Rolf Biland: Ecclestone, Zigaretten & Kartmotor-Flop
Der Schweizer Rolf Biland hat sieben Seitenwagen-WM-Titel gewonnen. Den ersten Grand Prix bestritt Biland mit Fredy Freiburghaus mit einem CAT-Crescent-Gespann 1974 in Clermont Ferrand/Frankreich. Rolf Biland, der am 1. April 2021 seinen 70. Geburtstag feiert, hat eine unfassbare Dreirad-Karriere hingezaubert. Er hat 81 GP-Siege errungen und neben den sieben Titelgewinnen nicht weniger als acht Vize-WM-Titel vorzuweisen. Dazu kommen drei dritte WM-Ränge. Biland hat die WM also 18 Mal unter den Top-3 beendet.
Rolf, habt ihr damit leben können, dass die Medien euch Dreirad-Artisten außerhalb Medien der Seitenwagen Hochburg Schweiz wenig Anerkennung entgegen brachten? Dabei gibt es kein instabileres Renngerät als einen Seitenwagen. Was ihr auf der Strecke geboten habt, war doch wirklich spektakulär.
Das Problem war eben, dass wir Seitenwagen-Fahrer immer selbstständig waren und alles selber gemacht haben, sei dies Schweissen oder Löten. Und jeder hat sein eigenes Gespann gebaut. Die Konstrukteure Schmid, Windle, Kurth und auch Busch haben immer nur Einzelanfertigungen konstruiert. Der Schweizer Louis Christen von LCR war eigentlich der Erste, der den Bau von Seitenwagen professionell betrieben hat und seine Gespanne für jeden Kunden zum Kauf angeboten hat.
Das war ein Riesenschritt vorwärts, aber irgendwie sind wir das Bastel-Image nie wirklich losgeworden. Trotzdem wurden die Tabakriesen auf uns aufmerksam. Egbert Streuer war der erste, der von Barclay unterstützt wurde, später dann von Lucky Strike und Hollywood. Dank dem gewieften Lee van Dam. Dann kamen wir mit Rothmans dazu. Diese Tabakgiganten machten natürlich Druck – und wir erhielten dadurch mehr Fernsehminuten.
Schade auch, dass es später mit Ecclestone zu keinem Deal kam, als er und die Dorna 1992 die Weltmeisterschaft kommerziell übernahmen. Ich war mit Webster, Michel und Streuer bei ihm im Büro in London. Dort sassen wir uns auf Ledersesseln gegenüber und diskutierten. Immerhin hat er uns eine halbstündige Audienz gewährt. Leider hat es nicht geklappt, denn er sah den Vorteil von den Seitenwagen, nämlich die grösseren Werbeflächen, und wollte uns als Vorprogramm in die Formel 1 übernehmen.
Also mich hätte das Experiment schon gereizt. Monaco zum Beispiel, trotz den Leitplanken. Aber die alten Funktionäre bei der FIM waren dagegen, denn wir fahren ja keine Autos.
Genauso haben sie sich dagegen gewehrt, als wir mit den Querlenkern beim Seitenwagen angefangen haben. Damals waren einfach alle dagegen und das hätte man aus diesen greisen Köpfen nie weggebracht.
A propos Geld. Du hast doch bei Rothmans, Hollywood, Dow Chemical, Feldschlösschen, Longines etc. sicher einen Haufen Geld verdient. Hast du das meiste wieder in den Rennsport investiert?
Genau. Klar, ich habe ich auch etwas zur Seite gelegt. Aber ich habe schon viel in den Rennsport investiert und dabei leider auch verloren.
Schade, dass die Tabakwerbung dann verboten wurde, denn geraucht wird ja trotzdem, es hat also nicht viel genützt. Und die wissen nicht mehr, wohin mit dem vielen Geld. (Er lacht).
Mit deinem Kart-Motoren-Projekt habt ihr aber Schiffsbruch erlitten. Bist du ein schlechter Geschäftsmann, ein Pechvogel oder einfach ein sturer Schädel?
Nein, nein, denn die Konstellation hat einfach nicht gepasst. Wir waren der Zeit voraus, aber die Karts fahren ja noch immer mit Zweitakt-Motoren, das muss man sich in der heutigen Zeit mal vorstellen.
2003 hatte uns die FIA noch versprochen, eine Viertakt-WM einzuführen. Der damalige Präsident war dafür und in Belgien wurden Zweitakter sogar verboten. Und wir dachten, unsere Viertakt-Projekt wird sich durchsetzen.
Falsch, denn vor allem die Italiener waren vehement dagegen, weil sie wohl Angst hatten, dass wir ihren heimischen Zweitakt-Markt zerstören würden.
Ich war selber an Sitzungen dabei, und da sass ein gewisser Mauro Forghieri , der früher als Teamchef bei Ferrari gearbeitet hat. Der stellte sich sofort auf die Seite seiner Landsleute. Denn die Italiener hatten noch keinen Viertakt-Motor, wir in der Schweiz aber schon.
Ich war auch mit Urs Wenger von swissauto in Paris an einer FIA-Sitzung. Wir hatten im Köfferchen unseren Motor dabei. Am Tisch sassen so um die 30 Ahnungslose und lästerten über den Scheiss-Viertakter, zu gross, zu schwer und läuft nicht.
Als wir den Motor mit einer Hand aus dem Koffer gefischt und auf den Tisch gestellt haben, klappten ihre Kiefer nach unten.
Die Italiener merkten gleich: Au weia, da kommt Gegenwind auf uns zu und gaben sofort Gegensteuer. Das war’s dann. Und wie gesagt: Die Karts fahren immer noch mit Zweitaktern. Unglaublich.
Die WM-Karriere von Rolf Biland
1974: WM-Rang 9 mit Fredy Freiburghaus auf CAT-Crescent
1975: WM-Rang 3 mit Fredy Freiburghaus auf Seymaz-Yamaha
1976: WM-Rang 4 mit Ken Williams auf Seymaz-Yamaha
1977: WM-Rang 2 mit Ken Williams auf Schmid-Yamaha
1978: Weltmeister mit Ken Williams auf TT- und BEO-Yamaha
1979: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf BEO-Yamaha (Kat. B2a)
1979: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha (Kat. B2b)
1980: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1981: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1982: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1983: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1983: WM-Rang 4 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1984: WM-Rang 4 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha
1985: WM-Rang 3 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Yamaha/Krauser
1986: WM-Rang 8 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1987: WM-Rang 3 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1988: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1989: WM-Rang 4 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1990: WM-Rang 4 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1991: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-Honda
1992: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1993: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf LCR-Krauser
1994: Weltmeister mit Kurt Waltisperg auf LCR-swissauto
1995: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-BRM
1996: WM-Rang 2 mit Kurt Waltisperg auf LCR-BRM-swissauto