Die ungewöhnliche SBK-Karriere des Frantisek Mrazek
Frantisek Mrazek war jemand, den man als Zeitzeugen bezeichnen kann. Als er Ende der 1950er mit dem Motorradsport begann, herrschte Kalter Krieg; das heutige Tschechien hieß noch Tschechoslowakei und stand unter russischer Besetzung. Das war auch der Grund, warum Mrazek nie an Veranstaltungen im Ausland teilnehmen durfte und warum er im Sommer 1966 gemeinsam mit seiner Frau Jana in den Westen flüchtete.
Der Weg der Mrazeks führte nach Nordamerika, wo Jana – sie war eine der besten Eiskunstläuferinnen ihrer Heimat – eine Anstellung bei einer Eis-Revue bekam. Frantisek verdiente Geld als Mechaniker in einer VW-Werkstatt.
Der damalige Yamaha-Werksfahrer Mike Duff half Mrazek, wieder in den Rennsport einzusteigen. Es war der Beginn einer großartigen Karriere. Nachdem er 1962 Tschechischer Meister in der Klasse bis 350 ccm war, startete er nun in amerikanischen und kanadadischen Rennserien und kämpfte gegen Fahrer wie Johnny Cecotto. Er wurde in verschiedenen Klassen 20 Mal Kanadischer Meister, zwölfmal US-Champion und gewann auch einmal in Daytona. Durch seinen beherzten Einsatz auf der Rennstrecke verdiente sich Mrazek in den Spitznamen «Crazy Frankie».
Übrigens: Duff ließ später eine Geschlechtsumwandlung vornehmen und nannte sich Ende der 1980er Michelle.
In die Geschichtsbücher der Superbike-WM trug sich Mrazek ein, als er 1991 am Meeting im kanadischen Mosport teilnahm. Als erster Tscheche fuhr Mrazek in den beiden Rennen als 14. und 13. in die Punkteränge. Seitdem hält er den Altersrekord: Er war damals 55 Jahre alt.
Die beiden Superbike-Läufe wurden vom weitgehend unbekannte Kanadier Pascal Picotte und dem US-Amerikaner Tom Kipp gewonnen – es waren ihre einzigen Siege im Rahmen der Superbike-WM. Denn alle Europäer und auch die nordamerikanischen und australischen Top-Piloten boykottierten das Meeting in Kanada, weil sie die Piste selbst für damalige Verhältnisse für zu gefährlich hielten. Der Weltmeisterschaftslauf in Mosport 1991 bestand aus zwölf Kanadiern und fünf US-Racer.
Bis ins hohe Alter schraubte Mrazek an Motorrädern und startete bei Classic-Events, auch wieder in Tschechien. Am 29. Dezember 2014 verstarb er im Alter von 78 Jahren.