KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Das neue Trackhouse-Aprilia-Team ist bald startklar

Von Günther Wiesinger
Bereits in der nächsten Woche wird die Dorna aller Voraussicht nach den neuen Eigentümer des Aprilia-MotoGP-Kundenteams präsentieren.

Die sechs MotoGP-Kundenteams haben mit der Dorna Sports S.L. Fünf-Jahres-Verträge von 2022 bis 2026 zur Teilnahme an der Weltmeisterschaft abgeschlossen. Es handelt sich um Prima Pramac Ducati, LCR Honda, Mooney VR46, Gresini Racing, GASGAS Factory Racing Tech3 und CryptoDATA RNF Aprilia.

Doch der rumänisch-malaysische RNF-Rennstall ist in letzter Zeit gehörig in Turbulenzen geraten. Dabei hat CryptoDATA-CEO Ovidiu Toma am Sonntag im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com in Valencia noch erklärt, er habe seit einem Jahr 7 Millionen Euro in den Rennstall investiert und nicht erwartet, in eine Rennserie geraten zu sein, in der Diktatur herrsche, außerdem würden die nicht bezahlten Rechnungen nur 1 Prozent des Jahresbudgets ausmachen, das mit 11,6 Millionen Euro beziffert wird.

Gleichzeitig räumte Toma auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com ein, CryptoDATA habe € 700.000.- aus dem «naming rights»-Deal für den Österreich-GP 2023 bei der Dorna bisher nicht bezahlt.

Aber dieser Vertrag habe mit der Rennfirma «RNF Racing Limited» nichts zu tun, an der CryptoDATA über die Firma «CDT SPORTS AND MEDIA SRL» mit 60 Prozent beteiligt ist, schilderte Toma. 40 Prozent an dieser tief verschuldeten Gesellschaft besitzt der abgesetzte Teamprinzipal Razlan Razali.

Den Vertrag für die Namensrechte beim Austrian Grand Prix hat «EAI Technologies» vereinbart. «Das ist eine separate Firma mit einer anderen Gesellschafterstruktur», versuchte Toma etwas Licht ins Dunkel seines Firmendickichts zu bringen.

Jedenfalls verlor das in England sesshafte Unternehmen «RNF Racing Limited» am Montag die Basis seiner Geschäftstätigkeit, weil ihm zuerst zu Mittag das «MotoGP Selection Committee» die Lizenz zur Teilnahme an der MotoGP-WM entzog und am Abend Aprilia Racing den Zwei-Jahres-Vertrag für die Lieferung der Bikes für Raúl Fernández und Miguel Oliveira auflöste.

Unterdessen kündigte CryptoDATA-Geschäftsführer Toma eine Klage gegen die Dorna an. Am Dienstag traf sich der Rumäne, der sich mit seiner tagelangen Schlammschlacht keine Freunde machte, dann in Madrid mit Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta. Es wurde reiner Tisch gemacht. Denn bis Ovidiu Toma einen Gerichtstermin bekommt, könnte sein ursprünglich bis Ende 2026 vereinbarter MotoGP-Vertrag sowieso längst ausgelaufen sein. Er saß also bei diesem Wettstreit mit der Dorna auf dem kürzeren Ast. 

Aprilia-Kundenteam: Interesse aus den USA

SPEEDWEEK.com hat bereits am Wochenende berichtet, dass sich bei der Dorna ein US-Investor gemeldet habe, der einen MotoGP-Platz übernehmen möchte. Für die Dorna kamen deshalb die Turbulenzen bei RNF nicht ganz ungelegen.

Inzwischen hat SPEEDWEEK.com recherchiert: Bei dem zahlungskräftigen Interessenten aus den USA handelt es sich um den erfolgreichen Geschäftsmann Justin Marks, der mit Ross Chastain und seinem Trackhouse NASCAR-Team am 5. November 2023 das Finale auf dem Phoenix Raceway gewonnen hat.

Chastain, ein bärtiger «Watermelon Farmer» aus Alva/Florida, hat den NASCAR-Meistertitel 2022 für Trackhouse nur um ca. 700 Meter und sechs Punkte gegen Joey Logano (Team Penske Ford) verloren.

Im Vorjahr gelang dem Trackhouse-Racing-Teamprinzipal PJ Rashidi auf Wunsch von Teamchef Justin Marks ein einmaliger Schachzug: Der 42-jährige Finne Kimi «Iceman» Raikkönen, Formel-1-Weltmeister 2007 auf Ferrari, wurde zu einem NASCAR Stock Car-Abenteuer in die USA gelotst, nachdem er seine Formel-1-Karriere Ende 2021 beendet hatte. Raikkönen trat auf der ehemaligen Formel-1-GP-Strecke in Watkins Glen für das Trackhouse Project 91-Team an.

Rashidi hatte schon 2011 den Raikkönen-NASCAR-Auftritt für Kyle Busch Motorsports in den USA eingefädelt.

2024 wird das Trackhouse Team in den USA mit der Biermarke «Busch light» einen neuen lukrativen Hauptsponsor haben. Gefahren wird mit Chevrolet Camaro aus dem Hause General Motors. Das Teamquartier befindet sich in Concorde, North Carolina.  

Teambesitzer und Rennfahrer Justin Marks wird jetzt in die Formel 1 des Zweiradsports investieren und das bisherige RNF-Aprilia-Kundenteam mit den Fahrern und Technikern übernehmen. Eine Abordnung von Trackhouse mit Consultant Jeremy Appleton (vormals bei Alpinestars und Triumph tätig) kam schon im August zum Österreich-GP, um erste Kontakte zu knüpfen.

Für die Dorna bildet der Einstieg von Trackhouse eine «win win»-Situation, denn das Team von Razali hat in den letzten drei Jahren dreimal den Hauptsponsor (nach 2021 ging Petronas, dann WithU, jetzt CryptoDATA) verloren und sich nicht gerade als Muster an Stabilität erwiesen.

Die MotoGP-WM soll auf dem riesigen amerikanischen Markt wachsen, ein seriöser und langfristig planender Partner wie Justin Marks mit einer Leidenschaft für Motorsport auf höchstem Niveau passt perfekt in dieses Konzept.

Bisher ist nicht bekannt, ob die Amerikaner den jetzigen RNF-Eigentümern finanziell etwas entgegenkommen und zum Beispiel die Leasingverträge für die Trucks und die Hospitality übernehmen, um erstens schneller startklar zu sein für die kommende Saison und gleichzeitig die finanziellen Sorgen von Toma und Razali etwas zu lindern.

In der MotoGP-WM vergibt die Dorna die MotoGP-Slots kostenlos. Und wenn sich ein Rennstall in Auflösung befindet, nehmen die Inhaber der kommerziellen GP-Rechte diese Startplätze wieder zurück.

In der Formel 1 hingegen herrschen andere Gesetze. Da existiert der sogenannte «anti dilution fund». Das ist im Grunde ein Nenngeld («entry fee»), das jedes neue F1-Team bezahlen muss – in der Höhe von unfassbaren $ 200 Millionen.

Diesen horrenden Betrag erhält aber nicht WM-Promoter Liberty Media oder gar der Automobilsport-Weltverband FIA, sondern diese erkleckliche Summe wird unter den bisherigen F1-Teams aufgeteilt.

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