Die phänomenale Karriere des Aleix Espargaró
Vor fast 20 Jahren bestritt der Teenager Aleix Espargaró sein erstes Rennen in der Motorrad-WM. Ein Jahr später hatte sich der jüngste spanische Meister der 125er-Geschichte einen fixen Startplatz in der Achtelliter-WM gesichert. Die nächsten Jahre verbrachte der ältere Bruder von Pol Espargaró in den kleinen Hubraumklassen der Weltmeisterschaft.
Meister der Mittelklasse
Phänomenal trifft allein schon deshalb auf die Karriere des Rennfahrers Aleix Espargaró zu, weil ihm erst in seiner siebten permanenten Grand Prix-Saison der erste Podestplatz gelang. Ob mit 125 oder 250 ccm, der Katalane hielt sich lange Jahre mit hoher Konstanz im Mittelfeld auf.
Auch ohne Podiums-Platzierungen gelang ihm der Sprung in die MotoGP. Zunächst als Ersatz- dann auch als Stammfahrer bei Pramac-Ducati. Aber auch in der Königsklasse tat sich der mittlerweile routinierte Rennprofi schwer und erstmals musste Espargaró am Ende einer Saison wieder absteigen – für 2011 fand sich Aleix in der Moto2-Klasse im Team des spanischen Altmeisters Sito Pons wieder. Aus sportlicher Sicht ein guter Schritt. Endlich durfte Aleix als Dritter in Barcelona erstmals das Podest besteigen. Als Zwölfter der WM-Tabelle fiel die Gesamtbilanz weiter nüchtern aus.
Dennoch ging Aleix Espargaró nur ein Jahr später wieder in der MotoGP an den Start. Während der umstrittenen Phase, in der privat eingesetzte Prototypen das dünne Starterfeld ausstaffierten, gelangen Espargaró Achtungserfolge für die Forward-Mannschaft (mit Yamaha-Motor). Aleix, mit Mitte 20 eigentlich im besten Rennfahreralter, zeigte wie schon zuvor saubere Rennen, als überragender Akteur trat er aber nie in Erscheinung. Dennoch überstand der menschlich hochgeschätzte Profi die heikelste Phase seiner Laufbahn. Für 2015 wurde er sogar als Teil des Suzuki-Wiedereinstiges zum offiziellen Werksfahrer eines japanischen Konzerns weiter befördert.
Pol – kam später und ging früher
Kurios auch: Zu diesem Zeitpunkt war bereits der «Kleine», Pol Espargaró, im MotoGP-Fahrerlager ankommen. Als Weltmeister der Moto2 hatte sich der jüngere Espargaró wesentlich kürzer mit dem Warmlaufen aufgehalten. Rein nach Ergebnissen beurteilt, war Pol der effektivere und bessere Rennfahrer – der als weiteres Phänomen trotz geringeren Alters heute bereits nicht mehr als Stammfahrer in der MotoGP aktiv ist.
Auch als Suzuki-Werksfahrer kam Aleix nicht über WM-Rang 11 hinaus. Noch bescheidener lief es dann auch zu Beginn der vorerst letzten Karrierestufe. Espargaró machte bei Aprilia erst einmal alle Tiefen der RS-GP-Entwicklung mit. Die Jahre 2017-2020 (und GP-Jahre 13 und 14) beendete die #41 auf den Endrängen 15,17,14 und 17. Also im Niemandsland. Doch anstatt mit über 30 Jahren frustriert zu resignieren, tritt der Spanier im wahrsten Sinne munter weiter in die Pedale. Als Fahrrad- und Trainingssüchtiger, körperlich in überragender Form, motiviert sich Aleix mitsamt Aprilia-Team zum Weitermachen. Die harte Phase und die Type «Aleix» beweisen auch, dass sich Durchhaltevermögen auch im Profisport bezahlt macht. Wer sich dazu loyal und menschlich korrekt benimmt, den hält das MotoGP-Netzwerk auch mal überdimensional lange fest.
Aprilia 2.0 und der späte Aufstieg
Im Spätherbst seiner Karriere geht es dann fast schon schlagartig bergauf. 2021 der erste Podestplatz der neuen MotoGP-Ära für Aprilia. 2022 dann die beste Saison überhaupt, inklusive erstem MotoGP-Sieg. Mit weiteren fünf Podestplätzen ist Aleix Espargaró zwischenzeitlich sogar Tabellenführer. WM-Rang vier als Höhepunkt einer langen Karriere. Die unaufhörlich weitergeht. Denn auch 2023 und 2024 ist ein top fitter Aleix Espargaró präsent und auch auf der Strecke weiterhin konkurrenzfähig. Aus sportlicher Sicht gäbe es also keinen Grund für 2025, den Helm nach zwei Jahrzehnten Profi-Rennsport an den Nagel zu hängen. Auch körperlich ist Aleix das Gegenteil eines alten Mannes.
Dass Aleix Espargaró im kommenden Jahr nicht mehr auf einer MotoGP-Maschine sitzt und den Platz als Werksfahrer seinem guten «Buddy» Jorge Martin vermittelt, das ist eine mehr als nur stimmige Theorie. Das Phänomen «Espargaró», das spricht allerdings dagegen.