Neue Ducati: Erfolg ist wichtiger als Prinzipientreue
Nach und nach hat Ducati Prinzipien und Alleinstellungsmerkmale über Bord geworfen, um in der Superbike-WM auch weiterhin vorne mitzumischen. Der Gitterrohrrahmen wurde ebenso geopfert wie die V2-Motoren, als nächstes muss die Einarmschwinge dran glauben.
Ende Juli hat der Hersteller aus Bologna in Misano die neue Panigale V4 präsentiert, mit ihr sollen zukünftige Superbike-Weltmeisterschaften ab 2026 gewonnen werden. Mit diesem Modell verschiebt Ducati die Grenzen der Straßen-Supersportmotorräder noch weiter. Die neue Maschine entstand durch eine tiefgreifende Weiterentwicklung des Motorrads, das mit Alvaro Bautista in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Superbike-Weltmeisterschaft gewonnen hat, und wurde in Bezug auf Design, technische Basis und Ergonomie komplett überarbeitet.
«Ducati hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben der Menschen mit technologisch anspruchsvollen Motorrädern zu bereichern, die sich durch sinnliche Schönheit auszeichnen», erklärte Ducati-Geschäftsführer Claudio Domenicali bei der Präsentation. «Nur wenige Motorräder wie die neue Panigale V4, die siebte Generation der Ducati-Superbikes, erfüllen diese Mission. Ein Motorrad, das eine Geschichte von Erfolgen und unvergesslichen Modellen fortsetzt und das den maximalen Ausdruck unserer Werte von Stil, Raffinesse und Innovation darstellt.»
Einige Veränderungen an der neuen Panigale werden auch der Rennmaschine zugutekommen, so soll die Vorherrschaft in den seriennahen Meisterschaften zurückerobert werden.
«Nach der normalen Schwinge habe ich bereits 2019 gefragt», sagte Ducati-Star Bautista im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Mit einer konventionellen Schwinge fühlt sich das Motorrad stabiler an, mit der Einarmschwinge bewegt es sich stark. Es ist seltsam: Eine Einarmschwinge muss steifer sein, weil du nur einen Arm hast. Gleichzeitig bewegt sich das Bike aber mehr, weil nur ein Arm für Stabilität sorgt. Das sorgt für ein seltsames Gefühl. Als ich in Misano die neue Panigale gefahren bin, fühlte sie sich mehr wie ein normales Bike an. Als ich 2019 aus der MotoGP kam, hätte ich gerne eine normale Schwinge gehabt. Damals sagte man mir, dass die Einarmschwinge Ducati-Philosophie wäre. Okay, das war ihre Philosophie. Aber wenn die anderen Bikes immer besser, besser und besser werden, dann muss Ducati einen weiteren Schritt machen. Dieser Schritt wird dem neuen Motorrad sehr helfen. Früher hatten sie auch einen V2-Motor und jetzt einen V4. Wenn du traditionell sein willst, dann ist diese Philosophie großartig. Aber wenn du wettbewerbsfähig sein willst, dann musst du dich an die neue Ära anpassen.»
Die Ducati-Piloten müssen sich gedulden: Weil die Entwicklung der Rennmaschine mit maximal 1000 ccm einige Zeit in Anspruch nimmt, die Serien-V4 hat 1103 ccm, werden die Fahrer 2025 erneut mit dem diesjährigen Modell antreten.
Bei Ducati geht die Entwicklung entsprechend weiter, derzeit wird mit längeren Schwingen experimentiert, die nichts mit der Performance zu tun haben. «Wir sind mit der bisherigen Schwinge am Limit angelangt», hielt Bautista fest. «Wenn wir den Radstand länger machen wollen, können wir das nicht. Und wenn ich ihn um 4 mm verkürze, dann wird das Motorrad beinahe unfahrbar. So kann sich jeder vorstellen, von was für Größenordnungen wir reden. Und jeder kann sich ausmalen, was es für mich bedeutet, wenn wir sechs Kilogramm an mein Motorrad packen müssen, wenn es sich mit einer Veränderung von ein paar Millimetern kaum noch fahren lässt.»
Rechnet Bautista mit einer Änderung der Gewichtsregel für 2025? «Nein. Sie haben diese Entscheidung getroffen und die Regel letztlich wegen eines Fahrers eingeführt. Okay, ein paar andere Fahrer werden damit ebenfalls bestraft, aber geändert wird diese Regel nicht. Wir arbeiten daran, damit klarzukommen, uns zu verbessern und schneller zu werden.»
Im November wird der Spanier 40 Jahre alt, sein Vertrag mit Ducati läuft bis Ende der Saison 2025. Ob er dann noch ein Jahr oder mehrere dranhängt, macht er von seiner Freude am Fahren und den Erfolgen im nächsten Jahr abhängig.
Zwei Events vor dem Schluss der Saison 2024 ist Bautista WM-Dritter hinter BMW-Aushängeschild Toprak Razgatlioglu, der bereits in Portugal zum zweiten Mal Weltmeister werden kann, und seinem Aruba-Teamkollegen Nicolo Bulega, zu dem ihm nach zwei Siegen in Aragon 42 Punkte fehlen.