Keselowski: Der bescheidene Meister
Unvergesslich: Keselowski feiert
Das Bild des frisch gekrönten Sprint-Cup-Champions Brad Keselowski, der mit einem riesigen Bierglas der jubelnden Fan-Masse zuprostet, werden die NASCAR-Fans so schnell nicht wieder vergessen. Der neue Meister symbolisiert nicht nur die Jugend, sondern in gewisser Hinsicht auch den einfachen Mann – und damit zwei Gattungen, die in den letzten sieben Jahren in der Stockcar-Szene Mangelware waren.
Auch wenn Keselowski mit 28 Jahren nicht der jüngste NASCAR-Meister der Geschichte ist, bleibt er 13 Jahre jünger als sein Vorgänger Tony Stewart und acht Jahre jünger als der fünffache Champion Jimmie Johnson. Mit seiner Leidenschaft für neue Kommunikationsmittel wie Twitter erreicht er auch ein junges, modernes Publikum, das in der NASCAR zuvor schmerzlich vermisst wurde.
Dabei hatte Keselowski den Titel gar nicht im Visier. In nur drei Jahren mauserte er sich vom Junior-Mitglied des Penske-Racing-Teams zum Teamleader. «Als Kind habe ich nie davon geträumt, Sprint-Cup-Champion zu werden», gestand der Meister im Interview mit SpeedTV. «Ich wollte einfach ein Typ werden, der in den Truck-Series-Rennen gewinnt, von mehr wagte ich gar nicht erst zu träumen. Doch dann eröffneten sich verschiedene Möglichkeiten, ich bekam die Chance für James Finch im Team Phoenix Racing in Talladega anzutreten, mit Rick Hendrick, und so wuchsen auch meine Ziele. Es ist überwältigend, wie sich die Dinge entwickelt haben. Ich habe mehr erreicht, als ich je zu träumen gewagt habe und finde, ich kann mich sehr, sehr glücklich schätzen.»
Brad brauchte nur 125 Rennen, um sich an die NASCAR-Spitze zu arbeiten. Man muss schon weit in den Statistikbüchern zurückblättern, um einen Piloten zu finden, der das in weniger Rennen schaffte: 1993 durfte Jeff Gordon schon nach 93 NASCAR-Rennen den Titel bejubeln.
Den Startschuss für seine Karriere bekam Brad von seinem Vater Bob, einem ARCA-Series-Piloten aus Detroit. Dass er in eine Rennfahrer-Familie hineingeboren wurde, war für Brad Keselowski Fluch und Segen zugleich: «Ich kam aus einem Familien-Rennstal. Das ist manchmal grossartig, zuweilen aber auch schlimm. Auf der positiven Seite steht, dass man sich auf jeden Einzelnen verlassen kann. Egal, was passiert, man ist immer gemeinsam – ob man will oder nicht. Die negative Seite ist, dass man manchmal sehr emotional wird, und dann Sachen sagt und macht, die man in Gegenwart von anderen unterlassen würde.»
Sich in ein anderes Team einfinden war eine der Herausforderungen, die Keselowski meistern musste, als er aus dem geschützten Rahmen seines Familien-Teams kam: «Ich musste herausfinden, wie ich das Beste aus beiden Welten für mich nutzen konnte. Wie man sich in eine Gruppe einfügt, in der jeder Respekt für den anderen empfindet, die man sich aber schwerlich als Familie vorstellen kann, und die trotzdem die Motivation hat, hinter dir zu stehen. Ich musste erst lernen, dass Teamwork unabdingbar ist, wenn man erfolgreich sein will, dass kein Mensch allein stark, schnell und schlau genug ist, zusammen aber Alles möglich ist.»