Stefan Bradl: «Ohne Honda wäre ich nicht hier»
Stefan Bradl gestern in Indy
LCR-Honda-Pilot Stefan Bradl will in Indy seine Aufholjagd starten, um vom enttäuschenden neunten WM-Rang wegzukommen.
Momenten sieht es vor ihm in der Tabelle so aus:
4. Andrea Dovizioso 99 Punkte.
5. Jorge Lorenzo 97.
6. Aleix Espargaró 77.
7. Pol Espargaró 67.
8. Andrea Iannone 62.
9. Stefan Bradl 56.
Auf Platz 10 liegt Alvaro Bautista mit 50 Zählern, Bradley Smith hält bei 48.
Stefan, du wolltest vor dem Indianapolis-GP Klarheit über deine Zukunft haben und hast dich für Forward-Yamaha entschieden. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?
Ich wollte in der Woche nach dem Sachsenring weitgehend Klarheit haben. Beim deutschen WM-Lauf ist mir restlos klar geworden, dass ich dringend eine Alternative zu LCR-Honda brauche.
Das Forward-Paket hat mich von Anfang an überzeugt, es war technisch die beste Alternative zu LCR-Honda, vermutlich schlagkräftiger als Aprilia, Suzuki, Pramac-Ducati und so weiter. Man sieht das an den Ergebnissen, die Aleix in diesem Jahr erreicht hat. Das ist ein technisch gutes Team; sie sind gut aufgestellt. Ich habe mich sofort willkommen gefühlt. In den ersten August-Tagen haben wir uns dann endgültig auf einen Deal geeinigt.
Es war von Anfang an ein sehr netter und angenehmer Kontakt. Wir haben uns sofort gut verstanden, wir verfolgen ähnliche Ziele, wir sind uns in kurzer Zeit über alle Details einig geworden.
Für 2015 ist das ein recht schlagkräftiges Paket.
Du hast nur einen Ein-Jahres-Vertrag unterschrieben?
Ja, Forward ist mir auch bei der Vertragsdauer entgegen gekommen. Es kommen neue Werke in die MotoGP, deshalb wollte ich mich nicht von vornherein zu lange binden.
Aber innerlich gehe ich von zwei Jahren aus, wenn nicht irgendein Hammer-Angebot für 2016 kommt.
Das Ziel wird sein, die Open-Class zu gewinnen?
Ja, und das wird sicher nicht einfach. Bisher weiss man nicht, wer auf den vier oder fünf Open-Honda sitzen wird.
Ducati fährt auch 2015 in der Factory-Class, auch mit den zwei Pramac-Piloten. Dafür kommen neben den Honda zwei Ducati GP14 in der Open-Class bei Avintia neu dazu.
Ja, die Open-Class wird 2015 sicher härter umkämpft sein als 2014. Und dazu kommen die vier neuen Factory-Bikes von Suzuki und Aprilia. Es wird spannend, das Feld rückt noch näher zusammen.
Hast du irgendwann ernsthaft um die Fortsetzung deiner MotoGP-Laufbahn gezittert?
Nein, es gab immer einen Plan B und einen Plan C. Nach dem Sachsenring-GP ging es im Transfergeschäft drunter und drüber. Forward war vom ersten Tag an sehr stark an mir intersssiert.
Ich war erleichtert, als sich dieser Deal dann abgezeichnet hat, denn bei LCR-Honda kamen immer wieder neue Fahrernamen aufs Tapet.
Die Erleichterung war da, als dann die Zukunft besiegelt wurde.
Mein eigener Anspruch ist jetzt sehr stark, die WM-Position noch zu verbessern und 2014 noch gute Rennen zu zeigen.
Denn das LCR-Team und das Werk Honda haben verdient, dass ich mich bis zur letzten Rennrunde in Valencia noch reinhänge.
