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Diego Gubellini (Aprilia): «Möglichst oft in Top-Ten»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl und Diego Gubellini

Stefan Bradl und Diego Gubellini

Aprilia bringt für die Saison 2016 einen neuen Motor und will die Werksmaschine 10 kg abspecken. Stefan Bradls Crew-Chief Diego Gubellini hat hohe Erwartungen.

Der Italiener Diego Gubellini (40) ist seit 19 Jahren Techniker im MotoGP-Team bei Fausto Gresini, das für vier Jahre ein Joint Venture mit Aprilia Racing abgeschlossen hat. Seit dem Indianapolis-GP agiert er als Crew Chief von Stefan Bradl.
Gubellini spricht über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen, die neue Werks-Aprilia und die Ziele für 2016.

Diego, der neue Aprilia-V4-Motor mit der gegenläufigen Kurbelwelle läuft seit Ende November auf dem Prüfstand. Das neue Motorrad wird ab 1. Februar beim Sepang-Test debütieren. Insgesamt soll die neue Aprilia RS-GP 10 kg leichter werden?

Ja, das ist einer der wichtigsten Punkte, wir müssen das Gewicht reduzieren. 2015 waren wir rund 10 kg über dem Mindestgewicht. Wir möchten möglichst nahe an das Limit von 157 kg herankommen.
Aprilia bemüht sich sehr, um den Motor leichter zu machen. Auch alle Chassis-Teile werden so designt, dass sie abgespeckt und leichter gebaut werden können.

Wird sich das Limit erreichen lassen?

Auf dem Papier sieht es so aus. Aber es ist schwer, jetzt genaue Angaben zu machen, bevor das Motorrad endgültig startklar ist.

Du arbeitest zwischen den Rennen nicht im Aprilia-Werk, sondern bei Gresini?

Ja, im Grunde arbeite ich bei Gresini in Faenza. Da kümmere ich mich auch viel um die Logistik. Aber ich fahre regelmässig zu Aprilia Racing nach Noale zu Besprechungen mit den Ingenieuren. Dort wird diskutiert, was es Neues gibt und was zu tun ist.

Du hast bei Gresini schon viele Fahrer betreut, von Melandri über Redding bis zu Aoyama, Staring und Pirro. Wenn du Stefan Bradl mit anderen Piloten vergleichst, wie lautet dein Resümee?

Seine Herangehensweise ist ziemlich gut. Ehrlich gesagt, Stefan zählt zu meinen Lieblingsfahrern, weil er sehr ruhig und bei seinen technischen Aussagen sehr präzise ist.
Ausserdem ist er sehr ehrlich. Wenn er nicht sicher ist, gibt er das oft zu. Er sagt dann: «Hm, wir müssen das noch einmal probieren.» Das ist besser für uns, als wenn er uns etwas vorspielt und wir dann in eine falsche Richtung marschieren. Das hilft uns sehr im Team, das Motorrad besser zu machen.
Manchmal erklärt der Fahrer nicht, was in technischer Hinsicht beim Fahren auf dem Motorrad passiert, sondern er fühlt nur, wie sich das Motorrad benimmt.
Bei Stefan ist das anders. Wenn er beim Fahren auf dem Motorrad in einem Bereich Probleme spürt, hat er immer auch gleich eine Erklärung dazu. Er ist also sehr sensitiv und präzise, was die Technik angeht.

Stefan hat bei den neun Grand Prix mit Aprilia meistens im Training besser abgeschnitten als im Rennen. Aber in Malaysia lief es perfekt – Platz 10. Du warst sicher überrascht, als er nach der ersten Runde plötzlich an achter Stelle lag?

(Er lacht). Ja, wirklich, das kann man sagen. Stefan ist in der Startrunde immer sehr schnell. In Sepang hat er ungefähr fünf oder sechs Plätze wettgemacht in der ersten Runde.
Er sagte auch gleich beim ersten Rennen, dass unser Motorrad beim Start sehr gut funktioniert. Denn wir haben gute Leistung im unteren Drehzahlbereich und kein Wheelie-Problem. Auch das Gefühl mit der Kupplung war immer sehr gut für ihn.

Aprilia verfolgt beim MotoGP-Motor ein ganz anderes Konzept als der Erzrivale Ducati. Aprilia legt viel Wert auf Drehmoment und nutzbare Leistung. Ducati geht es um maximale Power und Top-Speed?

Ja, der Charakter unseres Motors unterscheidet sich recht stark vom Charakter von Ducati, auch von Honda.
Im Grunde hat unser Motorrad ein gutes Drehmoment, die Leistungsentfaltung ist recht linear. Ja, es fehlt Power im Spitzenbereich, aber dafür ist unser Motorrad besser fahrbar.
Ein Rennmotorrad besteht immer aus Kompromissen. Wir wollen eine gute Fahrbarkeit erreichen. Dazu muss man vielleicht andere Aspekte opfern.

In der Saison 2015 war bei Aprilia der Reifenverschleiss sehr hoch. Aber mit 10 kg weniger Gewicht sollte sich das ändern?

Ja, der erste Eindruck mit Michelin ist gut. Wir sind jetzt in Aragón, Valencia und Jerez mit Michelin gefahren. Stefan belastet beim Fahren den Hinterreifen stärker als den Vorderreifen.
Ich denke, Stefan wird mit den Michelin weniger leiden als manche andere Fahrer. Er wird einen kleinen Vorteil damit haben, da unser Schwachpunkt bisher der Hinterradgrip war.

Wenn in der Saison 2016 alles so klappt, wie du dir das vorstellst, wenn also das Bike 10 kg leichter ist, wenn Stefan Bradl noch mehr Vertrauen findet, was erwartest du dann in der nächsten Saison von ihm?

Hm, das ist momentan schwer zu sagen. Unser Ziel ist es, immer zwischen dem 10. und 15. Platz zu sein.
Beide Fahrer sind schon in der Saison 2015 oft in diesem Bereich gewesen. Nächstes Jahr sollen Alvaró und Stefan in den Rennen so oft wie möglich in die Top-Ten fahren. Das ist das Ziel von Aprilia.

Auch das Qualifying 2 soll nächstes Jahr möglichst oft erreicht werden, also Startplätze in den Top-12?

Ja, wir können uns 2016 im Qualifying manchmal für das Q2 qualifizieren und dann in den Rennen von besseren Startpositionen losfahren. Das wäre für die Rennen sicher hilfreich.
Wir müssen auch bedenken, dass nächstes Jahr mehr echte Factory-Bikes am Start stehen werden. Es gibt keine Open-Class-Motorräder mehr, das Feld wird vom Material her noch ausgeglichener sein. Dazu kommen mehr Werks-Ducati, insgesamt acht. Diese GP14.2-Maschinen haben 2015 gute Erfolge erreicht... Die Fahrer auf diesen Bikes sind auch nicht schlecht, Barbera, Baz, Hernandez, Laverty.

Dazu kommt noch das Pramac-Team auf den GP15-Bikes mit Petrucci und Redding?

Ja, für mich wird der Level in der MotoGP 2016 auf jeden Fall noch einmal höher werden. 2015 gab es oft grosse Unterschiede zwischen der Spitze und den Nachzüglern. 2016 wird alles noch enger zusammenrücken.

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