SBK-Ikone Noriyuki Haga: Zwischen Genie und Wahnsinn
Wie fast alle WM-Piloten begann auch Noriyuki Haga sehr früh mit dem Motorradfahren. Im Alter von vier Jahren schenkte ihm sein Vater ein Pocket-Bike. Ab 1980 (Geboren 1975) fuhr er damit bei diversen Rennveranstaltungen mit. 1993 bestritt Haga-San die japanische 250-ccm-Klasse, anschließend nahm er an der nationalen Superbike-Meisterschaft teil.
Die internationale Bühne betrat Nitro-Nori erstmals 1996, als er beim 8-Stunden-Rennen in Suzuka gewann. Auch bei einem Wildcard-Einsatz in der Superbike-WM in Sugo glänzte der zukünftige Star mit einem zweiten Platz. Im Folgejahr wurde Haga Japanischer Superbike-Meister und bei seinen WM-Einsätzen für den verletzten Colin Edwards machte er mit einem Sieg und einem zweiten Platz von sich Reden.
Ab nun begann der Japaner auch seine legendäre Startnummer 41 zu tragen, welche ihn seine ganze Karriere über begleiten sollte. Mit Scott Russell pilotierte Haga eine Yamaha YZF 750 SP. Dieses Motorrad war zu dieser Zeit bereits in die Jahre gekommen. Verglichen mit der Konkurrenz von Ducati und Honda nicht konkurrenzfähig genug, das Fahrwerk jenseits von Gut und Böse. Manchmal schien es wie ein Wunder, dass Haga das Bike auf spektakuläre Art und Weise überhaupt um die Kurven prügeln konnte. Das Hinterrad schien ihn regelmäßig überholen zu wollen. Mit fünf Siegen wurde Haga-San noch Gesamt-Sechster. Bei einem Wildcard-Einsatz in der Motorrad-WM bis 500 ccm überraschte Haga und wurde Dritter.
1999 kam die neue Yamaha R7 zum Einsatz, der Durchbruch blieb jedoch aus. Gesamt-Siebter und nur ein Sieg. 2000 wurde er Vizeweltmeister, wurde aber durch die Einnahme von Ephedrin des Dopings überführt, in Brands Hatch gesperrt und verpasste somit einen möglichen Titel gegen Colin Edwards (Honda). Auf der Rennstrecke erzielte Haga vier Laufsiege.
Danach wechselte der jetzt 39-Jährige mit Yamaha ins GP-Fahrerlager in die 500-ccm-Klasse, die Saison war von zahlreichen Stürzen geprägt. Ein Jahr später war er schon wieder bei den Superbikes und fuhr eine Aprilia RSV Mille: Gesamt-Vierter, allerdings ohne Sieg. 2003 wagte er mit dem italienischen Hersteller den Sprung in die neue MotoGP-Klasse, doch die RS3 Cube war ein Rohrkrepierer und es reichte nur für WM-Rang 14.
Neues Jahr, neuer Hersteller: 2004 fuhr Haga ein Jahr für Renegade Ducati. Mit der 999 kämpfte er gegen die Ducati-Werkspiloten Régis Laconi und James Toseland um den Titel. Toseland ging als Sieger hervor und wurde Weltmeister. Haga gewann jedoch sechs Rennen (drei mehr als Toseland), darunter ein Doppelsieg in Brands Hatch.
Nach der Yamaha-Rückkehr 2005 wurde der Japaner WM-Dritter, ein Jahr danach ebenfalls. Erst 2007 hatte er wieder eine reelle Chance auf den Titel, wurde aber wieder von James Toseland geschlagen, wenn auch denkbar knapp (zwei Punkte). Wieder gewann Haga sechs Rennen. 2008 war ihm abermals kein Titel gegönnt, Troy Bayliss (Ducati) dominierte die Saison.
Erst 2009 wechselte Haga von Yamaha wieder zu Ducati, als Nachfolger für Bayliss, der nach seinem dritten Superbike-WM-Titel zurücktrat. Ein schwerer Sturz zeichnete diese Saison, eine Zeit lang war es sogar ungewiss, ob Haga in jenem Jahr überhaupt noch einmal zurückkommen kann. Mit Pleiten, Pech und Pannen ging ihm auch diese Titel-Chance durch die Lappen. Ben Spies (Yamaha) wurde Meister.
2010 diente Haga noch für Xerox Ducati ab und wurde Gesamt-Sechster. 2011 stieg er für das Team Pata auf eine RSV4. Es gelangen ihm noch insgesamt acht Podestplätze, ehe ihn seine Wege in die BSB führten, wo sich seine Karriere endgültig festfuhr. Ein Comeback in der Superbike-WM 2013 mit BMW Grillini in Imola verlief glanzlos. Haga hatte seinen Zenit längst überschritten.
Noriyuki Haga ist dennoch einer der faszinierendsten Fahrer der letzten 20 Jahre – sein Fahrstil war atemraubend. Er ist der erfolgreichste Pilot der Superbike-WM, der nie einen Titel einfuhr. Gemessen nach Siegen ist Haga der dritterfolgreichste Fahrer der Superbike-WM überhaupt. In insgesamt 314 Rennen siegte er 43 Mal für unterschiedliche Hersteller. Lediglich Troy Bayliss und ‘King‘ Carl Fogarty gewannen mehr Superbike-Rennen.