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Lucy Michel: «Typen mit Schräglage wie ein Traktor»

Von Esther Babel
Um einen Punkt verpasste Lucy Michel die Top-15 in der Gesamtwertung der Frauen-Weltmeisterschaft. 2025 will die Sächsin wieder dabei sein und schmiedet bereits Pläne.

Aus einer ordentlichen Sause anlässlich des WM-Finales im spanischen Jerez wurde es bei der deutschen Teilnehmerin in der 2024 ins Leben gerufenen Frauen-Weltmeisterschaft WCR, Lucy Michel, nichts. Kaum über die Ziellinie gerauscht, ging es auf direktem Weg Richtung Flughafen, um die Heimreise anzutreten. Aber nicht, um sich dort nach einem herausfordernden Wochenende erst einmal zu erholen, sondern stattdessen, um um 5 Uhr am Montagmorgen wieder aus dem Bett zu springen. «Um 6 Uhr geht mein Zug zur Schule», meint Michel achselzuckend. Bei ihrer Ausbildung zur Röntgen-Assistentin geht es im stetigen Wechsel zwischen Arbeitsplatz und Schulbank hin und her. Die Abschlussprüfung winkt dann im Sommer kommenden Jahres.

Am Sonntag absolvierte Michel ihre beiden letzten Läufe der Saison und beendete damit ihr erstes Jahr in der Frauen-Weltmeisterschaft. Ein großes Abenteuer, wie sie gegenüber SPEEDWEEK.com versicherte. «Am Anfang war es stressig», gibt Michel zu und lobt vor allem bei der Organisation den Einsatz ihrer Mutter. «Es war ja alles neu und wir mussten die ganzen Flüge buchen und nach Übernachtungsmöglichkeiten suchen.» Auch da ging es im Team um Michel und ihren Teamchef Stefan Laux kostenbewusst zu. In der Regel verzichtete man auf kostspielige Hotels und war als Selbstversorger in einer Ferienwohnung untergebracht.

«Auch als Team haben wir dazugewonnen», ist sich Michel sicher. «Vorher waren wir ja nur in Deutschland unterwegs und jetzt in ganz Europa. Das war cool. Wir hatten zwar nicht viel Zeit, aber die Erfahrungen kann uns keiner nehmen.» WM-Promoter Dorna hatte vor und auch während der Premieren-Saison kräftig über alle Kanäle für die neue WM-Klasse geworben. Ein Effekt, der auch im Umfeld von Lucy Michel spürbar war. «Sogar meine Lehrer in der Schule wussten Bescheid», freut sich die 19-Jährige, «und haben sich das zum Teil angeschaut. Ich habe zahlreiche neue Follower in den sozialen Medien und ich wurde oft drauf angesprochen und viel gefragt. Das Marketing für die Serie hat perfekt funktioniert.»

«Am Anfang waren im Netz leider auch einige Hater unterwegs», berichtete Michel über die Schattenseiten. «Da habe ich einige böse Nachrichten über Instagram erhalten. Da dachte ich mir, warum schreibst du mir, wenn es dich eh nicht interessiert. Einige fragten, was das mit der Frauen-WM soll und dass wir sowieso nicht fahren können. Aber das hat mich nicht belastet. Klar ärgert man sich kurz, aber dann schaut man sich die Bilder von so Typen an, die auf dem Motorrad eine Schräglage wie ein Traktor haben und da braucht man sich nicht ärgern. Man muss mit dem, was man macht, in erster Linie selbst zufrieden sein.»

Und ist sie zufrieden? «Schon», hielt Michel fest. «Vor allem mit den ersten Rennen. Hinten raus wurde es dann schwer auf den ganzen unbekannten Strecken wie Estoril oder Portimao. Da sind 25 Minuten Training kurz, um sich auf so eine Strecke einzufuchsen. Auch wenn es zum Schluss mit den Punkten nicht hingehauen hat, sehe ich bei mir selbst die Verbesserungen. Also ja, im Allgemeinen bin in zufrieden.»

«Wobei», schickt sie gleich hinterher, «ist man als Rennfahrerin nie wirklich zufrieden. Ana und Maria haben an der Spitze Zeiten vorgelegt, da konnte man sehen, was geht. Und am Sonntagabend nach den Rennen liegt man dann im Bett und kann nicht einschlafen, weil man sich fragt, warum man da nicht später gebremst hat oder dort nicht vielleicht besser links vorbeigegangen wäre.»

Dass Lucy Michel auch vor großen Tieren keine Bange hat, bewies sie beim Finale in Jerez. «Wir standen mit unserem Motorrad in der Boxengasse immer vor der Bonovo-Box», so Michel. «Und die Superbike-WM war immer vor uns dran und da waren die Fahrer dann immer noch in der Box. Scott Redding kam dann mal raus und hat geschaut, was wir da so machen. Da habe ich ihn gefragt, ob wir zusammen ein Foto machen können. Und er hat gleich ja gesagt.»

Auch wenn Lucy Michel hier und da Verbesserungspotenzial sieht, lagen sie und ihr Team bei der Premieren-Saison in keiner Beziehung total daneben. «Dafür bin ich meinem Team um Stefan Laux sehr dankbar. Und dass unsere Sponsoren so gut mitgezogen sind.» Die Strecken waren zwar zum großen Teil neu, doch im Blindflug war die Yamaha-Pilotin nicht unterwegs. Schon im Vorfeld hatte sie die jeweiligen Strecken auswendig gelernt und wusste, wo es langging. Sportlich und körperlich fühlte sich Michel gut vorbereitet. Nach den ersten Testfahrten zum Jahreswechsel 2023/2024 wusste sie, was Sache war, und hatte beim Krafttraining noch eine Schippe draufgelegt. «Beim Richtungswechsel in Schikanen habe ich einen kleinen Nachteil», weiß Lucy. «Die anderen haben mehr Oberkörper, den sie einsetzen können.»

