Christophe Bourguignon: «Nie in Panik verfallen»
Stefan Bradl und Christophe Bourguignon
Die LCR-Honda-Technikmannschaft von Stefan Bradl arbeitet unter Crew-Chief Christophe «Beefy» Bourguignon seit fünf Jahren in unveränderter Formation zusammen – und versteht sich blind. Neben dem belgischen Race-Engineer kümmern sich der Neuseeländer Brian, die Spanier Javi und Joan, der Ire Chris und der Italiener Ugo um die beiden Honda RC213V den deutschen MotoGP-Rookies; dazu kommen ein Dämpfungs-Spezialist von Öhlins sowie zwei japanische Techniker von HRC, von den einer nur für das kostbare Ziehkeilgetriebe zuständig ist.
«Wir sind lange zusammen, dadurch fühlen wir uns stark», bestätigt Beefy Bourguignon. «Und genau dieses Gefühl will man an den Fahrer weitergeben. Der Fahrer muss Vertrauen spüren. Er muss sich darauf verlassen können, dass von der technischen Vorbereitung her alles stimmt. Es muss alles zusammenpassen. Die Art und Weise, wie Helmut Bradl mit Stefan über unser Team spricht, was Stefan selber beobachtet, wenn er seine Truppe in der Box beobachtet, das muss für den Fahrer beruhigend sein. Mein Ziel ist es, dass Stefan nach jedem Training entspannt in sein Motorhome zurückkehren kann, ohne sich den Kopf über technische Probleme zerbrechen zu müssen.»
Bourguignon hat gemeinsam mit Stefan Bradl 2012 einige mühselige Freitag-Trainings erlebt, besonders auf Pisten, auf denen nicht getestet wurde und für die von der neuen 1000-ccm-Honda keine Datenaufzeichnungen existierten.
«Wir waren am Freitag ein paarmal in Schwierigkeiten», bekennt Beefy. «Aber wir sind nie in Panik verfallen.»
Stefan Bradl fiel die Professionalität des LCR-Teams schon beim ersten Zwei-Tage-Test mit der 800er in Valencia im November 2011 auf. Vorher hatte er nämlich überlegt, ob er seinen akribischen bayerischen Kiefer-Mechaniker Stefan Haseneder als Vertrauensperson zu LCR mitbringen sollte. Teambesitzer Lucio Cecchinello hatte dieses Ansinnen nicht kategorisch verneint. Aber Stefan Bradl wollte diese eingespielte LCR-Truppe schliesslich nicht auseinander reissen.
«Ich habe das selber schon getan, dass ich mit einem Fahrer von einem Team zum andern gegangen bin, zum Beispiel mit Randy de Puniet von Kawasaki zu LCR», erzählt Beefy Bourguignon. «Das erlebt man öfters in dieser Branche. Natürlich will der Fahrer ein bekanntes Gesicht in der Box haben, zu dem er Vertrauen hat. Aber das muss nicht immer zielführend sein. Wenn mich Marc Márquez gefragt hätte, hätte ich gesagt: Übernimm bei HRC das komplette Team von Casey. Das wäre für ihn sehr sinnvoll und hilfreich gewesen. Er hätte ja einen Freund einschleusen können, der sich um seinen Helm kümmert oder irgendeinen andern, damit er sich nicht einsam fühlt. Das wäre perfekt gewesen.»
Aber Márquez ging einen anderen Weg. Er nahm seinen Moto2-Crew-Chief Santi Hernandez zu Repsol-Honda mit. HRC war von dieser Lösung offenbar nicht begeistert, denn die Japaner verlängerten den Vertrag mit Stoners Renningenieur Cristian Gabbarrini trotzdem. Der Italiener stand bei den ersten Márquez-Tests in Valencia und Sepang als Aufpasser in der Box.