Ein rares Racing-Problem: Zu viel Grip am Hinterrad
Jeder Rennfahrer, hier Alvaro Bautista, wünscht sich viel Grip am Hinterrad
Seit 2004 ist Pirelli Einheitsreifenlieferant sämtlicher SBK-Klassen, deren Einführung sorgte im Fahrerlager für Empörung. Das habe nichts mit Rennsport zu tun, hieß es damals. Viele Teams hatten lukrative Verträge mit Reifenherstellern und sorgten sich um ihr Dasein. Stillstand gab es seither aber nie.
Rückblickend war Flamminis Idee visionär. Das Wettrüsten bei den Reifen hat ein Ende, die Qualität des Gummis entscheidet nicht mehr über Sieg oder Niederlage. Viele andere Rennserien haben die Idee mit den Einheitsreifen aufgegriffen, längst gibt es sie auch in der Formel 1 und MotoGP.
Die Rundenzeiten in der Superbike-WM werden auch dank Pirelli immer schneller. 2019 wurde für das Superpole-Race der weiche SCX-Hinterreifen eingeführt, der sich seither zum normalen Rennreifen gemausert hat. Seit diesem Jahr gibt es den superweichen SCQ, das Q steht für «Qualifyer». Der SCQ darf aber nicht nur in der Superpole eingesetzt werden, sondern auch im Sprintrennen.
Inzwischen produzieren die Hinterreifen von Pirelli so viel Grip, dass die Vorderreifen nicht mehr mithalten können und die Motorräder am Kurveneingang über das Vorderrad schieben.
Während des zweitägigen Barcelona-Tests zur Mitte der sechswöchigen Sommerpause bekamen die Fahrer von Pirelli erstmals einen superweichen Vorderreifen, quasi einen SCQ für vorne.
«Der Reifen hat guten Grip und mein Gefühl war ebenfalls gut», urteilte WM-Leader Alvaro Bautista beim Treffen mit SPEEDWEEK.com. «Ich fuhr vier Runden und anschließend einen zweiten Stint, da baute er aber stark ab. Dann fuhr ich acht Runden am Stück, da war es deutlich besser. Wenn du die Runden mit diesem Reifen am Stück fährst, ist er konstanter. Wenn es heiß ist, wird er aber bereits nach wenigen Runden recht schwammig. Für mich ist der Kompromiss aus Grip und Bewegung über längere Distanzen mit dem bisherigen Vorderreifen besser. Es nützt dir nichts, wenn du zwar guten Grip hast, sich das Motorrad aber bewegt und du deshalb die Linie nicht halten kannst.»
Der nächste Entwicklungsschritt von Pirelli wird so aussehen, dass sie den weichen Gummi mit einer anderen Karkasse kombinieren, um die Bewegung in den Griff zu bekommen. Mit der gleichen Gummimischung vorne wie hinten will Pirelli dem Untersteuern der Motorräder am Kurveneingang entgegenwirken.