Alex Lowes über das eine große Problem von Johnny Rea
Ein Sinnbild: Johnny Rea vor Alex Lowes
Von 2015 bis 2020 waren Jonathan Rea und Kawasaki in der Superbike-WM ungeschlagen. Der Nordire hält bei sechs WM-Titeln, 112 Siegen und 215 Podestplätzen. Diese Erfolge wurden auch möglich, weil Kawasaki mehr als jeder andere Hersteller in der seriennahen Meisterschaft investierte.
Doch auf Dauer tut es keiner Sportart gut, wenn die immer gleichen Athleten oder Hersteller gewinnen. Deshalb gibt es seit der Saison 2018 ein technisches Reglement, das die Hersteller mittelfristig auf den gleichen Level bringen und damit die Show verbessern soll.
Diese Regeln ruhen auf zwei Pfeilern.
Im ersten Schritt bekommt jeder Hersteller eine Maximaldrehzahl vorgeschrieben. Unabhängig von den Werksangaben geht der Weltverband FIM mit den Serienmotoren auf den Prüfstand und ermittelt das durchschnittliche Drehzahllimit im dritten und vierten Gang. Diesem Wert werden drei Prozent mehr zugestanden.
Dann wird geschaut, bei welcher Drehzahl der Serienmotor die höchste Leistung hat. Diesem Wert werden 1100/min hinzugefügt.
Anschließend werden diese Werte verglichen und der niedrigere wird als Maximaldrehzahl definiert.
Ob diese Drehzahl im Verlauf einer Saison nach unten oder oben korrigiert wird, und ob ein Hersteller Motoren-Upgrades bringen darf, ist im zweiten Schritt direkt von den Erfolgen abhängig.
Weil Jonathan Rea seit 2015 ein permanenter Siegkandidat ist, im Vorjahr unterlag er Yamaha-Star Toprak Razgatlioglu zwar um 13 Punkte, gewann aber 13 Rennen, wird Kawasaki immer an seinen Leistungen gemessen. Denn bislang war es so: Selbst, wenn alle anderen Kawasaki-Piloten hinterherfuhren, der Rekordchampion war immer schnell.
Für die Saison 2021 brachte Kawasaki ein neues Homologationsmodell. Weil der Motor dieselbe Basis wie das Vorgängermodell hat, muss der japanische Hersteller aber weiterhin mit 14.600/min fahren, während die Motoren der Konkurrenz bis zu 16.100/min drehen dürfen. «Neue Kolben machen noch keinen neuen Motor», begründete die FIM damals.
Alex Lowes fährt seit 2020 für das Kawasaki-Werksteam, sein Vertrag läuft bis Ende 2023. In seinen zwei Kawasaki-Jahren hat er verletzungsbedingt nur die WM-Ränge 6 und 8 erreicht, in 54 Rennen eroberte der Engländer für die Grünen neun Podestplätze, darunter ein Sieg in Australien 2020.
«Wenn ich gesund bin, dann bin ich auch konkurrenzfähig und kann mit diesem Motorrad jedes Wochenende aufs Podium fahren», sagte Lowes im persönlichen Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Das ist nach wie vor ein gutes Motorrad. Das Problem mit Johnny ist, dass er gewinnen muss. Wir sind jetzt in einer Situation, in der die anderen Motorräder auch gut sind – ebenso wie die anderen Teams und Fahrer. Auf einigen Strecken ist die Kawasaki siegfähig, auf anderen sind die Probleme deutlich erkennbar.»
Wenn Lowes und Rea von «Problemen» reden, meinen sie den offensichtlichen Topspeed-Nachteil der ZX-10RR.
«Johnny hat das Können, mit diesem Motorrad um den Titel zu kämpfen», weiß Lowes. «Schnell sein können damit aber auch andere. Wenn es dir an Topspeed fehlt, dann musst du in allen anderen Bereichen ans Limit gehen. Wenn die anderen ihr Bestes geben, dann wird es schwierig. Aber so ist Rennsport – man hat nicht immer das beste Motorrad. Es sollte über die Regelung mit den Maximaldrehzahlen möglich sein, dafür zu sorgen, dass die Bikes auf den Geraden ähnlich schnell sind.»
Wenn am Wochenende 8.–10. April im MotorLand Aragon die Weltmeisterschaft 2022 beginnt, sind pro Hersteller folgende Maximaldrehzahlen erlaubt:
Ducati Panigale V4R – 16.100/min
Honda CBR1000RR-R – 15.600/min
BMW M1000RR – 15.500/min
Yamaha R1-M – 14.950/min
Kawasaki ZX-10RR – 14.600/min