SBK-Premiere Mandalika: Notwendiges Geld für Lombok
Zum ersten Mal seit 1997 gastierte die Superbike-WM am Wochenende in Indonesien. Vier Jahre nacheinander wurde ab 1994 in Sentul gefahren, einem Vorort der Hauptstadt Jakarta. Die dortige Rennstrecke verfällt zunehmend und entspricht längst nicht mehr internationalen Standards.
Ganz anders der neue Mandalika Circuit auf der Insel Lombok. Er hat eine Länge von 4310 Metern, elf Rechts- und sechs Linkskurven, die Start-Ziel-Gerade misst 507 Meter. Philipp Öttl bezeichnete ihn als «deutsche Autobahn mit amerikanischen Auslaufzonen».
Der Asphalt zeigte zwar in drei Kurven Auflösungserscheinungen, ist aber ansonsten perfekt gelegt. Die Streckenbetreiber nennen den Asphalt «Hightech», den in dieser Zusammensetzung nur vier Rennstrecken haben, unter anderen Phillip Island.
Die Rennstrecke liegt an der Südküste Lomboks, die südlichste Kurve 10 ist nur ein paar hundert Meter vom Strand entfernt. «In Kurve 1 gibt es eine Möglichkeit, vielleicht auch noch in der zweiten Kurve», beschrieb Scott Redding die besten Punkte für Überholmanöver. «Danach bis Kurve 9 sehe ich keine Chance, frühestens wieder in Turn 10. In den letzten zwei Kurven kann man es versuchen, dort ist es aber riskant. Man sollte also gut ins Rennen starten.»
Mandalika gehört zu den schnellsten Strecken im Kalender, Toprak Razgatlioglu erzielte bei seiner Pole-Position mit dem Qualifyer-Reifen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 166,672 km/h. Die Superbike-Piloten waren dieses Jahr nur in Assen (174,2), Aragon (168,5) und Barcelona (166,9) schneller.
Offiziell firmiert die Strecke unter dem Namen «Pertamina Mandalika International Street Circuit». Pertamina ist eine staatliche indonesische Aktiengesellschaft, die ihr Geld mit der Förderung von Erdöl und Erdgas verdient und prominent wirbt. Pertamina betreibt ein großes Tankstellennetz und beschäftigt knapp 14.000 Mitarbeiter. 2019 wurde ein Umsatz von annähernd 50 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Mandalika heißt die Gegend, in welcher die Rennstrecke erbaut wurde, es gibt auch einen Mandalika Strand.
Die Bezeichnung Street Circuit rührt daher, dass es sich offiziell um eine nicht-permanente Rennstrecke handelt. Nicht permanent sind aber lediglich einige der Tribünen. Die Strecke ist rundherum eingezäunt und mit Betonmauern versehen, verkehrstechnisch macht die Nutzung der Strecke für die Öffentlichkeit null Sinn, weil sie nichts miteinander verbindet. Es drängt sich der Eindruck auf, dass «Street Circuit» lediglich als Argument herhalten muss, um Gelder der öffentlichen Hand für dieses Projekt auszugeben.
Bis Donnerstagabend vor dem Rennwochenende wurde an der Strecke noch fleißig zementiert und gewerkelt, einiges wurde erst in letzter Minute fertig. Und anderes ist noch nicht fertig und wird es erst bis zur MotoGP-Premiere im März 2022. Abgesehen von dem Skandal um die miserabel ausgebildeten Streckenposten lässt sich sagen, dass für den ersten SBK-Event hervorragende Arbeit geleistet wurde.
Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung
Indonesien besteht aus 17.508 Inseln, auf der Hauptinsel Java lebt über die Hälfte der 274 Millionen Einwohner. Lombok ist der Nachbar der bekannten Ferieninsel Bali. Auf Lombok leben zirka 3,5 Millionen Menschen, bekannt war die Insel bislang hauptsächlich wegen seiner Traumstrände und den guten Surfmöglichkeiten.
Im Gegensatz zu Bali ist Lombok viel weniger touristisch, was auch an der deutlich geringeren Infrastruktur liegt. Lombok heute, ist wie Bali vor 30 Jahren. Oder wie Vietnam.
Beim Erwerb des Lands für den Mandalika Circuit wurde nach indonesischen Medienberichten nicht jeder fair behandelt, teilweise war von vereinzelten Enteignungen die Rede. Doch insgesamt gibt es sehr viel Zustimmung für die Rennstrecke. Denn zahlreiche Menschen auf Lombok versprechen sich von ihr mehr internationale Besucher, dadurch einen wirtschaftlichen Aufschwung sowie mehr und bessere Arbeitsplätze.
Der Aufschwung wird kommen. Ich bin mir sicher, dass schon in ein paar Jahren um die Rennstrecke herum viele weitere Hotels und neue Häuser zu sehen sein werden, vermutlich zum Leidwesen der Menschen, die jetzt dort ihr Zuhause haben.
Beim großen Erdbeben am 5. August 2018, mit einer Stärke von 7,0 auf der Richterskala, wurden 80 Prozent der Bauwerke auf Lombok beschädigt oder zerstört. Damals starben nach offiziellen Angaben 480 Menschen, knapp 8000 wurden verletzt und zirka 400.000 obdachlos.
Von den damaligen Verwüstungen ist heute kaum noch etwas zu sehen, auf Lombok wird viel dafür getan, ein zweites Bali zu werden. 2011 wurde der internationale Flughafen in Mataram eröffnet, der den zu kleinen in Selaparang ablöste. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch große internationale Fluglinien Lombok ansteuern.
Wegen der derzeitigen behördlichen Reisebeschränkungen ist Lombok für ausländische Touristen gesperrt, womit logischerweise auch keine internationalen Flüge dorthin stattfinden. Erreichbar ist Lombok auch mit der Fähre oder dem Speedboot von Bali kommend, in Denpasar ist ein großer Flughafen, der aus vielen Ländern direkt angeflogen wird.