Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Ein Notfall-Plan: SBK-WM mit weniger als 1000 Leuten

Fahrerlager voller Fans wird es 2020 nicht geben

Fahrerlager voller Fans wird es 2020 nicht geben

Weil es für die Superbike-WM keine hochdotierten TV-Verträge gibt, waren Geisterrennen bislang indiskutabel. Doch wenn es im Corona-Jahr 2020 noch Rennen geben soll, muss die Dorna für alles offen sein.

Als die MotoGP-WM bereits drei Rennen abgesagt hatte, warteten die F1-Bosse bis zur letzten Minute mit der Absage ihres Saisonstarts. Nun wollen sie bereits im Juli weitermachen. Aber es türmen sich viele Hürden auf.

Mit einer gewissen Portion Argwohn beobachten die Verantwortlichen der MotoGP-und SBK-Weltmeisterschaft die Pläne der Formel-1-Promoter-Firma Liberty Media, die mit Unterstützung von FIA-Präsident Jean Todt versucht, am 5. Juli (Sonntag) und 8. Juli (Mittwoch) zwei Formel-1-Rennen auf dem Red Bull Ring in Spielberg/Österreich abzuwickeln. Und dann soll im Juli noch in Silverstone gefahren werden, obwohl England als Corona-Hotspot im Mittelpunkt der Kritik steht.

Momentan kann man sich wegen der Abstandsregeln, wegen der Gesichtsmasken-Pflicht, der Reiseverbote, der Versammlungsverbote, Quarantänebestimmungen, der Verbote von Risikosportarten und anderer Punkte nur schwer vorstellen, wie dieses Vorhaben in zwei Monaten umgesetzt werden könnten.

In den meisten EU-Ländern dürfen sich nicht mehr als 5, 10 oder 20 Personen an einem öffentlichen Ort aufhalten, deshalb sind Theater, Museen, Beherbergungsbetriebe, Flughäfen und so weiter bis auf weiteres geschlossen. Ob solche Bestimmungen auch für die Boxen der Teams an einer Rennstrecke gelten, bleibt abzuwarten.

Die spanische Sportagentur Dorna, neben der MotoGP- seit 2012 auch für die Superbike-WM verantwortlich, hatte den Luxus, die bis Juli angesetzten SBK-Rennen in den Sommer und Herbst zu verlegen. Das ging, weil diese Meisterschaft lediglich 13 Events umfasst und es deshalb einigen Spielraum im Kalender gibt.

SBK Managing Director Gregorio Lavilla sagte Mitte April gegenüber SPEEDWEEK.com, dass es keine Geisterrennen geben werde. Die TV-Verträge sind nicht so gut, dass die Dorna auf die Einnahmen aus den Antrittsgeldern der Rennstreckenbetreiber einfach verzichten kann.

Aber längst ist dem Ex-Rennfahrer gedämmert, dass die Superbike-WM den gleichen Weg wie die MotoGP-Kollegen einschlagen muss, wenn es dieses Jahr überhaupt noch Rennen geben soll.

Das heißt: Rennen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Limitierung des Personals von Teams, der Rennstrecke, der Dorna und den Medien soweit möglich. In der MotoGP-WM beanspruchen die GP-Teams der drei Klassen Moto3, Moto2 und MotoGP total 722 der geplanten 1000 Plätze im Fahrerlager. In der SBK-WM mit den drei Klassen Superbike, Supersport und Supersport 300 wird es sich in einer ähnlichen Größenordnung abspielen.

«Wir können es schaffen, Toprak Razgatlioglu und Michael van der Mark mit zwanzig Personen auf die Strecke zu schicken», erklärte Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli. Ein Ein-Mann-Team wie das von Sandro Corteses Chef Lucio Pedercini kommt mit der Hälfte aus.

Es bleibt die Frage, wie die Menschen zu den Rennen anreisen können, eine Großzahl der Teammitglieder im SBK-Paddock kommt aus den SARS-CoV-2-geplagten Ländern Italien und Spanien.

Vorläufig muss sich fast jede Person, die eine EU-Grenze überwindet, 14 Tage in strenge Quarantäne, also in Hausarrest begeben. Oder man weist eine Gesundheitsbestätigung vor, die maximal vier Tage alt ist. Lässt sich so ein Zertifikat zeitgleich für alle diese 1000 Personen bewerkstelligen?

Dazu ist für die SBK-Austragung das Personal der Dorna erforderlich, welches die Organisation abwickelt, von der Fahrerlagerparkordnung bis zur Boxenzuteilung und der Verteilung der Paddock-Ausweise. Außerdem die Streckenposten, die Rennleitung, dazu die TV-Produktion samt einzelnen Boxengasse-Reportern. Und die Mitarbeiter, die die Sponsorenflächen rund um die Strecke bepflastern, die Kameras aufbauen und die Mikrophone verstecken, das medizinische Personal der Clinica Mobile sowie die Service-Dienstleister von Öhlins und Showa, von Helm- und Lederfirmen.

In der Superbike-WM könnten die restlichen Events 2020 ohne Medien, ohne Marketing-Personal und ohne die Kommunikations-Mannschaften ablaufen. Trotzdem rechnet niemand mit einem Neustart vor September.

«Wir spielen sämtliche Szenarien durch und entscheiden, sobald sich eine Richtung abzeichnet», so Lavilla.

Eine Idee ist, MotoGP und SBK auf den fünf Rennstrecken, auf denen beide Meisterschaften antreten (Assen, Aragon, Barcelona, Jerez und Misano), an aufeinanderfolgenden Wochenenden fahren zu lassen, das würde logistisch vieles erleichtern. Die aufwändigen Team-Hospitalitys müssten zuhause bleiben, die Teams werden sich im kleinen Rahmen selbst verpflegen müssen, wie sie es auch bei Überseerennen tun.

«Wir dürfen durch unsere Events keinen einzigen Menschen neu infizieren», stellte Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta fest.

Deshalb müssen bei der Rückkehr zur «anderen Normalität» alle Schritte mit viel Bedacht gesetzt werden. Denn es herrscht viel Angst vor einer heftigen zweiten Infektionswelle, wie sie jetzt in Singapur zu beobachten ist.

Kalender Superbike-WM 2020, Stand 24. April:

28.02.–01.03. Phillip Island/Australien
03.07.–05.07. Donington Park/Großbritannien
31.07.–02.08. Oschersleben/Deutschland
21.08.–23.08. Assen/Niederlande
28.08.–30.08. Aragon/Spanien
04.09.–06.09. Portimão/Portugal
18.09.–20.09. Cataluñya/Spanien
02.10.–04.10. Magny-Cours/Frankreich
09.10.–11.10. San Juan/Argentinien
23.10.–25.10. Jerez/Spanien
06.11.–08.11. Misano/Italien

Abgesagt: Imola/Italien

Ohne Termin: Losail/Katar

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Von Ivo Schützbach
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