Abrüstung: Superbikes für maximal 250.000 Euro?
Die kostbare Werks-Aprilia von Max Biaggi
In den letzten zehn Jahren gab es nie ein reibungsloses Nebeneinander von MotoGP-Rennserie und Superbike-WM. Der italienische Superbike-WM-Promoter Flammini rieb sich im Kleinkrieg gegen die Königsklasse auf, auch als beide Serien unter dem Dach der Investmentfirma Bridgepoint vereint waren.
Flammini türkte die Zuschauerzahlen, freute sich diebisch über die grössere Anzahl beteiligter Werke und öffnete einigen verkappten Prototypen Tür und Tor. Man denke nur an die V2-Bimota-Suzuki von Anthony Gobert oder die 900-ccm-Dreizylinder-Petronas, von der es bis heute noch kein Fahrzeug bis in den Strassenverkehr geschafft hat. Auch die Aprilia RSV4 gilt als kompromisslose Rennmaschine.
Auch andere Rennmaschinen wie der BMW S1000R waren längst im Renneinsatz, bevor sie im Handel erhältlich waren, was dem Geist des Reglements grob widerspricht.
Flammini scherte sich auch nicht um das Thema Kostensenkung. Er sprach kaum nennenswerte Testverbote aus, es wurde nie eine Beschränkung für die Anzahl der verwendeteten Motoren eingeführt.
Seit September ist Dorna Sports als Promoter der Superbike-WM tätig, Flammini wurde von Infront Motorsport ausgebootet. Dorna-Sports-Chef Carmelo Ezpeleta strebt jetzt genau so rigorose Sparmassnahmen an, wie er sie in den drei GP-Klassen durchgesetzt hat.
Dorna Sports hat dem Herstellerbündnis Motor Cycle Manufacturer’s Association (MSMA) mit einem sehr seriennahen Superstock-Reglement gedroht für den Fall, dass die Werke bei den Abrüstungsvorschlägen in den nächsten drei bis vier Monaten keine konkreten Ideen auf den Tisch legen.
«Mein Ziel ist es, dass alle Hersteller ein Paket mit zwei Motorrädern anbieten, das pro Fahrer und Saison 2014 maximal 250.000 Euro kosten darf. In diesem Betrag muss alles eingeschlossen sein, was ein Team an Material für eine Saison benötigt. Nur die Sturzteile sollen extra verrechnet werden», erklärte Carmelo Ezpeleta gegenüber www.speedweek.com
Und jeder in der Superbike-WM vertretene Hersteller (Honda, Yamaha, Suzuki, Kawasaki, Ducati, BMW und Aprilia) muss bis zu sechs Fahrer ausstatten, wenn die Nachfrage der Teams entsprechend gross ist. Dann ist die angepeilte Kleinserie gewahrt, die Superbikes können dann in ähnlichem Zustand für die nationalen Meisterschaften eingesetzt werden. Sieben Hersteller mit maximal je sechs Bikes, das würde für 2014 die stattliche Anzahl von 42 Fahrern ergeben! Ezpeleta: «Wir rechnen damit, dass alle Werke zustimmen.»
In der Superbike-Szene hält sich die Vermutung, dass mit einem Superstock-Reglement nur Ducati und BMW richtig konkurrenzfähig wären. Deshalb ringen die anderen fünf Hersteller um einen Kompromiss, der mehr technische Freiheiten erlaubt. Bis Mai soll über das Grundkonzept des künftigen Technik-Reglements Einigkeit herrschen.
Ein klares Ziel ist, die Superbikes 2014 wieder seriennäher zu gestalten, um sich deutlicher von den MotoGP-Prototypen zu unterscheiden. 2013 kostet ein Claiming-Rule-Paket bei Suter-BMW rund 550.000 Euro pro Fahrer und Saison. Manche Experten meinen, heute koste ein siegfähiges Renn-Superbike rund 300.000 Euro – pro Exemplar.
«Ich liebe die Superbikes. Ich schaue mir seit zehn Jahren alle Rennen im Fernsehen an, wenn ich frei habe», erklärte Valentino Rossi. «Aber sie sind technisch zu dicht an die MotoGP-Prototypen herangerückt. Die zwei Meisterschaften müssen sich deutlicher unterscheiden. Es macht Sinn, zwei grosse Serien durchzuführen. Aber es sollen die Prototypen deutlicher von den Superbikes zu unterscheiden sein, sie sollten zu den Ursprüngen zurückgeführt und seriennäher werden. Bei den Superbikes muss ein Schritt zurück gemacht werden. Das Problem ist, dass das Produkt MotoGP viel weniger Spektakel bietet als vor fünf, sechs oder zehn Jahren. Die Hersteller setzen zu viel Elektronik ein. Die Dorna darf sich von den Herstellern in beiden Serien nicht zu stark unter Druck setzen lassen.»