Jonathan Rea schimpft Alvaro Bautista «ein Monster»
Jonathan Rea (li.) und Alvaro Bautista
Die ersten elf Rennen des Jahres gewann Ducati-Werksfahrer Alvaro Bautista, der Spanier schien mit der neuen Panigale V4R unschlagbar. «Ab Jerez machte er dann eine Reihe Fehler», erinnerte sich Jonathan Rea, der nach dem Sprintrennen in Südspanien in der Gesamtwertung erschütternde 61 Punkte zurücklag. «Alvaro schien unschlagbar, ich konnte in Imola gerade so meinen Kopf zum Atmen über Wasser halten. Dann gewann ich einige Rennen und mir wurde bewusst, dass auch er keine Maschine ist. Das gab mir genügend Selbstvertrauen, um weiterzumachen. Imola reichte mir, um weiterzukämpfen und niemals aufzugeben.»
Innerhalb weniger Events verwandelte sich Bautistas Vorsprung in einen Rückstand von inzwischen 91 Punkten. Rechnerisch kann Rea bereits in Magny-Cours am letzten September-Wochenende zum fünften Mal Weltmeister werden, wenn er seinen Vorteil auf Bautista übers Wochenende auf 125 oder mehr Punkte ausbaut.
«Das ist ein unrealistisches Ziel», meinte der Nordire gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir sind nahe dran, machen alles richtig und der Trend geht in die richtige Richtung. Jetzt liegt es in unseren Händen, wir haben viel zu verlieren. Vor Portimao gab es Gespräche im Team, wie wir mit dem Vorsprung umgehen. Als ich in der Startaufstellung stand, hatte ich die Meisterschaft im Hinterkopf, aber dann kam die erste Kurve… Wo ich den Titel letztlich gewinne, ist nicht wichtig. Wenn ich meine Situation im Mai mit meiner jetzigen vergleiche, ist das unglaublich. Ich will die Rennen in Frankreich gewinnen, nach dem Freitag werde ich wissen, wo wir stehen. Ich werde nicht spazieren fahren, nur um ein paar Punkte einzusammeln. Wir reden von Racing, ich kann Stürze oder Ausfälle haben. Deshalb ist es bei jeder Gelegenheit wichtig, das Maximum mitzunehmen.»
Bautista ist bei den letzten vier Events vor der Sommerpause fünfmal gestürzt. Wie fährt sich ein Weltklassepilot aus so einem Tief? «Schwer zu sagen», grübelte Rea. «Ich war erst einmal in so einer Situation, als ich 2005 meine erste Saison in der Britischen Superbike-Meisterschaft fuhr. Neil Tuxworth hat mich damals ein sein Büro bestellt. Das war nicht angenehm, es war aggressiv. Ich schmiss Punkte in der Meisterschaft weg, zerstörte Motorräder und mich selbst, ich vernichtete Energie und Motivation. So eine Lage ist schwierig. Alvaro hatte die ganze Sommerpause Zeit, darüber nachzudenken.»
Du hast nie aufgegeben, auch nicht, als deine Lage gegen Bautista aussichtslos erschien. Ist es diese Mentalität, die dich zum erfolgreichsten Superbike-Fahrer gemacht hat?
«Ich gehe jedes Rennen mental gleich an, denke positiv und bin offen für alles», hielt der 82-fache Laufsieger mit der Startnummer 1 fest. «Selbst auf Rennstrecken, die schwierig für uns sind, versuche ich alles, um zu gewinnen. Das schwierigste Wochenende war für mich dieses Jahr Assen – und das Sprintrennen in Misano. Da war ich wirklich frustriert, weil ich mir selbst eingeredet hatte, dass ich gewinnen kann. Wir haben an Alvaro gesehen, wie schnell sich eine Saison ändern kann, es sind noch einige Rennen zu fahren. Im Januar setzte ich mir als Ziel, diese Weltmeisterschaft zu gewinnen. Nach Assen schien das unmöglich, wir mussten mit einem Monster klarkommen. Jetzt schaut das Monster aber nicht mehr so grimmig aus, wie im April.»