Ducati-Rennchef Gigi Dall'Igna: Factory? Open-Format?
Es sind nicht einmal 100 Tage vergangen, seit Ingenieur Gigi Dall’Igna die Verantwortung der Ducati-Rennsportabteilung in Borgo Panigale übernommen hat, wo ihn technische Themen von grösster Bedeutung erwarteten. Nicht nur wegen der Zukunft der Desmosedici, aber auch wie man die Projekte der GP13 und des Superbikes Panigale 1199 verbessern kann. Diese Aufgaben liegen jetzt in seinen Händen.
In der MotoGP wie auch in der Superbike-WM wurden die Reglements geändert, vor allem mit der Entstehung der Open und Evo. Eine Herausforderung, für die gegenwärtigen Projekte wie auch für die zukünftigen.
Da es noch Knöpfe gibt, an denen gedreht werden muss, haben wir Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna für ein Interview kontaktiert und ihm ein paar brennende Fragen gestellt.
Gigi, es wurde in den letzten Wochen viel über euer Open-Projekt geredet. Denkt ihr ernsthaft darüber nach, in der MotoGP in der Open-Klassse zu fahren? Ohne Factory-Software, mit 24 Liter-Tank, zwölf Motoren und eventuell weicheren Reifen?
Unser Dilemma heisst: Open- oder Factory-Status?
Irgendwelche Überlegungen müssen gemacht werden, das ist klar. Ich möchte aber nicht behaupten, das wäre unsere erste Priorität. Das Reglement lässt ja etwas Freiheit.
Die Hauptsache für Ducati bleibt, dass man während der Saison die Motoren wechseln kann, denn wir sind eine Firma, für die es das Wichtigste ist, die Motoren weiter zu entwickeln.
Realität ist aber auch, dass wir in zwei Monaten den Abstand zu Honda oder Ducati kaum wettmachen können. Unser Fokus bleibt, das ist die Weiterentwicklung des Motorrads.
Die Schlachten gewinnt man nicht mit Reglements, sondern man gewinnt, wenn man ein Motorrad auf die Piste lässt, das den anderen überlegen ist.
Mit der aktuellen Factory-Regel, 20 Liter, limitierte Motorenzahl und eingefrorene Entwicklung, wird es ein aber unmöglich, die Renntriebwerke weiter zu entwickeln?
Das hängt davon ab, was wir ändern möchten und welche Zeit man uns dafür gibt. Nicht alles hängt vom Motor ab, es gibt auch Modifikationen unabhängig davon, also im Umfeld des Motors.
Aber Factory-Status bedeutet, dass wir pro Fahrer und Saison fünf Motoren haben, und die müssen die ganze Saison über identisch bleiben. Es sind nicht einmal geringfügige, banale Änderungen erlaubt. Die fünf Motoren werden vor dem ersten Rennen verplombt. Du kannst danach auch keine Kleinigkeiten verändern, also auch nicht die Masse der Kurbelwelle oder das Design der Nockenwelle.
Ihr müsst irgendwann eine Entscheidung treffen, die sich nachher nicht mehr ändern lässt. Also, geht die Tendenz zu Open oder zu Factory?
Es ist wirklich so, dass es keinen Weg zurück gibt. Jede Option hat ihre Vorteile und Nachteile. Du kannst die Entscheidung aber nicht mehr rückgängig machen... Deshalb müssen wir sorgfältig abwägen.
Kann diese Wahl für Ducati auch intern zu Problemen mit dem Herstellerbündnis MSMA führen?
Nein, auf keinen Fall, die Präsenz und die Position von Ducati in der MSMA steht nicht zur Diskussion. Das Werk entscheidet, mit welcher Option wir teilnehmen werden. Punkt.
Der Unterschied besteht darin, dass man im Factory-Status die Hardware von Magneti Marelli verwenden muss, aber die eine eigene Software einsetzen kann. Im Open-Format kommt die komplette ECU von Magneti Marelli.
Ja. Im Open-Format gehört dir die Software nicht, also kannst du sie auch nicht verwalten oder umprogrammieren.
Ihr habt schon Vergleichstests ausgeführt?
Ja, im November in Jerez mit Dovi und Yonny Hernandez. Aber nicht viele, denn die Software von Dorna ist sicher weniger entwickelt als die der Werke. Wir brauchen noch mehr Daten. Wir müssen die beiden Konzepte noch konkreter vergleichen und dann die Daten gewissenhaft auswerten. Wir haben die Möglichkeiten der Einheits-ECU bisher sicher noch nicht zu 100 Prozent ausgenützt.
Wie beginnt ihr also den Test in Sepang ab 4. Februar?
Am 31. Januar und 1. Februar werden wir in Sepang bereits mit Michele Pirro testen. Yamaha hat diesen «Sepang zero»-Test organisiert; sie werden wohl mit ihrem Testfahrer Nakasuka dort fahren. Ich denke, auch Honda wird mit einem Testfahrer anwesend sein. Michele Pirro wird eine GP13 und eine neue GP14 zur Verfügung haben; bei den Werksfahrern von Honda und Yamaha wird es wohl ähnlich sein.
Ist auch ein Vergleich mit der Open-Version geplant?
Nein, der ist nicht fix vorgesehen. Wir müssen erst den Leistungsabstand verringern und versuchen, möglichst bald näher an die Spitze heranzukommen. Wir müssen schauen, ob die GP14 besser ist als die Vorgängerin, also die beiden Versionen vergleichen. Und wir werden als erstes eine Abstimmung für die ersten Rennen finden müssen. Das ist das Ziel. Nur wenn genug Zeit bliebt, werden auch Dovi und Cal beim Sepang-1-Test die Open-Bikes ausprobieren.
Ihr habt ja Yonny Hernandez in Sepang bei Pramac als Testfahrer im Open-Format... Bis wann wird die definitive Entscheidung bei der Frage «Factory oder Open?» gefällt?
Beim Saisonstart in Katar müssen wir bereit sein. Bis zum zweiten Sepang-Test Ende Februar ist noch genug Zeit, um wichtige Modifikationen zu machen und zu testen.
Wenn sich abzeichnet, dass unser neue Motor erst im August oder September einsatzfähig sein wird, könnten wir 2014 mit dem Factory-Status fahren. Wenn die neuen Triebwerke früher fertig werden, macht es Sinn, auch im Werksteam auf den Open-Status zu setzen, weil wir dann die neuen Motorversionen früher einsetzen können – und nicht erst 2015.