Max Biaggi in Misano: Italien wartet auf Enthüllungen
Was Max Biaggi in Misano zeigt, kann man nur als riesengroße Show bezeichnen. Nach zweieinhalb Jahren Rennpause ist es, als wäre der bald 44-Jährige nie weg gewesen. Als Fünfter in der Superpole verlor er lediglich 0,249 sec auf Polesetter Tom Sykes (Kawasaki). 0,038 sec schneller und Biaggi stünde auf Startplatz 2!
SPEEDWEEK.com traf sich mit dem sechsfachen Weltmeister in der Aprilia-Hospitality zum exklusiven Interview.
Bist du zufrieden mit dem fünften Platz?
Ja, der ist gut, ich bin glücklich. Mich freut auch der geringe Rückstand, Platz 2 und 5 trennen nicht einmal eine halbe Zehntelsekunde, das ist beinahe nichts.
Ist dir eine perfekte Runde gelungen?
Nein. Ich machte zwar keinen Fehler, hätte in der ersten Runde mit dem Qualifyer dem Reifen aber mehr trauen sollen. Ich habe es versucht, das war aber nicht genug. In meiner zweiten Runde fuhr ich die gleiche Zeit wie in der ersten, in der ersten muss man normal aggressiver fahren. Aber ich wusste nicht, wie viel Grip der Hinterreifen hat, ich bin ihn nie zuvor gefahren. Ich musste während der Runden lernen, da ließ ich mit Sicherheit etwas liegen. Trotzdem erledigte ich gute Arbeit, ich bin zufrieden.
Wie fühlst du dich nach zwei Tagen zurück in der Superbike-WM, körperlich und mental?
Der Tag ist sehr kurz, ich habe viel zu tun, es geht bis nachts um 24 Uhr. Als ich noch Profi war, gestaltete ich meinen Zeitplan. Ich habe mich aber dazu entschieden, eng mit Aprilia und dem italienischen Fernsehen zusammen zu arbeiten. Deshalb mache ich Sachen, die normale Rennfahrer nicht tun.
20 Minuten bevor ich die Lederkombi anziehe, kommt ein Kamerateam in mein Motorhome und wir reden. Das ist die Zeit, in der man sich normal konzentriert und entspannt. Solche Extrapflichten helfen sicher nicht. Aber ich bin nicht hier um zu gewinnen, ich will nur ordentliche Arbeit abliefern.
Macht dich die zusätzliche Medienarbeit langsamer?
Ich weiß nicht, das ist schwierig zu beantworten. Es wäre einfach ja zu sagen, aber ich kann das nicht belegen. Wenn du dir anschaust, was ich in der Vergangenheit geleistet habe, und du denkst dir die heutige zusätzliche Arbeit weg und machst mich etwas schneller, dann meine ich, dass es zu schnell ist. Ich glaube, das ist mein Maximum.
Stimmt es, dass du einen Sensor zum Messen des Herzschlags trägst?
Ja.
Was war das Maximum bislang?
Das darf ich nicht sagen, das wird am Sonntag während der Rennen exklusiv im italienischen Fernsehen gezeigt, als Überraschung. Wir haben auch einen Sensor, der die Temperatur in der Lederkombi misst.
Wie hoch ist dein Herzschlag wenn du trainieren gehst, mit dem Rennrad oder zum Joggen?
Ich trainiere ohne Messgerät, aber sicher über 130.
Wenn am Sonntag das Rennen gestartet wird, schlägt dir das Herz dann bis zum Hals?
Vielleicht rast dann mein Puls.
Wird das ein spezieller Moment für dich nach der langen Rennpause?
Schon die Superpole war besonders. Ich war gewohnt das dritte und vierte Training zu fahren, dann zehn Minuten Pause, dann die Superpole. Heute sind die Trainings auseinandergerissen, ich muss dreimal die Lederkombi anziehen.
Magst du das neue Qualifying?
Das alte war für die Fahrer gemacht, das neue ist mehr für die Show. Man muss rausfahren und alles geben, nicht nachdenken. Für einen älteren Fahrer, der das alte System gewohnt ist, ist das neue härter. Ein junger Fahrer passt sich leicht an, weil er es nicht anders kennt.
Aber ich komme klar. Ich fuhr eine sehr gute Zeit, meine beste Zeit jemals in Misano.
Am Freitag hast du mir gesagt, dass es unmöglich ist, dass du am Sonntag gewinnst. Siehst du das immer noch so?
Mehr als zuvor.
Ich sollte also kein Geld auf dich wetten?
Nein, du wirst es verlieren.
Was für Ergebnisse erwartest du?
Wenn ich es in die Top-5 schaffe, bin ich glücklich. Das wird nicht einfach, die 21 Runden sind lang für mich.
Siehst du außer den zwei Werks-Kawasaki und den drei Werks-Aprilia jemanden, der vorne mitfahren kann?
Unterschätze Ducati nicht. Ich bin mir sicher, wir werden eine Ducati in den Top-4 sehen.
Kannst du erklären, weshalb alle Fahrer so eng beisammen liegen?
Das war in Misano immer so. Wenn einer 2 oder 3/10 sec schneller fährt, dann ist er in seiner eigenen Welt. Das ist hier wirklich viel.
Die Zeit von Tom Sykes war also außergewöhnlich gut? Er fuhr 0,212 sec schneller als der Zweite.
Ja, aber... er war der Einzige, der den Qualifyer in Superpole 1 testen konnte. Er wusste, was ihn erwartet und er gab ein kleines bisschen mehr in Superpole 2. Er riskierte einiges, weil er durch Superpole 1 musste. Ich hätte das so planen können, aber mir war das zu riskant.