Pit Beirer (KTM Racing): Rundenzeiten ein Traum
Der Chef der in unmittelbarer Nähe zum KTM-Hauptquartier stationierten Werks-Motorsportabteilung ließ es sich nehmen, das erste MotoGP-Rennevent live zu verfolgen. Gemeinsam mit Jens Hainbach (Vice President Road Racing) war Pit Beier nicht umsonst in den Wüstenstaat gereist. Trotz reichlich Arbeit vor Ort auch neben der MotoGP-Königsdisziplin (Premiere der neu entwickelten Moto3-Maschine; Rückkehr des Fahrwerks-Ausrüsters WP Suspension in die Moto2-WM), am Ende der großen Dienstreise konnte der beste Auftakt seit Bestehen des Projektes «MotoGP» verbucht werden. Nach der Rückkehr ins Innviertel äußerte sich ein begeisterter KTM-Rennchef gegenüber SPEEDWEEK zum Kick-off in Katar.
Pit, Gratulation zu einem eindrucksvollen Start eurer MotoGP-Mannschaft. Hattet ihr euch den Auftakt so vorgestellt?
«Dass wir sehr happy sind, das steht außer Frage. Es ist eine Bestätigung für alle Bemühungen und Veränderungen, die zum Teil schon vor über einem Jahr angestellt wurden. Bei den Tests im Winter haben wir gesehen, dass es nochmals ein gutes Stück nach vorne ging. Die Rundenzeiten waren ein Traum. Aber nicht nur unsere. Denn das Feld ist nochmal stärker geworden und die Leistungsdichte unter den ersten Zehn ist absolut brutal. In Katar waren wir dann aber exakt da, wo wir hinwollten. Allein, dass wir in der Lage waren, im Q2 mit drei Bikes anzugreifen, war ein absoluter Ritterschlag für unsere Technik und das ganze Team dahinter. Es hat bewiesen, dass mit dem Bike alle unsere Fahrer, vom Rookie bis zum Superstar, zurechtkommen. Zweimal Platz zwei in den Rennen, das war dann die große Belohnung und eine verdiente Ernte.»
.»Wie siehst du die vier Piloten des Teams nach dem Auftakt? Starten wir mit Brad Binder.
«Brad ist der Wahnsinn. Was er nicht nur in Katar, sondern im Ganzen für das Projekt leistet, ist super beeindruckend. Das fing an mit den Tests und hat sich über die ganze Vorbereitung weiterentwickelt. Wie unser Bike hat auch Brad ganz sicher noch einen Schritt nach vorne gemacht. Ob Ernährung, Traininig oder beim Fahrern selbst, Brad hat sich selbst noch weiter optimiert und ist hier in Katar in der besten Form überhaupt angetreten. Selbst zwischen Sprint und GP hat er nochmal was an sich gefunden. Für mich ist er ganz klar auf einem Level mit Pecco (Bagnaia) und Jorge (Martin) unterwegs. Das haben wir dann auch am Ergebnis gesehen.»
Jack Miller?
«Ich gebe zu, da habe ich schon ein lachendes und ein weinendes Auge. Gegen Ende der Saison 2023 hatte er zu seiner besten Form zurückgefunden. Das hat er auch im Winter gezeigt. Alle Vorzeichen bei ihm sind ebenfalls sehr positiv, aber wir haben es im Katar nicht geschafft, ihm ein Bike hinzustellen, mit dem er sich 100 Prozent wohlfühlt. Das ist unsere Aufgabe, daran arbeiten wir. Wenn wir Jack das richtige Gefühl geben können, dann ist er da, wo er hingehört und wo wir in haben wollen.»
Pedro Acosta, was kann man dazu noch sagen...?
«Eigentlich gar nichts. Das macht sprachlos. Ich meine, der Bursche kommt daher, ist absolut cool, sauschnell und aufgeräumt. Nicht nur, dass er so fahren kann, er ist auch in der Lage, seiner Mannschaft klar mitzuteilen, was zu tun. Der Bursche hat wirklich einen Plan. Dass er im ersten trockenen Training gleich schnell war, ok. Dann kam der Regen. Eine besondere Situation, die er wieder extrem gut gepackt hat. Dann der direkte Einzug ins Q2. Fehlerfrei im Sprint und in seinem ersten MotoGP-Grand Prix überholt er Marc Márquez und fährt die schnellste Rennrunde. Pedro ist ein Typ der Rekorde, er ist der Wahnsinn.»
Fahrer Nummer vier. Augusto Fernandez auf der zweiten GASGAS?
«Sportlich gesehen war seine Leistung absolut ok. Da haben wir ihn gesehen. Über das Wochenende hat er nochmal weitere gute Ansätze gehabt, die er dann leider im Rennen nicht umsetzen konnte. Aber – und das kann man ganz offen sagen – er hat jetzt auch einen Pedro Acosta bei sich in der Box hocken. Damit muss er umgehen. Augusto ist ein extrem feiner Kerl, der sich am Anfang gar nicht getraut hat, etwas zu sagen. Augusto dachte sich, «wenn Pedro das einfach so kann, dann muss das auch für mich gehen». Das haben wir ihm aber klar gesagt, er muss selbst laut sagen, was er will und was er braucht. Wenn wir es schaffen, so mit ihm zu arbeiten und auch ihm das letzte Vertrauen mit dem Bike zu geben, dann ist auch Augusto sehr hoch einzuschätzen.
Abgesehen davon, alle vier Fahrer passen sowieso nicht aufs Podest.»
Der Schmäh des Deutschen mit österreichischem Auftrag zum Ende des Gesprächs wirkt alles andere als überheblich. Zum einen hat KTM bewiesen, dass sie es verdammt ernst meinen. Die Lücke zur Spitze wurde mit viel Biss ein weiteres Stück heruntergefeilt. Und wer den Weltmeister dann zum Greifen nahe hat, der darf auch schon einmal vom MotoGP-Paradies träumen.
Vielen Dank für das Gespräch!