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Carmelo Ezpeleta: «Dann wird Stefan Bradl vorn sein»

Von Günther Wiesinger
Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta räumt Schwachstellen beim neuen MotoGP-Reglement ein. Aber er hat glanzvolle Ideen für die nächsten Jahre. Er denkt auch an LCR und Tech3. Exklusiv-Interview, Teil 2.

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta nahm beim Saisonauftakt in Katar die neue Situation in der MotoGP-Weltmeisterschaft mit Freude zur Kenntnis. Die ersten zwölf im Qualifying waren nur durch 0,6 Sekunden getrennt, die Open-Class sorgte für viel Gesprächsstoff – und am Schluss waren trotzdem Márquez, Rossi und Pedrosa vorne.

SPEEDWEEK.com hat den mächtigen MotoGP-Zampano zum Exklusiv-Interview getroffen und ihm ein paar kritische Fragen gestellt. Denn die Situation ist ja nicht in jeder Hinsicht rosig.

Aber es gibt mehr Prototypen im Feld, auch die neuen Production-Racer von Honda stellen eine Bereicherung dar, das Mittelfeld ist näher an die Spitzen herangerückt. Vergessen wir nicht: 2010 und 2011 standen nur 17 Fahrer am Start!

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta will jetzt durchsetzen, dass alle Werke künftig die Vorjahres-Maschinen an Kundenteams verleasen, denn im Open-Format sind sie durchaus noch konkurrenzfähig. Wenn sich das verwirklichen lässt, kann man die ehemaligen Claiming-Rule-Bikes wie die Avintia-Kawasaki aus der Welt schaffen. Oder Kawasaki und Aprilia mit sanften Druck veranlassen, schrittweise bis 2016 wieder mit einem echten Factory-Team einzusteigen.

Carmelo, werden wir 2015 und 2016 noch mehr Prototypen im Feld sehen als jetzt?

Durch das momentane Reglement werden die Satellitenteams wie Gresini-Honda, LCR-Honda und Tech3-Yamaha benachteiligt, weil sie nicht diesselben Vorzüge erhalten wie die Open-Class-Team und Ducati. Das ist ein Problem. Bautista, Bradl, Pol Espargaró sowie Bradley Smith werden benachteiligt.
Nehmen wir Tech3-Chef Poncharal als Beispiel. Er gibt für die 2014-Protptypen mehr Geld aus als Forward mit den Open-Bike für Aleix Espargaró und Edwards, die Performance seiner Fahrer ist aber womöglich schlechter, zumindest im Training.
Für Poncharal wäre es also besser, wenn er eine Lösung wie Forward hätte.

Deshalb wird überlegt, künftig nur noch zwei echte Werks-Prototypen pro Hersteller zu erlauben?

Ja, zwei Honda, zwei Yamaha, zwei Ducati, zwei Suzuki. Aber jeder Hersteller bekommt dann die Verpflichtung, die Vorjahresmaschinen zu einem festgesetzten Preis auf dem MotoGP-Markt anzubieten. Als Höchstpreis schwebt uns eine Summe von 1 Million Euro vor.
Als Belohnung bekommen diese Open-Teams dann ihre technischen Benefits. Mehr Sprit und Ähnliches. Es existieren ja genug Meisterschaften, in denen die Siegerteams mehr Gewicht bekommen.
In der MotoGP-Klasse können wir nicht mit Gewichten jonglieren, das ist zu gefährlich. Aber wir können mehr Sprit zugestehen und nach einer gewissen Anzahl von Podestplätzen wieder wegnehmen.
Dann haben wir mehr konkurrenzfähige Bikes, und für die Satellitenteams wird die WM preiswerter.
Das ist unser Ziel.
2014 ist die Situation so, wie wir sie jetzt festgelegt haben. Da kann es für die Satellitenteams vielleicht kompliziert sein...
Aber vielleicht können einige Teams wie Gresini, LCR oder Tech3 für 2015 auf die Einheits-ECU umsteigen.

Bei Honda geht das nicht. Die Honda RC213V lässt sich mit der Marelli-ECU nicht einmal in Gang bringen.