Ich werde Honda immer dankbar sein. Ohne HRC wäre ich nach der Saison 2011 auf keinen Fall mit so einem konkurrenzfähigen Motorrad bei einem so starken Team in die MotoGP-WM gekommen.
Honda hat mich in die MotoGP geholt. Ich weiss nicht, ob ich es in den letzten zweieinhalb Jahren ohne Honda in die MotoGP-Klasse geschafft hätte.
LCR und Honda haben mir immer ein schlagkräftiges Paket hingestellt. Leider sind die Erwartungen von meiner Seite ganz klar nicht erfüllt worden, besonders in der Saison 2014.
Aber ich werde mein Bestes geben. Ich will jetzt noch zeigen, welches Potenzial in mir steckt.
Nächstes Jahr beginnt dann ein neuer Karriereabschnitt.
Es reizt dich auch, einmal eine M1-Yamaha zu probieren?
Ja, das ist eine neue Herausforderung. Ein anderes Motorrad, ein komplett anderes Motorenkonzept, Reihenmotor statt V4.
Viele behaupten, das Fahrwerk der M1 sei sehr gut. Ich bin natürlich gespannt. Es wird noch drei Monate dauern, bis ich dieses Motorrad erstmals fahren darf.
Für mich ist das Wichtigste jetzt das Rennen in Indy.
Die Dinge neben der Rennstrecke sind jetzt geklärt; das ist sehr wichtig. Jetzt haben wir alle miteinander wieder einen freien Kopf. Wir werden uns weiter anstrengen.
Im Team herrscht Verständnis für meinen Schritt. Crew-Chief Beefy Bourguignon hat gesagt, er will in diesem Jahr mit mir noch aufs Podest steigen...
Die Open-Vorteile mit vier Liter mehr Sprit, zwölf statt fünf Motoren und den weicheren Hinterreifen, die kannst du nächstes Jahr mal auskosten?
Ja, man sieht, Aleix Espargaró ist als Sechster in einer ausgezeichneten WM-Position. Er hat bei allen Rennen sehr gute Ergebnisse erzielt – er hat bei neun Rennen neunmal gepunktet. Er hat die Vorteile der Open-Class clever genützt.
Es wird sicher für mich 2015 interessant, einmal die weicheren Hinterreifen zu probieren. Ich sehe in der Open-Class keine Nachteile.
Manche Fans bezeichnen deine Entscheidung als Abstieg, vom grössten zum zweitgrössten Werk, zu einem Team, das erst die dritte MotoGP-Saison absolviert.
Forward hat eine beachtliche Engineering-Abteilung. Aleix ist mit dem Eigenbau-Chassis in Deutschland am Freitag die drittbeste Zeit gefahren – bei der ersten Ausfahrt damit.
Yamaha will 2015 wieder die Open-Class gewinnen. Vielleicht kann ich mich bei diesem Vorhaben nützlich machen.
Alex De Angelis fährt ab Brünn fünf Rennen für Forward, er ersetzt Colin Edwards. Vielleicht wird er 2015 dein Teamkollege?
Das wäre für mich nicht so verkehrt. Vielleicht kommt ja auch Bautista? Ich hätte nichts gegen einen starken Teamkollegen.
Bei den ersten Gesprächen mit Forward warst du noch als Partner von Aleix Espargaró vorgesehen. Jetzt bist du quasi die Nr. 1. Denn Bautista wird wohl Honda fahren; es sind neben De Angelis Fahrer wie van der Mark, Petrucci und Aegerter im Gespräch.
Ich weiss nur, dass mir das Team konkurrenzfähiges Material anbieten wird. Forward baut auch selbst Chassis und Schwingen. Das hört sich vielversprechend an.
Ducati wird 2015 stärker sein. Forward-Teambesitzer Cuzari traut dir einen Top-6-Platz zu.
Ein WM-Rang zwischen 6 und 8, das ist ein realistisches Ziel. Das wird angepeilt. Ich muss unbedingt beständiger werden.