Schande von Australien: Jetzt wird durchgegriffen
Seit Jahren laufen die Fahrer beim Saisonauftakt in Australien wegen mangelhafter Reifen Sturm. Man gewinnt den Eindruck, Alleinausrüster Pirelli habe aus den Fehlern nichts gelernt.
Phillip Island ist ein schwieriges Pflaster: Die Mischung aus dem speziellen Streckenlayout mit seinen schnellen Kurven, dem Asphalt, den Temperaturen und dem Wind am Meer verlangt den Reifen alles ab.
Pirelli mag viel der Kritik verdient haben, zwei Fakten bleiben aber: Zahlreiche Teams halten sich nicht an den vorgeschriebenen Mindestluftdruck. Und im Gegensatz zur Formel 1 machen sich einige Fahrer und Teams keine Gedanken um die Lebensdauer ihrer Reifen und gehen mit der Motorrad-Abstimmung so ans Limit, als gäbe es den einschränkenden Faktor Reifen nicht.
«Wenn der Luftdruck im Reifen nicht stimmt, kann er auch nicht optimal funktionieren», verdeutlichte Pirelli-Rennchef Giorgio Barbier. «Gerade auf einer so kritischen Rennstrecke wie Phillip Island.»
Tatsache ist aber auch: Immer wieder tauchen «Montagsreifen» auf. Viele Experten vermuten, dass die Lagerung in nicht klimatisierten Containern, der wochenlange Schiffstransport übers Meer und die damit verbundene salzhaltige Luft dem Gummi stark zusetzen.
Das Supersport-Rennen in Australien wurde nach mehreren Reifenschäden im Training auf 16 Runden verkürzt und ein Zwangsboxenstopp mit Reifenwechsel angeordnet.
Das Rennen wurde in Runde 3 nach Stürzen von Michael Canducci und Hannes Soomer abgebrochen und über nur noch neun Runden neu gestartet – damit hatte sich der Boxenstopp erledigt.
Den sahen wir dafür im zweiten Superbike-Rennen am Sonntagnachmittag, nachdem es auch in der 1000er-Klasse Probleme gab – Yonny Hernandez flog mit Reifenschaden spektakulär ab.
Was sind die wahren Ursachen?
Mit jedem Saisonbeginn tauchen die gleichen Fragen auf: Wann stellt Pirelli endlich Reifen zur Verfügung, mit denen es keine Probleme gibt? Und wann haut WM-Promoter Dorna auf den Tisch, um solche Peinlichkeiten zu vermeiden?
«Wir warten noch auf den finalen Bericht von Pirelli», verriet Daniel Carrera, SBK Managing Director, SPEEDWEEK.com. «Traten die Probleme auf, weil mit zu geringem Luftdruck gefahren wurde? Gab es Produktionsprobleme oder Probleme mit der Verschiffung der Reifen von der Fabrik zur Rennstrecke? Wir haben bereits entschieden, dass die Prioritäten für Phillip Island geändert werden. Das ist eine spezielle und für die Reifen sehr fordernde Strecke. Es gibt viele sehr schnelle Kurven mit viel Schräglage. Die Fahrer wollen immer schnellere Reifen, aber wir werden darauf achten, dass die Reifen die Renndistanz überstehen. Pirelli arbeitet bereits an einer neuen Gummimischung. Vielleicht sind die Rundenzeiten damit langsamer, aber das ist uns egal. Vorkommnisse wie dieses Jahr können wir uns nicht noch einmal leisten. Im August gibt es die ersten Tests mit der neuen Gummimischung, bei den Rennen in Portimao wird sie erstmals zum Einsatz kommen.»
Damit sich die Teams an den von Pirelli vorgeschriebenen Luftdruck halten, gibt es seit Saisonbeginn stichprobenartige Kontrollen mit Strafen bei Nichteinhaltung. Um alle Schlupflöcher zu schließen, «werden wir so schnell wie möglich Luftdrucksensoren vorschreiben», hielt Carrera fest. «Ab Assen oder Imola. Pirelli sagte uns, dass eines der größten Probleme ist, dass einige Teams mit zu geringem Luftdruck fahren. Wir sind uns diesbezüglich nicht sicher, wollen aber so viele Ursachen wie möglich im Vornherein ausgrenzen. Wenn alle mit dem gleichen Luftdruck fahren, fällt diese Ursache weg, falls Probleme auftreten.»
Wer trägt die Kosten dafür? Carrera: «Pirelli ist bereit, einen großen Beitrag zu leisten. Viele der Motorräder haben bereits Luftdrucksensoren. Wir müssen schauen, ob sie zu dem System passen, das wir einführen wollen. Bis wir das System haben, werden wir weiterhin stichprobenartige Kontrollen durchführen.»