Radikal: Kawasaki-Manager will totale Technikfreiheit
«Wir bekamen die neuen Regeln aufgebrummt, weil wir zu erfolgreich waren», stellte Yoshimoto Matsuda, der Vater der Kawasaki ZX-10R, nach der Saison 2017 fest. Jonathan Rea wurde damals zum dritten Mal Weltmeister, trotz der anschließend eingeführten Hindernisse wie das Drehzahllimit dominierte der Nordire auch 2018 und gewann als Erster vier SBK-Titel in Folge.
Entgegen der üblichen japanischen Zurückhaltung wettert der Superbike-Projektleiter auch gerne öffentlich gegen die Beschlüsse und Restriktionen von WM-Promoter Dorna und dem Motorrad-Weltverband FIM.
«Als Ingenieur und Senior-Manager des Kawasaki-Sportprogramms mache ich mir große Sorgen um die Zukunft der Superbike-WM», hält Matsuda fest. «Die Regeln sind keine technischen Regeln, sie haben enorme Auswirkungen auf die Meisterschaft selbst. Der Geist der Rennen hat sich verändert, der Promoter hat jetzt die Möglichkeit, direkten Einfluss auf die Rennergebnisse zu nehmen. Ich frage mich, ob die Meisterschaft damit attraktiv bleibt für die Fans.»
«Ich bin ein großer Rennsportfan, ich schaue mir Rennen an, seit ich ein Kind bin. Ich habe Fahrer wie Kevin Schwantz und Rainey bewundert. Als sie fuhren, waren die Motorräder sehr verschieden. Das gehört für die Fans zum Spektakel.»
«Rennsport muss fair und auf Augenhöhe sein, aber nicht mit identischen Maschinen. Wenn du als Ingenieur eine gute Idee hast und ein großartiges Motorrad baust, dann muss es auch erlaubt sein, dass du schnell bist. Wenn wir anfangen den Wettbewerb zu kontrollieren, ist das der Anfang vom Ende.»
Der Japaner schimpft nicht nur, er unterbreitet auch mögliche Lösungen: «Kawasaki ist ein Motorradhersteller, wir müssen uns Gedanken über die Zukunft der Motorradwelt machen. Es muss weiterhin erlaubt sein, dass man sich technischen Herausforderungen stellt und innovative Lösungen findet. Daraus ergeben sich für mich zwei logische Schritte.»
«Wenn in der Superbike-WM mit seriennahen Motorrädern gefahren wird, dann muss alles erlaubt sein, egal ob 1400 ccm oder ein Turbolader. Ein Turbolader bietet Vorteile, in der Beschleunigung ist man damit sehr stark. In Kurven stellt er einen aber vor riesige Herausforderungen. Man kann sich überlegen, ob man damit Rennen fahren möchte.»
«Alles, was in Serie verbaut ist, muss erlaubt sein.»
«Wir müssen uns auch über Elektrobikes Gedanken machen. Ich glaube nicht, dass sie sich durchsetzen werden, weil die Batterien zu groß sind. Aber wir können nicht verleugnen, dass es Elektroantriebe gibt. Also sollte es auch erlaubt sein, solche Antriebe zu nützen. Das wäre ein wichtiger Grund für Firmen zu investieren. Reine Elektroantriebe werden sich kaum durchsetzen, weil die Batterien zu schwer sind. Aber vielleicht sind Hybride die richtige Lösung.»
«Als in der MotoGP-Klasse von Zwei- auf Viertakter umgestellt wurde, sagte jeder, dass man mit einem Viertakter keine Chance haben wird. Heute sind die Viertakter schneller als die Zweitakter. Viertakter sind schwerer, deshalb prophezeite man ihnen eine schlechte Zukunft. Doch die Ingenieure fanden Wege, um die Motorbremse in den Griff zu bekommen. Die Technik hat sich in der Serie durchgesetzt, mit ihr werden heute Rennen bestritten.»
Wird Kawasaki Anstrengungen unternehmen, dass Turbolader in der Superbike-WM erlaubt werden?
«Nein, wir haben uns nie speziell für den Turbolader stark gemacht», unterstreicht Matsuda. «Ich finde, dass alles zur Homologation erlaubt sein muss, was in der Serienmaschine verbaut ist. Natürlich im Rahmen der technischen Vorschriften. Heute ist es ja so, dass man abgesehen von wenigen erlaubten Änderungen alles wie in der Serienmaschine verwenden muss. Also sollte man in einer seriennahen Meisterschaft auch alles einsetzen dürfen. Dann kommt Suzuki vielleicht mit der Hayabusa. Die Leute interessiert es, welches technische Konzept das Beste ist.»