War das Schlamm-Chaos Indonesiens vorhersehbar?
Track Marshalls, Helfer und Betreuer versuchen während des Rennens, steckengebliebene Bikes zu bergen
Der zweite Lauf der Motocross-WM versank im Schlamm von Indonesien. Es gab viele Verlierer und nur wenige Gewinner.
Für die Teams ist es ein enormer logistischer Aufwand, mit ihrem Equipment die Erdkugel zu umrunden.
Viele Teams traten deshalb gar nicht erst an.
Aus diesem Grund stand in Katar und Indonesien kein einziger deutscher MX2-Pilot am Start, obwohl es mit Brian Hsu und Henry Jacobi zwei konkurrenzfähige WM-Piloten gibt. Auch der MXGP-Pilot und MX-Masters-Sieger Dennis Ullrich bekommt keine Chance, bei Überseerennen zu starten.
Motocross ist ein Outdoor-Sport. Es gab schon immer Schlammrennen und es wird sie auch künftig immer wieder geben. Aber das Rennen in Indonesien endete in einem Desaster, das es so noch nicht gegeben hat.
Das war aber weder Zufall noch Schicksal. Denn das Chaos war vorhersehbar.
In den meisten Regionen von Indonesien herrscht von Oktober bis April Regenzeit, die feucht und schwül ist. Genau zu dieser Zeit ein Outdoor-Rennen zu veranstalten, ist - freundlich formuliert - mutig.
Es war vorhersehbar, dass es in Indonesien während der Regenzeit regnet.
Dazu kommen die eilig zusammengeschobenen Retortenstrecken im Flachen. Der zusammengekarrte Boden ist nicht genügend verdichtet, dass das Wasser zügig abfließen kann. Der Boden saugt sich voll wie ein Schwamm. Das Ergebnis war zu sehen. Auch sportlich ging es grenzwertig zu. Hatte wirklich noch jemand die Übersicht, welcher Track-Marshall welchem Fahrer aus der Schlammpampe geholfen und damit fremde Hilfe in Anspruch genommen hat? War die Sicherheit der Track-Marshalls, die sich überwiegend auf statt neben der Strecke aufhielten, noch gewährleistet?
Das Rennen in Indonesien reiht sich ein in eine Liste problematischer Asien-Events. Benzin-Skandal in Thailand 2014 und Virusinfektionen mehrerer Fahrer. 2015 kollabierten einige MX2-Fahrer in der Gluthitze Thailands. 2016 erklärte Ben Townley das Rennen als 'unwürdig'. Und nun die Schlammwüste von Indonesien.
Begründet wird der Asien-Ausflug mit 'Marketing-Interessen der Hersteller'. Und es ist richtig: Indonesien, Malaysia und andere asiatische Länder sind Wachstumsmärkte für die Motorradindustrie.
Aber es fehlt die Basis, auch wenn der Indonesier Farhan Hendro Fahrodjie (Kawasaki) auf Platz 20 einen WM-Punkt ergatterte. Er hatte 4 Runden Rückstand auf Sieger Shaun Simpson (Yamaha) und seine beste Rundenzeit war fast eine Minute langsamer als die des Siegers. Bei allem Respekt vor der Leistung der indonesischen Fahrer, die sich auch durch den Schlamm quälten: Das ist nicht das Niveau eines Weltmeisterschafts-Prädikats.
Es ist richtig: Die Bedingungen waren für alle Fahrer gleich. Aber mitten auf der Strecke liegende oder steckengebliebene Bikes, Marshalls, Helfer, Mechaniker, Sanitäter, die sich während des Rennens auf der Strecke befanden. Das waren keine regulären und fairen Bedingungen mehr.
Und es stimmt: Eine Weltmeisterschaft ist keine Europameisterschaft, die nur auf dem europäischen Kontinent stattfindet. Aber bleibt bei diesen interkontinentalen Ausflügen noch die Verhältnismäßigkeit gewahrt?
Die FIM-Supercross-WM findet nur in den USA und in Kanada statt. Aus dem einfachen Grund, weil es woanders keine geeigneten Stadien gibt. Nächtliche Wüstenrennen und Schlammschlachten auf eilig zusammengeschobenen Strecken im Monsunregen Asiens schaden deshalb mehr als sie nutzen.
So, wie es die großen Stadien eben auch nur in den USA gibt, gibt es in Europa und England viele attraktive, spektakuläre und traditionsreiche Naturstrecken, die nicht nur WM-würdig sind, sondern auch viele Zuschauer aktivieren. Dass es z.B. in Österreich, dem Heimatland des mittlerweile bedeutendsten Offoad-Motorradherstellers, seit Jahren keinen Motocross-Grand-Prix mehr gibt, ist mehr als schade. In Sittendorf gab es auch häufig Schlamm, doch das Chaos von Indonesien war beispiellos.