Sylvain Guintoli: «Kann mit Honda Weltmeister werden»
Sylvain Guintoli entschied sich frühzeitig für Honda
Von seinem schweren Sturz in Jerez Ende Januar nach wie vor angeschlagen, fuhr Sylvain Guintoli beim Superbike-WM-Auftakt in Australien vor acht Tagen tapfer auf die Ränge 7 und 5. Angesichts der starken Leistung seines Teamkollegen Michael van der Mark, der als Rookie im ersten Lauf auf Platz 5 preschte und das zweite Rennen zeitweise anführte, ist Honda dieses Jahr einiges zuzutrauen.
Weshalb hast du dich bereits letzten Oktober entschieden zu Honda zu gehen, lange bevor du Weltmeister warst?
Es ist nicht so, dass ich Aprilia verlassen habe. Mit Honda-Sponsor Pata verband mich einiges, 2012 haben sie mich aufgefangen, als ich von Effenbert kam. Sie gaben mir ein Motorrad und ich gewann die ersten zwei Rennen für dieses Team. Unser erstes gemeinsames Rennen war in Silverstone im Regen, das gewann ich auf Anhieb. In Magny-Cours fuhr ich dann im Trockenen erneut aufs Podium und gewann den zweiten Lauf im Nassen.
Wir standen seither immer in Kontakt. Als ich bei Honda unterschrieb, lange bevor die Meisterschaft zu Ende war, wollte ich das wirklich tun. Es war unklar, wie es mit Aprilia weitergeht. Ich dachte mir, dass Honda ein gutes Team wäre mit viel Erfahrung.
Jonathan Rea verließ das Team. Die Tatsache, dass ich zu ihnen wechseln würde, auch wenn ich nicht Weltmeister werde, gab mir zusätzliche Energie.
Jetzt bin ich Weltmeister und sehe in Honda eine große Herausforderung. Nun kann ich versuchen, dieses Kunststück mit einem anderen Hersteller zu wiederholen. Sollte mir das gelingen, hätte ich wirklich etwas erreicht.
Das ist nicht vielen Fahrern gelungen.
Nein, das ist harte Arbeit. Ich habe das schon während der ersten Testfahrten mit der Honda gemerkt. Zwei Jahre lange habe ich an meinem Fahrstil gearbeitet, dass er perfekt zur Aprilia passt. Jetzt muss ich vieles ändern. Auch die Arbeitsweise mit den neuen Technikern ist anders, wir müssen uns erst verstehen lernen. Ich muss das Motorrad verstehen lernen – das wird etwas dauern. Panik habe ich deswegen aber keine.
Die Honda ist gänzlich anders als das Motorrad, welches ich die letzten beiden Jahre fuhr. Wir haben uns während der Tests in einem sehr breiten Abstimmungsfenster aufgehalten, wir finden den Weg.
Kannst du erklären, weshalb jeder Fahrer, der auf die Aprilia steigt, von Anfang an schnell ist und jeder, der zu Honda kommt, hat erst einmal einen Berg Arbeit vor sich?
Jedes Motorrad hat seinen eigenen Charakter. Die Bikes während der Wintertests lassen sich nur schwer vergleichen. Wir benützten von Anfang an die 2015er-Honda, Aprilia fuhr lange mit dem alten Motorrad.
Ich verstehe die Honda langsam, einige meiner Reflexe muss ich ändern. In dieser Phase musst du für alles offen sein und musst erarbeiten, was dir liegt und was nicht. Wenn die Saison losgeht, muss das sitzen. Mir fehlt nicht mehr viel.
Verbreitete Meinung im Superbike-Paddock ist, dass Jonathan Rea der einzige Fahrer ist, der auf der Honda gewinnen kann. Ist dieses Motorrad wirklich so schwierig zu fahren?
Das würde ich nicht so sagen. Jonathan fuhr viele Jahre Honda, er kennt das Bike sehr genau. Er weiß seine Stärken und hat seinen Fahrstil angepasst, er weiß, wie das Motorrad funktioniert.
Wenn du auf ein neues Motorrad steigst ist das, wie wenn du auf ein Pferd steigst. Beim ersten Mal tritt es dich mit dem Bein, beim zweiten Mal ist es freundlicher, weil du ein Gefühl für es bekommst.
Viele Fahrer vor dir sind gescheitert: Xaus, Neukirchner, Aoyama, Sofuoglu, Haslam. Lediglich Carlos Checa schlug sich als WM-Vierter ordentlich, Ryuichi Kiyonari gewann immerhin drei Rennen.
Es wird interessant zu sehen, wie ich mich schlage.
Viel hat sich geändert. Wir haben jetzt andere technische Regeln, es kamen neue Leute ins Teams, mit Massimo Bartolini wurde die Elektronik letztes Jahr deutlich besser. Diesen Prozess wollen wir vorantreiben.
Ich weiß, dass ich Rennen gewinnen und sogar Weltmeister werden kann. Wenn wir alles so hinbekommen, dass mir das Motorrad zusagt, dann sehe ich keinen Grund, weshalb wir nicht an der Spitze kämpfen sollen.
Wenn du die Honda mit der Aprilia vergleichst: Hat die Honda Vorteile gegenüber der RSV4?
Der mechanische Grip der Honda ist sehr gut, so etwas ist konstruktionsabhängig. Das Gesamtpaket der Honda ist wirklich gut, sie muss nur ganz anders gefahren werden als die Aprilia.
Wir reden von völlig unterschiedlichen Motorrädern. Die Honda ist ein Reihenvierzylinder, die Motorbremse und die Leistungsentfaltung ist ganz anders als beim V4 der Aprilia.