Gemeinsam mit Stefan Laux soll das WM-Abenteuer 2025 weitergehen. «Dass mit dem Training auf den Strecken wollen wir auf jeden Fall verbessern», schmiedet sie bereits erste Pläne. Ein Selbstläufer wird die WM-Nummer, vom nötigen Sponsorengeld mal abgesehen, nicht. «Soweit ich weiß, sind die Top-15 automatisch wieder dabei», erklärt sie. «Ich bin in der Endabrechnung auf Platz 16, ein Punkt hat mir gefehlt. Daher muss ich mich neu bewerben.»

Ergebnis Supersport- WM Jerez, Rennen 2:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Sara Sanchez (E) Yamaha
2. Beatriz Neila Santos (E) Yamaha + 0,368 sec
3. Ana Carrasco (E) Yamaha + 0,639
4. Roberta Ponziani (I) Yamaha + 0,722
5. Francisca Ruiz Vidal (E) Yamaha + 1,039
6. Chloe Jones (GB) Yamaha + 10,927
7. Tayla Relph (AUS) Yamaha + 14,987
8. Jessica Howden (ZA) Yamaha + 17,280
9. Mallory Dobbs (USA) Yamaha + 17,345
10. Isis Carreno Avila (RCH) Yamaha + 17,345
11. Ornella Ongaro (F) Yamaha + 29,537
12. Andrea Sibaja (E) Yamaha + 30,071
13. Jamie Hanks-Elliott (GB) Yamaha + 30,467
14. Ran Yochay (IL) Yamaha + 30,501
15. Astrid Madrigal (MEX) Yamaha + 30,717
16. Adela Ourednickova (CZ) Yamaha + 31,085
17. Emily Bondi (F) Yamaha + 34,298
18. Lucy Michel (D) Yamaha + 35,887
19. Lena Kemmer (A) Yamaha + 38,840
20. Sara Varon (COL) Yamaha + 46,543
21. Sonya Lloyd (USA) Yamaha + 46,845
22. Luna Hirano (J) Yamaha + > 1 min
- Maria Herrera (E) Yamaha
Ergebnis Frauen-WM Jerez, Rennen 1:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Maria Herrera (E) Yamaha
2. Ana Carrasco (E) Yamaha + 0,585 sec
3. Beatriz Neila Santos (E) Yamaha + 0,606
4. Roberta Ponziani (I) Yamaha + 14,322
5. Francisca Ruiz Vidal (E) Yamaha + 19,733
6. Chloe Jones (GB) Yamaha + 19,974
7. Tayla Relph (AUS) Yamaha + 31,675
8. Jessica Howden (ZA) Yamaha + 35,683
9. Mallory Dobbs (USA) Yamaha + 35,857
10. Isis Carreno Avila (RCH) Yamaha + 36,268
11. Ran Yochay (IL) Yamaha + 47,667
12. Ornella Ongaro (F) Yamaha + 47,724
13. Astrid Madrigal (MEX) Yamaha + 47,837
14. Jamie Hanks-Elliott (GB) Yamaha + 49,205
15. Lena Kemmer (A) Yamaha + 49,372
16. Sara Varon (COL) Yamaha + 49,831
17. Lucy Michel (D) Yamaha + > 1 min
18. Andrea Sibaja (E) Yamaha + > 1 min
19. Luna Hirano (J) Yamaha + > 1 min
- Sara Sanchez (E) Yamaha
- Adela Ourednickova (CZ) Yamaha
- Emily Bondi (F) Yamaha
- Sonya Lloyd (USA) Yamaha
Frauen-WM 2024: Stand nach 12 von 12 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Ana Carrasco (E) Yamaha 244
2. Maria Herrera (E) Yamaha 215
3. Sara Sanchez (E) Yamaha 191
4. Beatriz Neila Santos (E) Yamaha 172
5. Roberta Ponziani (I) Yamaha 135
6. Francisca Ruiz Vidal (E) Yamaha 112
7. Tayla Relph (AUS) Yamaha 83
8. Astrid Madrigal (MEX) Yamaha 60
9. Ran Yochay (IL) Yamaha 56
10. Ornella Ongaro (F) Yamaha 55
11. Mallory Dobbs (USA) Yamaha 45
12. Isis Carreno Avila (RCH) Yamaha 42
13. Adela Ourednickova (CZ) Yamaha 39
14. Chun Mei Liu (RC) Yamaha 31
15. Emily Bondi (F) Yamaha 31
16. Lucy Michel (D) Yamaha 30
17. Jessica Howden (ZA) Yamaha 25
18. Andrea Sibaja (E) Yamaha 20
19. Chloe Jones (GB) Yamaha 20
20. Avalon Lewis (NZ) Yamaha 19
21. Nicole Van Aswegen (ZA) Yamaha 17
22. Lena Kemmer (A) Yamaha 17
23. Luna Hirano (J) Yamaha 13
24. Jamie Hanks-Elliott (GB) Yamaha 7
25. Krystal Silfa (DOM) Yamaha 1

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