Sandro Cortese hält Geisterrennen für eine Lösung
«Ich bin fest davon überzeugt, dass wir dieses Jahr noch Rennen fahren», sagte Sandro Cortese im Telefonat mit SPEEDWEEK.com. «Ob mit Fans – das sehe ich als schwierig an. Es sagt ja jeder, dass es bis Ende August keine Großveranstaltungen geben wird. In der Fußball-Bundesliga reden sie ja auch über Geisterspiele, ich sehe eher darin die Lösung.»
Bislang schließt Promoter Dorna diese Möglichkeit aus. Doch sollte im Spätsommer oder Herbst wegen Ausgangsbeschränkungen, Versammlungsverboten oder geschlossenen Grenzen keine Events mit Zehntausenden Zuschauern möglich sein, dann muss die spanische Sportagentur umdenken.
Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Superbike- und Supersport-Weltmeisterschaften 2020 absagen und riskieren, dass das ein Großteil der Teams nicht überlebt, oder Geisterrennen ausschließlich für die Fans vor dem Fernseher veranstalten.
Das Argument der Dorna, die TV-Verträge wären nicht gut genug für Geisterrennen, möchte Cortese so nicht stehen lassen. «Wenn niemand an die Rennstrecke darf, gibt es höhere Einschaltquoten», meint der zweifache Weltmeister. «Wenn nach Imola 60.000 Fans kommen würden und nicht dürfen, dann wollen sie das Rennen ja trotzdem anschauen. Also setzen sie sich zuhause mit der Familie vor den Fernseher und schauen es sich an. Diese Leute hast du schon mal zusätzlich vor dem Fernseher – über die Einschaltquote verdient die Dorna ja auch Geld.»
Sandro unterstreicht: «Die Leute drängen nach Live-Sport, sei es Motorsport, Fußball oder Tennis. Im Moment gibt es ja nichts außer Filme gucken. Natürlich wird das für die Sportler ungewohnt, wenn wir ohne Zuschauer fahren, aber für uns auf dem Motorrad macht das nicht viel aus. Klar, wir sehen die Fans, aber wir hören sie nicht. Richtig mitkriegen tun wir sie nur in der Startaufstellung, in der Auslaufrunde, auf dem Podest und im Parc fermé. Da ist das Gefühl extrem. Aber wenn wir im Renntrimm und im Zweikampf sind, fliegen die Fans nur so vorbei. Geisterrennen lassen sich mit einem Test vergleichen, da sind auch keine Zuschauer. Da hast du natürlich nicht das Gefühl, wie wenn du in Assen durch die letzte Schikane fährst und du siehst 50.000 Fans. Klar geht einem dabei das Herz auf, wir leben für den Sport und dafür, dass die Fans mitfiebern können. Umso mehr Zuschauer, desto mehr Freude macht das Fahren. Dann ist mehr Adrenalin im Spiel, das spürt man. Für einen Fußball- oder Tennisspieler in einem großen Stadion wird es trotzdem ein ganz anderes Gefühl sein, wenn er vor leeren Rängen spielt, als für uns.»
«Man muss den Leuten etwas zurückgeben», hielt der Berkheimer aus dem Team Pedercini Kawasaki fest. «Lieber nur im Fernseher, als gar nicht. Das Schlimmste wäre, wenn wir gar nicht fahren würden. Dann überleben viele Teams nicht. Wenn nicht gefahren wird, dann gibt es keine Sponsorengelder. Die Dorna findet sicher eine Regelung mit den Rennstrecken. Ein Konzert brauchst du nicht spielen, wenn keine Zuschauer da sind. Aber wenn ein Rennen oder Fußballspiel im Fernsehen übertragen wird und keine Zuschauer dabei sind, dann ist das keine Großveranstaltung. Wenn wir in Oschersleben starten und die Fahrer, Mechaniker, die Mitarbeiter von der Dorna und eine begrenzte Anzahl Medienleute dürfen kommen, dann sind das Vorschläge, die man nach dem 4. Mai bereden muss, wenn in Deutschland schrittweise wieder alles aufmacht. Die Situation ändert sich ja täglich und wird am 1. Juni eine andere sein als heute.»
Kalender Superbike-WM 2020, Stand 20. April:
28.02.–01.03. Phillip Island/Australien
03.07.–05.07. Donington Park/Großbritannien
31.07.–02.08. Oschersleben/Deutschland
21.08.–23.08. Assen/Niederlande
28.08.–30.08. Aragon/Spanien
04.09.–06.09. Portimão/Portugal
18.09.–20.09. Cataluñya/Spanien
02.10.–04.10. Magny-Cours/Frankreich
09.10.–11.10. San Juan/Argentinien
23.10.–25.10. Jerez/Spanien
06.11.–08.11. Misano/Italien
Abgesagt: Imola/Italien
Ohne Termin: Losail/Katar