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Reiterbergers Crew-Chief: «Markus denkt zu viel nach»

Von Ivo Schützbach
Markus Reiterberger (li.) mit Pete Benson

Markus Reiterberger (li.) mit Pete Benson

Markus Reiterbergers BMW-Crew-Chief Pete Benson ist einer der erfahrensten im Superbike-WM-Fahrerlager, der Neuseeländer war mit Nicky Hayden MotoGP-Weltmeister. Das exklusive Interview.

Dass 2019 kein einfaches Jahr werden würde, ist jedem bei BMW und dessen Partnerteam Shaun Muir Racing bewusst. Die neue S1000RR hatte erst Mitte Dezember in Spanien ihr Roll-out, wegen des kurzfristigen werksseitigen Bekenntnisses von BMW zur seriennahen Weltmeisterschaft hinkt die Entwicklung für die laufende Saison hinterher.

Am vierten Juni-Wochenende wird in Misano erstmals der neue Motor mit zusätzlichen acht PS zum Einsatz kommen, dann sollte das Topspeed-Manko weitgehend behoben sein. Bei den Rennen in Jerez am kommenden Wochenende wird sich der Nachteil lediglich in der Beschleunigung zeigen, weil der Circuito de Jerez keine lange Gerade hat.

Markus Reiterberger hat zwei sechste Plätze in Assen als beste Ergebnisse vorzuweisen, Teamkollege Tom Sykes zwei fünfte in Aragon. Vor Jerez liegen sie mit 41 und 56 Punkten auf den WM-Rängen 13 und 10.

SPEEDWEEK.com setzte sich mit Reitis Crew-Chief Pete Benson zusammen, um über die Stärken und Schwächen des 25-jährigen Bayern zu reden.

Pete, wie hat es dich ins SBK-Fahrerlager verschlagen?

Ende letztes Jahr war ich ausgelaugt, ich hatte genug davon, dass ich nie zuhause bin. In der MotoGP-WM kannst du nur arbeiten, wenn du in Europa lebst, ich komme aber aus Neuseeland. Ich war mindestens zwei Drittel des Jahres von meiner jungen Familie getrennt, das hatte keinen Reiz mehr für mich. Ich liebe meinen Job, mir wurde das aber zu viel. Vier oder fünf Rennen am Stück zu machen habe ich geliebt, aber ich kam nie heim.

Dann ging die Sache mit Marc VDS zu Ende und ich ging davon aus, dass ich in Neuseeland bleiben würde. Dann bekam ich das Angebot von Shaun Muir, dachte eine halbe Stunde darüber nach und nahm es an. Ich kann 13 Rennen und einige Tests machen und habe trotzdem noch ein Leben zuhause. Bislang läuft es sehr gut, ich werde immer enthusiastischer. Ich fliege nach fast jedem Rennen heim. Nur der Zeitunterschied macht mir bei der Heimreise immer einige Tage zu schaffen.

Du warst mit Nicky Hayden Weltmeister und hast vor BMW in der MotoGP- und Moto2-WM gearbeitet. Wie lässt sich Markus als Fahrer beschreiben?

Markus ist sehr technisch veranlagt, er versteht die Technik eines Motorrads. Das hat seine Vor- und Nachteile. Er ist diesbezüglich sehr clever, wie ein Ingenieur. Markus ist talentiert, er hat dieses Jahr wiederholt eine gute Pace gezeigt.

Mit ihm zu arbeiten ist anders als mit meinen bisherigen Piloten. Er richtet seinen Fokus eher auf die technischen als auf die fahrerischen Aspekte.

Wenn du ein Motorrad entwickeln möchtest, ist das sehr gut. Wenn du aber Rennen fahren willst und es ins Qualifying geht, dann macht es die Arbeit etwas schwieriger.

Er denkt zu viel über die Technik nach?

Genau. Manchmal grübelt er über Dinge, über die es sich später nachzudenken lohnt, aber nicht in diesem Moment.

Man merkt sofort, dass er ein gelernter Mechaniker ist, und dass er sehr viel Herzblut mitbringt. Ich verstehe das, es ist recht angenehm – und anders als das, was ich gewohnt war.

Rennfahrer sind für gewöhnlich technisch nicht sehr versiert?

Nicht auf seinem Level. Jeder interessiert sich dafür, was ein Motorrad schneller macht. Er will aber auch das Warum wissen. Er wird später mal ein sehr guter Chefmechaniker, er versteht alles.

Markus arbeitet schon viele Jahre mit BMW: Ist er zu nett und verleiht seinen Wünschen zu wenig Ausdruck?

Sie arbeiten schon lange zusammen, sie verbindet eine sehr enge Freundschaft. Bislang war das sehr gut für ihn und wird es wohl auch für die Zukunft sein – ob für ihn als Rennfahrer oder als normaler Angestellter.

Ich kümmere mich um meine Belange und verstehe auch nicht, was er mit BMW auf deutsch redet. Ich sehe nichts, was an seiner Beziehung zu BMW negativ sein soll. Es ist nicht so, dass die BMW-Leute im Fahrerlager auftauchen und er gleich zu ihnen rennt. Markus arbeitet in erster Linie mit seiner Crew.

Was könnte er als Fahrer besser machen?

Wie er seinen Fokus setzt, nicht so viel über die Technik nachdenken. Das ist für mich der wichtigste Punkt. Er muss sich darauf konzentrieren, Rennfahrer zu sein, und darf sich nicht von Nebenschauplätzen ablenken lassen.

Hilft seine Denkweise zwischen den Rennen, wenn ihr darüber diskutiert, wie ihr das Motorrad schneller machen könnt?

Er fragt nach ganz anderen Dingen, als andere Fahrer. Wie er das Motorrad abgestimmt haben möchte ist anders, als ich das gewöhnt bin.

Seine Bike-Balance ist völlig anders als die von Sykes, fast entgegengesetzt. Daran ist nichts falsch, so lange er das mag und damit schnell ist.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe was er möchte. Und bis er verstanden hatte, dass das heutige Motorrad völlig anders ist als alles, was er von BMW gewohnt war. Es macht keinen Sinn, das neue Motorrad mit dem alten zu vergleichen, das alte wird nie wieder zurückkommen. Wir müssen uns auf die neue Maschine konzentrieren und mit ihr Fortschritte erzielen.

Wenn wir etwas ändern und er damit schneller ist, dann ist es besser. Ich war über die ein oder andere Änderung überrascht, weil sie nicht meiner Philosophie entsprach. Aber der Fakt, dass er damit schneller war, gibt ihm Recht. Deshalb arbeiten wir in diese Richtung.

Du gehörst also nicht zu den Menschen, die ihren Weg für den einzig richtigen halten?

Ich habe meine Meinungen und diese muss er wiederlegen. Wir haben auch einiges probiert, was nicht funktioniert hat. Also haben wir einen anderen Weg eingeschlagen. Einiges hat aber auch gut funktioniert. Du musst so eine Beziehung gemeinsam aufbauen, das dauert. Aus unserer Crew hat niemand zuvor zusammengearbeitet, für jeden ist alles neu.

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