MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Cal Crutchlow: Unerbittliche Abrechnung mit Ducati

Von Günther Wiesinger
Cal Crutchlow nimmt sich seit Wochen kein Blatt vor den Mund, wenn er über die Probleme bei Ducati spricht. Auch nach dem Montag-Test (1,7 sec Rückstand) sprach er Klartext.

Die Situation von Cal Crutchlow bei Ducati ist ungemütlich. Er wird von Dovizioso und Iannone regelmässig gebügelt, in Barcelona mitunter sogar vom Kolumbianer Yonny Hernandez auf einer letztjährigen Ducati GP13.

Crutchlow büsste auch beim Montag-Test 1,7 Sekunden auf die Bestzeit ein, er blieb auf dem üblichen 13. Platz sitzen. In der WM hat er in sieben Rennen erst karge 15 Punkte eingesammelt.

«Ich habe den neuen Bridgestone-Vorderreifen getestet, er fühlt sich besser an, ich freue mich, wenn er beim Sepang-GP geliefert wird», stellte der Engländer fest. «Ich glaube, die meisten Fahrer waren happy damit. Ich glaube, er bringt keine Vorteile für die Rundenzeit, aber wir gewinnen viel bei der Beständigkeit, beim Durchhaltevermögen.»

Der frustrierte Cal Crutchlow verzichtete im Gegensatz zu den meisten Kollegen auf die Befahrung der neuen Streckenvariante, wie sie in der Formel 1 verwendet wird. «Ich habe keinen Sinn darin gesehen. Diejenigen, die sie probiert haben, werden deswegen nächstes Jahr das Rennen nicht gewinnen», ätzte er. «Dovi sagt, es sei gut gewesen und vor allem viel sicherer. Wir streiten hier mit den Formel-1-Jungs hier wegen der Curbs. Es sieht so aus, als würde man die Curbs für die Zukunft hier viel flacher machen. Das wird sich für uns positiv bemerkbar machen. Vielleicht hätte ich diese Kurve auch probieren sollen... Das Problem ist, dass in Turn 9 die Mauer zu eng an der Strecke steht. Du kommst im Kiesbett nicht rechtzeitig zum Stillstand. Man darf halt die Piste nicht verlassen. Das spielt jetzt keine Rolle für mich. Es ist für alle gleich... Ich habe andere Dinge, auf die ich mich konzentrieren muss.»

Die Ausfallursache vom Sonntag ist bei Ducati inzwischen ergründet worden. «Es war kein Drama. Irgendeine Applikation der Elektronik ist krank geworden und hat aus Sicherheitsgründen den Motor abgeschaltet. So einfach ist das», schilderte Cal. «Ein Fehler im System. Aber ich hätte das Rennen auch ohne dieses Problem nicht gewonnen... Es ist nur schade, dass ich nicht bis zum Ende weiterfahren konnte.»

«Beim Test haben wir am Montag ein paar Dinge probiert, aber ich bin mit dem letzten Sektor immer noch nicht zufrieden. Das Bike lässt sich dort schwer einlenken, ich finde nicht genug Vertrauen, um die Maschine schnell genug in Schräglage zu zwingen. Aber insgesamt waren wir beim Montag-Test konstanter in Sachen Rennspeed. Trotzdem sind wir noch zu weit von den Spitzenfahrern weg. Und da sitzen die meisten anderen Ducati-Fahrer im selben Boot wie ich. Das Pramac-Team hat den ganzen Tag den weichen Hinterreifen verwendet, wir keine einzige Runde lang. Wir konzentrieren uns lieber auf den harten Hinterreifen und die Rennpace. Wir haben ein paar Settings probiert und überlegt, in welche Richtung wir marschieren sollen. Es hat sich bestätigt, dass die Richtung, die ich immer schon vorgeschlagen habe, der korrekte Weg ist. Das ist gut. Wir werden so weitermachen.»

Hernandez, Iannone und auch Dovizioso überlegen immer wieder, ob sie den weichen Hinterreifen auch in den Rennen einsetzen sollen. Will auch Crutchlow diesen Versuch machen?

Er seufzt tief: «Ich will das aus Prinzip nicht tun. Jeder will sich jeden erdenklichen Vorteil erschaffen. Aber ich habe meine guten Ergebnisse in der Vergangenheit immer mit der harten Mischung erzielt, und das will ich weiter so machen. Ich will lieber unseren härteren Hinterreifen zum Funktionieren bringen, der bei den acht Prototypen von Honda und Yamaha der weiche ist... Deshalb habe ich den weichen Reifen auch beim Test nie verwendet. Das ergibt keinen Sinn. Iannone hat damit in Mugello und am Sonntag gute Ergebnisse erzielt. Aber er bringt keinen Vorteil. Dovi ist mit dem harten Hinterreifen beide Male vor Iannone ins Ziel gekommen. Ich muss klar, sagen, das ist nicht unser Hauptproblem. Wir müssen Grip finden! Hinten und vorne. Das ist unser Hauptanliegen.»

Crutchlow: «Ich werde meinen Fahrstil nicht ändern»

Wundert sich Cal, dass Ducati keine Updates zum Testen brachte, während Yamaha eine neue Auspuffanlage probierte und dazu den 2015-Motor? Aber Yamaha kämpft um Siege, Ducati muss aufholen.  Wie soll das klappen, wenn nichts Neues entwickelt wird? Seltsam, oder?

