Scott Redding: «Viele MotoGP-Fahrer sind Pussys»
Publikumsliebling Scott Redding
Die Britische Meisterschaft gilt wegen ihrer zahlreichen ungewöhnlichen Strecken als das schwierigste nationale Superbike-Championat weltweit. Als der von BMW protegierte Markus Reiterberger für 2020 nach einem Job in Großbritannien fragte, musste er sich anhören, dass sie lieber Fahrer wollen, welche die Strecken kennen.
Nach der Saison 2018 ging Scott Reddings MotoGP-Karriere zu Ende, er wurde anschließend von Paul Bird für das Ducati-Werksteam in der BSB verpflichtet. Der heute 27-Jährige kannte aus dem letztjährigen Kalender nur Silverstone, Donington Park und Assen gut, doch er feierte auch Siege in Knockhill, Snetterton und Oulton Park und wurde mit fünf Punkten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Josh Brookes Meister.
Vor der Saison musste sich Redding von zahlreichen Fans teilst wüste Kommentare anhören, dem «MotoGP-Bubi» wurde prophezeit, dass man ihm «kräftig den Hintern versohlen» würde.
Es kam anders.
«Das war eine sehr gute Saison», grinste Redding im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, der am nächsten Wochenende auf Phillip Island seinen ersten Superbike-WM-Lauf für Ducati bestreiten wird. «Mir wurde nachgesagt, dass ich nicht die Eier hätte, um Siege in BSB am Schopf zu packen. Aber um ehrlich zu sein: Einige der MotoGP-Fahrer sind kleine Pussys. Sobald eine Strecke ein bisschen wellig ist, beschweren sie sich. Und das ist nicht alles, worüber sie sich beschweren. Wenn du dich in BSB beschwerst, dann sagt dir Promoter Stuart Hicks, dass du ruhig sein und damit klarkommen sollst. So muss es laufen. Wenn du an eine Rennstrecke kommst, dann hast du zwei Möglichkeiten: Du fährst raus, fürchtest dich und versuchst damit klarzukommen. Oder du meinst, dass die Strecke nicht sicher ist. Ich war dort, um die Meisterschaft zu gewinnen. Also sagte mir mein Kopf, dass ich mich eben fürchten muss. Ich kannte die Strecken nicht, es war Jahre her, dass ich dort fuhr. Ich wusste, dass wenn ich meine Gegner auf diesen Strecken schlagen kann, dann würde ich ihnen in Assen, Donington und Silverstone voraus sein. Sie wussten schon vor diesen Rennen, dass sie in Schwierigkeiten stecken.»
«In Oulton Park gewann ich ein Rennen, als ich zum zweiten Mal dort fuhr», grinste der Engländer. «Ich glaube nicht, dass das vor mir einer hinbekam. Oulton Park ist erschreckend. Ich hatte das ganze Wochenende keine Ahnung, wo es hingeht. Ich war mit Adrenalin vollgepumpt und fürchtete mich. Fünf Runden vor Schluss wusste ich dann ungefähr, wo die Wellen sind und die Mauer steht. Entweder heult man deswegen oder man gibt alles. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste den Titel gewinnen. Die Leute gingen davon aus, dass ich gewinne. Wäre mir das nicht gelungen, hätte ich mir anhören müssen, dass sie es ja gesagt haben, dass ein MotoGP-Fahrer das nicht kann. So lange ich nicht gewinne, war ich so oder so in der Verlierer-Position.»
Der Ducati-Werksfahrer weiter: «Bevor ich in BSB kam meinten viele Leute, dass ich arrogant wäre und ein übersteigertes Ego hätte. Ihnen war nicht klar, dass ich ein Junge aus einer Kleinstadt bin, der auf dem BMX aufwuchs und aus einer Familie kommt, die nie viel Geld hatte. Ich bezahlte nie für meinen Platz in einem Team, weil wir kein Geld hatten. Ich musste immer alles riskieren – das steckt in mir und macht meine Persönlichkeit aus. Mitte der Saison war jedem klar, dass ich Charakter habe. Ich rede mit den Leuten, wir machen gemeinsam Fotos, ich weiß die Fans zu schätzen und wie man Rennen gewinnt. Nach der Saison sagten mir viele, dass sie mir den Titel nicht zugetraut haben. Dann zogen sie den Hut vor mir und gaben zu, dass ich ihnen und vielen anderen das Gegenteil bewiesen habe. Heute haben sie viel mehr Respekt vor mir.»