusto Fernández 67. 17. Rins 54. 18. Nakagami 52. 19. Bastianini 45. 20. Raúl Fernández 40. 21. Pedrosa 32. 22. Mir 24. 23. Pol Espargaró 12. 24. Savadori 9. 25. Folger 9. 26. Bradl 8. 27. Pirro 5. 28. Petrucci 5. 29. Crutchlow 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 589 Punkte (Weltmeister). 2. KTM 321. 3. Aprilia 287. 4. Honda 166. 5. Yamaha 165.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 570 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 474. 3. Ducati Lenovo Team 444. 4. Red Bull KTM Factory Racing 393. 5. Aprilia Racing 368. 6. Monster Energy Yamaha 229. 7. Gresini Racing 210. 8. CryptoDATA RNF 120. 9. LCR Honda 112. 10. Repsol Honda 105. 11. GASGAS Factory Racing Tech3, 88.

 

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