«Ja, es schaut auch für mich seltsam aus»m sagt Cal. «Du kannst nur eine gewisse Anzahl von Informationen geben, und du kannst die Informationen nicht beliebig oft wiederholen. Tja.» (Er holt tief Luft.)

«Ich habe bei meinem ersten Test im November diese Informationen abgegeben. Das Bike ist seither ein bisschen besser geworden, aber die fundamentalen Probleme sind gleich geblieben. Wir brauchen Lösungen. Inzwischen wissen wir, dass vor dem Jahresende nichts passieren wird. Es macht also keinen Sinn, sich deswegen noch einmal zu erkundigen.»

Ist es schwierig, unter diesem Gesichtspunkt die Motivation aufrecht zu erhalten? Crutchlow: «Ähhh... Nein. Ich bleibe jedes Wochenende motiviert. Wie gesagt: Ich drehe jeden Stein um, bei jedem Rennen. Aber die Situation ist schwierig zu akzeptieren, wenn man weiss, man kann nicht mithalten. Mit diesem Bike kann ich mit den Gegnern über eine einzige Runde nicht mithalten, nicht einmal annähernd. Und sobald wir den Grip verlieren, habe ich nicht mehr das Gefühl, das Dovi damit hat. Denn er hat eine andere Fahrweise. Ich werde aber meinen Fahrstil nicht ändern, damit er zu diesem Bike passt. Schon gar nicht für ein Jahr. Wenn die nächstjährige Ducati völlig anders ist, muss ich den Fahrstil wieder umstellen... Wie ich schon oft gesagt habe: Ich habe einen Fahrstil, den ich mir angeeignet habe, mit dessen Hilfe ich im Vorjahr mit den Besten der Weltmeisterschaft mitgehalten habe. Ich fahre mit viel Kurvenspeed und nehme diesen Schwung mit raus auf die Geraden. Das funktioniert mit diesem Motorrad nicht! Das einzige, was bei diesem Motorrad funktioniert, ist das Bremsen auf der Geraden, also das ‹straight line braking›. Das ist der einzige Punkt, wo man damit Vorteile herausholen kann. Da bin ich schwach. Aber selbst wenn ich mich jetzt beim straight-line-braking verbessere, ich kann sowieso nicht in die Kurven einbiegen... So... Da verlieren wir die ganze Zeit. Beim Einlenken in die Kurven. Ich habe einfach nicht genug Vertrauen, also biege ich anders ein. Hm. Ich werde meinen Stil nicht ändern. Aber ich muss mich anpassen. Auf manchen Pisten wird das vielleicht funktionieren, auf anderen nicht.»

Ist die Aufgabe, Ducati wieder zum Erfolg zu führen, grösser und anspruchsvoller als erwartet?

«Es ist nicht meine Aufgabe, das Motorrad zu reparieren. Ich fahre und teste das Motorrad, und ich liefere Informationen. Ja... Wir sind zu weit weg von den Werksmaschinen. Andrea Dovizioso fährt gut in den Rennen. Er kann mit Fahrern wie Pol Espargaró und so weiter mithalten. Aber Pol ist ein Rookie. Also... Wir sollten in der Lage sein, sie zu besiegen. Ein Factory-Team sollte unter den ersten Sechs mitfahren. Immer. Wir sind aber nicht einmal in der Nähe. Naja, wir sind vielleicht in der Nähe. Aber wir sind nicht fähig, mit den anderen Werksmaschinen mitzufahren. Wir müssen uns definitiv verbessern. Aber das gelingt uns bisher nicht. Denn Dovi und ich, wir können das Bike nicht in Ordnung bringen. Iannone und Hernandez fahren so schnell wie möglich. Denn sie brauchen Jobs, sie fahren stark, ohne Zweifel. Sie fahren diese Bikes besser als ich. Aber am Ende des Tages glaube ich, ich muss kein Risiko mehr eingehen... Wir werden sehen, was Ducati bringt und wann etwas gebracht wird.»

MotoGP-Test Catalunya, Montag, 16. Juni, Endstand 18 Uhr

1. Marc Márquez, Honda, 1:41,184.
2. Bradley Smith, Yamaha, + 0,040 sec.
3. Jorge Lorenzo, Yamaha, + 0,331 sec.
4. Pol Espargaró, Yamaha, +0,456 sec.
5. Stefan Bradl, Honda, + 0,471 sec.
6. Andrea Iannone, Ducati, + 0,690.
7. Dani Pedrosa, Honda, +0,785 sec.
8. Yonny Hernandez, Ducati, +0,954 sec.
9. Aleix Espargaró, Yamaha, + 0,969 sec.
10. Valentino Rossi, Yamaha, + 1,135 sec.
11. Andrea Dovizioso, Ducati, +1,195 sec.
12. Alvaro Bautista, Honda, +1,358 sec.
13. Cal Crutchlow, Ducati, +1,725 sec.
14. Scott Redding, Honda, + 2,210 sec.
15. Michele Pirro, Ducati, + 2,121 sec.
16. Karel Abraham, Honda, +2,265 sec.
17. Colin Edwards, Yamaha, + 3,180 sec.
18. Héctor Barbera, Avintia-Kawasaki, +3,211 sec.
19. Randy de Puniet, Suzuki, + 3,300 sec.
20. Mike di Meglio, Avintia-Kawasaki, + 3,440 sec.
21. Michael Laverty, PBM-Aprilia, + 3,892 sec.
22. Dominique Aegerter, Avintia-Kawasaki, +4,186 sec.
23. Broc Parkes, PBM-Aprilia, + 4,350 sec.

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