Exklusiv: Neue «Super-Honda» für Open-Class
Yamaha und Forward haben mit ihrem Open-Konzept in diesem Jahr bei den ersten fünf Grand Prix jeweils mit Aleix Espargaró die Open Class-Wertung gewonnen.
Yamaha wollte ursprünglich an die Teams nur YZR-M1-Motorenpakete aus dem Vorjahr verleasen (für 800.000 Euro pro Fahrer und Saison), die Team sollten sich dazu von Suter, Kalex oder FTR eigene Rolling Chassis basteln lassen.
Da sich die erwünschten drei Teams (zwei mit zwei Piloten, eines mit einem) nicht rechtzeitig fanden und sich auch Forward zu spät entschloss, bekam Forward für die Saison 2014 schliesslich komplette Yamaha-Motorräder des Jahrgangs 2013 aus dem Fundus des Tech3-Teams, also ohne Seamless-Getriebe und ohne die letzte Motorenausbaustufe vom Herbst 2013.
Honda hingegen setzt auf ein anderes Konzept. Es wurde eine abgespeckte Production-Racer-Variante des RC213V-Prototyps entwickelt, zwei Motorräder (für einen Fahrer) werden für rund 1,2 Millionen an die Teams verkauft. Drive M7 Aspar (Hayden, Aoyama), Redding (Go&Fun Gresini) und AB Cardion Motoracing (Abraham) sind die Kunden.
Beim ersten Malaysia-Test anfangs Februar in Sepang übte HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto Kritik am Yamaha-Konzept, da hier ganz klar ein Prototyp mit den Vorzügen der Open-Class ins Feld geschickt wird. Aber das widerspricht nicht den Vorschriften.
HRC hatte hingegen aus Kostengründen nicht nur auf das Seamless-Getriebe verzichtet, sondern auch auf den pneumatischen Ventiltrieb.
Mit verheerenden Folgen: Nicky Hayden beklagte vom ersten Tag an in Sepang über zu wenig Power.
Nakamoto hatte bei der Vorstellung der RCV1000R in Valencia im November 2013 noch erklärt, der Unterschied in den Rundenzeiten zwischen der RC213V und der RCV1000R liege bei rund drei Zehntelsekunden.
«Ich verliere drei Zehntel auf jeder Geraden», beschwerte sich Hayden beim Sepang-Test.
Die Top-Speed-Messungen förderten Nachteile von 16 bis zu 22 km/h zutage.
Drive-M7-Teambesitzer Jorge «Aspar» Martinez kann seine Enttäuschung nicht verhehlen. Die heutigen Ergebnisse hätte er wohl auch mit der ART-Open-Aprilia erzielt, die mit Aleix Espargaró in seinem Team zwei Jahre lang die Claiming-Rule-Wertung dominiert hatte.
Und sonderlich preiswert ist die Honda-Lösung auch nicht. «Ich brauche für jeden Fahrer bei HRC rund 1,7 bis 1,8 Millionen Euro an Materialkosten», erklärte Martinez gegenüber SPEEDWEEK.com.
Honda entwickelt neue Open-Geheimwaffe für 2015
«Wir haben das Reglement nicht aufmerksam gelesen und gedacht, die Open-Class-Maschine müssten verkauft werden», erklärte Nakamoto. «Deshalb haben wir uns nie mit einer Leasing-Variante beschäftigt.
Die Honda Racing Corporation sieht sich aber nicht gern dauerhaft in der Verliererrolle.
Deshalb wird jetzt bei HRC fieberhaft an einer «Super-Honda» für die Open-Class 2015 gearbeitet. Sie wird zwar kein Seamless-Getriebe haben, dafür aber den pneumatischen Ventiltrieb, um das eklatante Manko bei der Motorleistung gegenüber der M1-Open-Yamaha wettmachen zu können.
Auf das Seamless-Getriebe (das sollte für die Saison 2012 bei den Kundenteams noch 700.000 Euro extra pro Saison und Fahrer kosten) wird aus finanziellen Gründen verzichtet, ausserdem sollen das Repsol-Team und die Satellitenteams Gresini und LCR für ihre teuren Leasing-Prototypen noch technische Vorteile geltend machen können.
Aus HRC-Kreisen ist durchgesickert, dass diese neue Open-Honda 2014 schon bei den letzten vier oder fünf Grand Prix (ab Aragón oder Motegi) eingesetzt werden könnte.
Denkbar wäre, dass das Drive-M7-Team von Martinez einen solchen Prototyp für Nicky Hayden erhält, um Sponsoren und Teamchef Martinez versöhnlich zu stimmen.
Open-Class-Fahrer Hayden könnte damit den Factory-Piloten von Honda, Yamaha und Ducati dicht auf den Leib rücken, trotz Einheits-ECU. Denn Hayden kriegt dann weiter die weicheren Hinterreifen und könnte weiter bis zu 24 Liter verbrauchen. Allerdings: Honda gewinnt auch mit 20 Liter Tankinhalt bisher alle Rennen 2014.
Wir gehen davon aus, dass HRC für 2015 überlegen wird, die Bikes an die Kundenteams zu verleasen statt zu verkaufen, weil Honda die neueste Technologie nicht aus der Hand geben will. Im Leasing-Vertrag wäre dann verankert, dass die Motoren von den Teams nicht geöffnet werden dürfen, sondern Eigentum von HRC bleiben.
Wie auch immer: Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta kommt seinem Ziel immer näher, immer mehr MotoGP-Teams finden schrittweise wieder Zugang zu konkurrenzfähigem Material. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft der Claiming-Rule-Ära gehört bald der Vergangenheit an.