Vielleicht klappt es für 2015...
Jetzt wissen die Hersteller, in welche Richtung es in der MotoGP-WM geht. Für 2016 haben sich alle auf die Einheits-ECU von Marelli geeinigt.
Ich stimme zu, 2014 und 2015 gibt es durch die verschiedenen Open-Szenarien etwas Konfusion. Aber damit müssen wir uns abfinden. Die Aufregung wird sich legen.
Ich stimme zu. Das Reglement ist momentan unübersichtlich und kompliziert. Ich bin in Katar einigen Leuten gegenüber gesessen, die es nicht verstanden haben.

Was sagst du den Leuten, die für dieses Reglement kein Verständnis haben?

Ich sage ihnen: Auf diese Art und Weise finden wir einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise. Vielleicht ist der Weg zu dieser Lösung nicht ideal, aber das Resultat kann sich sehen lassen.
Für mich ist die Situation trotzdem nicht schlecht. Yamaha hatte 2013 vier Bikes im Feld, jetzt sechs. und Yamaha hätte gern zwei weitere Fahrer ausgerüstet, es hatte niemand Interesse... Jedes Paket hätte pro Fahrer nur 1 Million Euro gekostet. Ausserdem haben wir jetzt acht statt vier Honda.

Aber Teamchefs wie Gresini, Cecchinello und Poncharal sind die Leidtragenden?

Ich habe mit all diesen Teambesitzern in Katar Gespräche geführt. Ich habe gesagt: Als Kundenteams habt ihr bisher auch nie gewonnen, denn es gab Zeiten, da hatte Honda acht Werksmaschinen, Ducati sechs, Yamaha vier, dazu kamen Suzuki und Aprilia. Wenn wir jetzt die Anzahl der echten Werksmaschinen auf zwei pro Werk beschränken und den Open-Teams einige Zugeständnisse machen, könnt ihr um Podestplätze fighten – wie jetzt Forward.
Wenn Stefan Bradl die Einheits-ECU verwendet, mehr Sprit kriegt und die weicheren Reifen, wenn er trotzdem die gleiche Honda fährt – dann steigen doch seine Chancen! Dann wird Stefan diesselben Ergebnisse erzielen wie Aleix Espargaró bei Forward. Dann wird Stefan ganz vorne sein.

Aber du willst ja nur zwei Werksmaschinen pro Hersteller?

Die Werksteams dürfen nur zwei Fahrer ausrüsten, ja. Aber sie können so viele Vorjahresmaschinen um 1 Million verleasen, wie sie wollen.

Und wenn ein Werk wie Honda sagt, wir verleasen das neueste Prototypen-Modell um 1 Million – noch besser?

Ich denke, da werden wir uns nicht einmischen...

Aber 2014 bliebt kompliziert. Repsol und Movistar werden sich bei dir beschweren, weil sie Millionen ausgeben und womöglich von einem Privatteam wie Forward-Yamaha besiegt werden?

Wir werden sehen. In Katar waren die Werksteams von Honda und Yamaha im Q2 und im Rennen vorne.
Und sobald Ducati drei dritte Plätze hat, zwei zweite oder einen Sieg, verlieren sie 2 Liter Sprit.

Das wird sie nicht stören. Im Vorjahr sind sie mit 21 Liter überall ins Ziel gekommen.

Okay. Bisher ist ohnedies nicht abschätzbar, ob Ducati 2014 Podestplätze erreichen kann.

Die Ergebnisse von Aleix Espargaró werfen kein gutes Licht auf etliche Teammanager. Er ist 142 Grand Prix gefahren – und keiner hat gemerkt, wie gut er ist?

Exakt. Das wundert mich auch.

Trotzdem ist das alles nicht fair. Ducati hat drei Jahre versagt und wird dafür mit lukrativen Zugeständnissen belohnt. Ducati bekommt einen Bonus! LCR und Tech3 haben letztes Jahr mit Bradl und Crutchlow Podestplätze erzielt – und werden bestraft.

Ja, richtig. Ich stimme dir zu. Unser Reglement hat einige Schattenseiten und Schwachstellen. Aber ich habe zehn Jahre versucht, die Materialkosten für die MotoGP-Teams zu senken. Eine bessere Lösung als diese ist uns nicht in den Sinn gekommen.

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