Tom Sykes wütend: «Sie wollen ihren Arsch retten»
Hitzige Diskussionen, Kopfschütteln und viele Buhrufe gab es nach dem Sprintrennen am Sonntagmorgen in Donington Park.
Jonathan Rea (Kawasaki) führte vor Tom Sykes (BMW) und Toprak Razgatlioglu (Puccetti Kawasaki).
Peter Hickman, als Ersatz für den kranken Markus Reiterberger im BMW-Team unterwegs, hatte einen Motorschaden an seiner S1000RR und konnte nicht verhindern, eine Ölspur auf die Strecke zu legen.
Sandro Cortese, Leandro Mercado, Ryuichi Kiyonari, Alessandro Delbianco und Michael Rinaldi endeten daraufhin in einem Massencrash, woraufhin das Rennen abgebrochen und nach der siebten Runde gewertet wurde.
Dann spielten sich kabarettistische Szenen ab: Der bemitleidenswerte Tom Sykes rutschte in der Auslaufrunde auf der gleichen Ölspur aus, ein Flaggenposten entkam nur mit Not seiner heranfliegenden BMW. Sieger Jonathan Rea konnte seinen Sturz gerade noch verhindern, weil er schnell genug das Bein zur Stabilisierung auf den Boden bekam.
Dann griff Paragraph 1.26.1 des Sport-Reglements: Dieser besagt, dass ein Fahrer nach Rennabbruch mit seinem Motorrad innerhalb fünf Minuten in der Boxengasse sein muss – schiebend oder fahrend.
Sykes’ BMW lag kaputt im Kiesbett, er wurde von einem Streckenposten zur Siegerehrung gefahren – wo man ihm seine Disqualifikation mitteilte.
Sonntagabend traf sich der Engländer mit SPEEDWEEK.com in der BMW-Hospitality, welche nebenher ausgeräumt und abgebaut wurde.
«Regeln sind Regeln, ja», begann Sykes. «Man muss aber auch die Umstände sehen. Es lässt sich nicht verschweigen, dass ich schon fast eine ganze Runde unter roten Flaggen zurückgelegt hatte. Wir hatten zwei Drittel der Renndistanz zurückgelegt, deshalb gab es ein Ergebnis – es gab keinen Neustart. All das ging mir durch den Kopf. In Foggy Esses wurde die rote Flagge geschwenkt, aber keine für Öl. Dann fuhren wir zu Melbourne hoch, innen von Melbourne Loop sah ich die erste Ölflagge. Gleichzeitig war da Rauch vom Öl, da stand ein Auto, es lagen jede Menge Motorräder herum, Posten und Fahrer waren auf der Strecke. Als ich das alles sah, stürzte ich schon. Ich wunderte mich so über das Auto auf der Strecke, dass ich nicht auf den Boden schaute, ob da eine Flüssigkeit ist. In Foggy Esses gab es keine Ölflaggen, ich hatte keine Warnung. Jetzt versuchen einige ihren Arsch zu retten.»
«Noch mal: Mir ist klar, dass eine Regel eine Regel ist. Aber bei meinem Sturz hätte ich leicht das Auto erwischen können, mein Motorrad traf um ein Haar den Streckenposten. Hätte ich nach diesem Sturz auf mein Motorrad steigen, weiterfahren und die ausgelaufene Flüssigkeit auf der Strecke verteilen sollen, nur um in die Boxengasse zurückzukommen? Als sie mich disqualifizierten, dachte ich mir: Echt jetzt? Ich teilte der Rennleitung meine Bedenken mit und sie entgegneten, dass das Auto auf der Strecke war, weil ein Fahrer Hilfe brauchte. Fein, ich schätze es, dass ein Fahrer Hilfe bekam. Das Auto war aus einem guten Grund auf der Strecke. Trotzdem ist das eine seltsame Situation. Es ist ja nicht so, dass ich gestürzt wäre und für den Rennabbruch gesorgt habe. Mein Sturz war das Resultat daraus. Als ich über die Kuppe kam, dachte ich mir, was zur Hölle ist hier los? Das war ein Gemetzel.»
«Weshalb standen auf der Kuppe keine Streckenposten und lotsten die Fahrer auf die andere Seite der Strecke», fragte der BMW-Pilot. «Sie ließen uns weiterfahren, dabei kannst du Öl auf der Strecke nur sehen, wenn das Licht in einem bestimmten Winkel drauffällt. Wenn du ein Auto und das ganze Durcheinander drumherum siehst, dann schaust du nicht auf den Boden. Außerdem passierte das alles im Bruchteil einer Sekunde. Mein Motorrad war zerstört. Und dann hatte das auch noch Auswirkungen auf mein nächstes Rennen, weil ich deswegen vom zehnten Startplatz losfahren musste. Meine Pace beweist, dass wir gut genug gewesen wären für einen weiteren Podestplatz – oder mehr.»
So wurde es nur Rang 8.
Sykes abschließend: «Niemand versteht, weshalb die Regeln so sind. Die Fans haben gebuht, als ich aus dem Parc fermé entfernt wurde. Viele Fahrer, Teammitglieder und Fans an der Strecke bestätigten, dass keine Ölflaggen geschwenkt wurden. In der Rennleitung erzählten sie mir dann, dass genügend Flaggen geschwenkt wurden. Ich sagte, ja, ja, es ist klar, dass ihr das sagt. Nicht, dass jemand auf die Idee kommt, dass ihr einen Fehler gemacht habt. Niemand wollte die Verantwortung übernehmen. Fahrer auf der ganzen Welt fragen sich jetzt, was zur Hölle in Donington passiert ist.»