Verlässt Chaz Davies Ducati? Zweifel an der neuen V4
Seit der Ducati 1098 hat in der Superbike-WM kein neues Motorrad mehr vom Fleck weg die Weltmeisterschaft gewonnen. Troy Bayliss gewann 2008 das erste Rennen in Katar und wurde mit elf Siegen zum dritten Mal Champion.
Aprilia schaffte 2009, im ersten Jahr der RSV4, mit Max Biaggi immerhin einen Sieg, neun Podestplätze und WM-Rang 4 – 2010 wurde der Römer Weltmeister.
Von den aktuellen Motorrädern ist die neue Honda Fireblade vom Titelgewinn weit entfernt, nach eineinhalb Jahren wurde noch nicht mal ein Podestplatz erreicht. Ducati hat mit der 1199 Panigale zweieinhalb Jahre bis zum ersten Sieg gebraucht, Yamaha mit der neuen R1 ebenfalls. Einen Titel haben alle drei keinen gewonnen und werden es angesichts der Leistungen von WM-Leader Jonathan Rea auch dieses Jahr nicht tun. Der Nordire aus dem Kawasaki-Werksteam liegt nach 14 von 26 Läufen bereits 65 Punkte voraus, obwohl er in Brünn nach einem Sturz im zweiten Rennen einmal leer ausging.
Kawasaki hat in den letzten Jahren zwar ständig Upgrades der ZX-10R gebracht, das waren aber nie wirklich neue Motorräder, sondern immer nur Evolutionen des Vorgängermodells.
Ducati setzt in der Saison 2019 erstmals eine 1000-ccm-Vierzylinder-Maschine in der Superbike-WM ein, das Konzept des 1200-ccm-Twins ist ausgereizt, glaubt der Hersteller aus Bologna.
«Die neue V4 wird von Anfang an mindestens auf dem Level des jetzigen Bikes sein», ist Ducati-Teamprinzipal Stefano Cecconi überzeugt. «Das ist eine Rakete, der Motor ist wie in der MotoGP-Maschine GP15, er ist ausgereift. Aber ich verstehe die Bedenken der Fahrer. Wir haben in Brünn Gespräche mit Davies und Melandri aufgenommen. Bevor wir von ihnen keine Antwort haben, werden wir keine tieferen Gespräche mit anderen Fahrern führen, das wäre nicht seriös. Es gibt viele Anfragen aus dem MotoGP- und Superbike-Fahrerlager.»
Cecconi und Ducati Corse General Manager Gigi Dall’Igna betonen, dass sie mit Davies und Melandri weitermachen möchten.
Doch angesichts des neuen Motorrads sind sich die beiden Ausnahmekönner nicht sicher.
Wann ist die V4 siegfähig?
«Was die Marke und ihre Geschichte betrifft, möchte ich natürlich bei Ducati bleiben», unterstreicht Chaz Davies. «Ein Ducati-Fahrer zu sein, ist etwas Besonderes. Es gibt nichts, worüber man sich aus dieser Hinsicht beklagen könnte. Ich befinde mich Dank Ducati und Aruba in einem hervorragenden Umfeld mit fantastischen Menschen. Aber es ist offensichtlich, dass hinter dem neuen Bike ein Fragezeichen steht. Denn eine neue Maschine braucht immer Zeit, um weiterentwickelt zu werden. Ich muss mir die Frage stellen, ob ich dieses Risiko eingehen will. Es könnte uns eine lange Entwicklungsphase bevorstehen. Zwei Monate, sechs Monate oder ein Jahr. Das weiß man nicht. Es hat lange gedauert, um mit der aktuellen Maschine zu gewinnen. Man muss damit rechnen, dass es auch mit dem Nachfolgemodell so laufen kann.»
Der Waliser weiter: «Ich bin glücklich bei Ducati und auch mit Aruba, aber auf der anderen Seite muss ich bedenken, wie groß die Chance sein wird, 2019 Weltmeister zu werden. Ich muss die Risiken abwägen – es gibt ein Risiko. Mein Ziel ist, nächstes Jahr auf dem bestmöglichen Motorrad zu sitzen. Der Level in der Superbike-WM ist ausgesprochen hoch. Wenn ich Teil des V4-Projekts sein werde, dann muss ich davon überzeugt sein, dass ich mit diesem Motorrad nächstes Jahr gewinnen kann. Dass Ducati jetzt Gigi Dall’Igna und viel MotoGP-Technik hat, die Philosophie des V4-Motors stammt aus der MotoGP-WM, hilft. Ich glaube, dass Ducati mit dem neuen Motorrad auf einem höheren Level einsteigt, als wir mit dem jetzigen sind. Aber es geht nicht nur um den Motor. Es gibt so viele Variablen – das Chassis, die Schwinge und vieles andere –, das sind für mich die Fragezeichen. Den Motor halte ich für das berechenbarste Element. Gigi weiß, wie man einen schnellen Motor baut.»
Davies und Melandri bieten sich nur zwei Alternativen: Die Werksteams von Kawasaki und Yamaha. Sollte Tom Sykes Kawasaki verlassen, ist der 25-jährige WM-Dritte Michael van der Mark heißester Kandidat für den Platz neben Weltmeister Jonathan Rea. Davies und Rea mögen sich nicht, der Nordire hat bei Kawasaki den Wunsch deponiert, dass van der Mark kommt.
Angesichts eurer Vorgeschichte: Wäre es klug, neben Rea bei Kawasaki zu fahren? «Ich fürchte mich nicht davor», hob Davies hervor. «Ich ziehe jede Möglichkeit in Betracht, basierend auf dem, was ich auf der Rennstrecke sehe.»
Bei Yamaha stehen gute Piloten Schlange: Neben den aktuellen Werksfahrern van der Mark und Alex Lowes haben von den Toppiloten auch Davies, Melandri und Eugene Laverty angeklopft. Tom Sykes sieht sich in der besten Ausgangslage für einen Yamaha-Platz, sollte er das vorliegende Kawasaki-Angebot ablehnen.
Welchen Ausschlag gibt das Geld? «Wenn ein Team einen Fahrer wie mich haben möchte, der die Weltmeisterschaft die letzten drei Jahre in den Top-3 beendet hat, dann bezahlen sie ein Gehalt auf einem Level, das zu erwarten ist», erklärte Davies. «Zwischen den Topteams kann es Gehaltsvariationen geben, das hängt von der Situation ab. In der Superbike-WM gibt es aber keinen Hersteller der kommt und einen Fahrer haben möchte, egal was er kostet. Es gibt nicht eine Million oder mehr, das ist unrealistisch.»