Tom Sykes zurück zu Kawasaki? Sensation ist möglich
Von 2010 bis 2018 fuhr Tom Sykes Kawasaki
Tom Sykes ist der nach Jonathan Rea erfolgreichste Aktive in der Superbike-WM, in bislang 347 Rennen eroberte er 114 Podestplätze, darunter 34 Siege. Der 36-Jährige fuhr 39 Mal die schnellste Rennrunde und stand 51 Mal auf Pole-Position – öfter als jeder andere. Zwischen 2012 und 2017 beendete der Mann aus Huddersfield die WM immer in den Top-3, 2013 krönte er seine Karriere mit dem Titelgewinn für Kawasaki.
Kawasaki hat es Tom Sykes zu verdanken, dass sie Ende 2011 aus der Versenkung kamen und seit 2012 wieder Weltspitze sind. Sykes bereitete zusammen mit seinem damaligen Crew-Chief Marcel Duinker den Weg für die unvergleichliche Erfolgsserie, die Kawasaki seit 2012 vorzuweisen hat: Zweiter mit Sykes 2012, einen halben Punkt hinter Max Biaggi (Aprilia). 2013 wurde der Engländer Champion und 2014 erneut Zweiter, sechs Punkte hinter Sylvain Guintoli (Aprilia). Seit 2015 gewann Jonathan Rea die Weltmeisterschaft sechsmal in Folge. Vor dem WM-Finale an diesem Wochenende in Indonesien liegt der Nordire 30 Punkte hinter Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) und hat noch Titelchancen.
Seit 2019 fährt Sykes für BMW und trug maßgeblich zur Entwicklung der S1000RR und seit Ende 2020 der M1000RR bei. Obwohl er bis zu seiner Verletzung in Barcelona Mitte September 2021 der erfolgreichste BMW-Pilot seit der werksseitigen Rückkehr 2019 war, sortierte ihn der deutsche Hersteller aus: 2022 sitzt der von Ducati kommende Scott Redding auf seiner Maschine.
BMW teilte Sykes erst Mitte August mit, dass er nach dieser Saison bei Shaun Muir Racing raus ist. So spät, dass längst alle Türen in den anderen Werksteams zugefallen waren. Tom ist vom Verhalten der BMW-Verantwortlichen dermaßen enttäuscht, dass er deren Angebot ablehnte, für ein verringertes Gehalt aber weiterhin mit voller Werksunterstützung im deutschen Team Bonovo action zu fahren.
Stattdessen orientierte sich der glatzköpfige Bartträger in Richtung Britische Meisterschaft sowie MotoAmerica und spricht intensiv mit Ducati. In BSB ist Paul Bird Motorsport das Aushängeschild der Roten aus Bologna, für das Team fuhr Sykes bereits 2010 und 2011 in der WM, damals auf Kawasaki. Und in den USA ist das Team Warhorse HSBK Racing Ducati New York für die Panigale V4R verantwortlich. Beide Teams gehören in ihrer Meisterschaft zu den Besten, doch Sykes macht keinen Hehl daraus, dass er weiterhin Weltmeisterschaft fahren möchte. «Ich gehöre immer noch zu den Schnellsten», unterstreicht der Brite.
Das Problem: Die Werksteams sind längst alle besetzt, auch fast alle anderen. Es gibt nur noch in den Kawasaki-Teams Orelac und Pedercini freie Plätze.
Die vergangenen zehn Jahre hätte Sykes solche Teams nicht in Betracht gezogen. Doch es ist auffällig, wie oft und intensiv sich der ehemalige Weltmeister in den letzten Wochen mit den Teameigentümern José Calero und Lucio Pedercini unterhält.
Am Donnerstagnachmittag war im Fahrerlager des Mandalika Circuits zu beobachten, wie Sykes in der Orelac-Box eine Sitzprobe auf der Kawasaki ZX-10RR vornahm und sich alles genau anschaute. «José und ich sind nur Freunde», meinte Tom gegenüber SPEEDWEEK.com lapidar.
Teamchef Calero kommt wie Sykes’ Freundin Theresa aus Valencia – man kennt sich. Und der Spanier pflegt gute Verbindungen zum Provec-Team, das seit 2012 für den Werksauftritt von Kawasaki verantwortlich ist. Durch das Reglement können Kunden- und Satelliten-Teams heute das gleiche Material wie die Werksteams haben, den größten Unterschied machen die Elektroniker. Sykes hat bei Kawasaki und Provec nach wie vor viele Freunde und Unterstützer.
In einem Team wie Orelac würde er kein Geld verdienen, das ist nach zehn gut bezahlten Jahren aber auch nicht mehr sein Antrieb. Vielmehr hat der 34-fache Laufsieger noch eine Rechnung offen. Er will der Welt beweisen, dass er nach wie vor zu den Besten gehört. «Vor meiner Zeit bei BMW hatte ich einen gesunden Lebenslauf», betont Sykes.
Im Rennsport sind schon seltsamere Dinge geschehen als Tom Sykes bei Orelac VerdNatura Kawasaki.
Team- und Fahrerliste Superbike-WM 2022:
Aruba.it Ducati: Michael Rinaldi (I), Alvaro Bautista (E)
Barni Ducati: Luca Bernardi (I)
Motocorsa Ducati: Axel Bassani (I)
Go Eleven Ducati: Philipp Öttl (D)
Honda Racing Corporation: Iker Lecuona (E), Xavier Vierge (E)
MIE Honda: Tati Mercado (RA), Hafizh Syahrin (MAL)
BMW Motorrad: Michael van der Mark (NL), Scott Redding (GB)
Bonovo action BMW: Eugene Laverty (IRL), Loris Baz (F)
Kawasaki: Jonathan Rea (GB), Alex Lowes (GB)
Puccetti Kawasaki: Lucas Mahias (F)
Orelac VerdNatura Kawasaki: Sykes? Vinales?
Outdo Pedercini Kawasaki: Loris Cresson (B), ?
Pata Yamaha: Toprak Razgatlioglu (TR), Andrea Locatelli (I)
GRT Yamaha: Kohta Nozane (J), Garrett Gerloff (USA)
Gil Motor Sport Yamaha: Christophe Ponsson (F)
FETT = bestätigt