Als Tony Rickardsson den Professor überrumpelte
Bereits 1994 sollte es den Speedway-GP geben und das Weltfinale 1993, das in Pocking unweit von Passau ausgetragen wurde, das letzte seiner Art sein. Der Grand Prix kam jedoch erst ein Jahr später und so wurde am 20. August unter Flutlicht in Vojens letztmals der Weltmeister in einem Tagesfinale ermittelt. Mit dabei waren neben dem Engländer Marvyn Cox, der in Deutschland lebte und mit deutscher Lizenz fuhr, unter anderen Greg Hancock, der erst im Frühjahr 2020 seine einzigartige Laufbahn beendet hat und der damals 19-jährige Jason Crump, der diese Saison nach sieben Jahren Rennabstinenz in die britische Liga zurückkehrt.
1989 hatte der Däne Hans Nielsen seinen dritten Einzelweltmeistertitel gewonnen und war seitdem drauf und dran den vierten einzufahren. Am nächsten kam er diesem 1993 in Pocking, als er nach einer umstrittenen Situation mit Sam Ermolenko disqualifiziert und der Kalifornier Weltmeister wurde.
In Vojens sollte der vierte Titel für Nielsen her, der Däne begann erwartungsgemäß stark. Mit drei Laufsiegen startete der «Professor» makellos ins Rennen, ehe ihm wie schon 1993 ein Sturz zum Verhängnis wurde. Im 14. Lauf startete Nielsen vom äußeren Startplatz, kam aber nicht wie im Lauf zuvor, als er sich ebenfalls von gelb kommend mit einem herausragenden Start vor den späteren Champion Tony Rickardsson setzen konnte, in Front und ging zu Boden. Die Disqualifikation und null Punkte wurden bittere Realität.
Im letzten Durchgang der 20 Rennläufe hätten Nielsens Titelträume bereits ein Ende finden können, denn der Australier Craig Boyce, der nach seiner aktiven Karriere wie auch Nielsen Teamchef seiner Nation wurde, hätte mit einem Sieg im 19. Lauf auf 13 Punkte davonziehen und Weltmeister werden können. Der Schwede Rickardsson, der nach seiner Vizeweltmeisterschaft 1991 in den Jahren 1992 und 1993 in den Weltfinals nur 14. geworden war, bezwang den Australier und hatte heimlich, still und leise mit drei zweiten Plätzen und zwei Laufsiegen 12 Punkte auf dem Konto – wie Boyce.
Nielsen traf im 20. Lauf auf Ermolenko, wäre der Sturz in Lauf 14 nicht gewesen, hätte dieser Heat zum Triumphzug für ihn werden können. Nielsen gewann den Lauf, doch der WM-Titel konnte nicht gefeiert werden, denn das letzte Tagesfinale bedurfte eines extra Stechens zwischen Nielsen, Rickardsson und Boyce um die WM-Medaillen.
Für eine Runde lief es nach Wunsch im Staate Dänemark, denn Nielsen startete vom weißen Startplatz hervorragend, machte dem Australier Boyce die Türe zu und Rickardsson, der von außen kam, musste ausgangs der Startkurve einen kleinen Aufsteiger abfangen. Ausgangs der Zielkurve startete Rickardsson eingangs der zweiten Runde eine Attacke auf Nielsen, setzte sich innen neben den Dänen und übernahm die Führung. Nielsen konnte dem Speed Rickardssons nichts entgegensetzen und wurde wie bereits 1993 Vizeweltmeister.
Für den Schweden Rickardsson war der WM-Titel 1994 der erste von insgesamt sechs, die ihn nach Einzel-WM-Medaillen (6/3/2) zum erfolgreichsten Speedwayfahrer machen. Nielsen und Rickardsson sind die einzigen Fahrer, die einen Weltmeistertitel im klassischen Tagesfinale und im Grand-Prix-System gewannen. Nielsen ist zudem der Einzige, der einen Titel gewann, der über zwei Tage ausgefahren wurde: 1987 im Finale in Amsterdam über 40 Läufe.
Ergebnisse Speedway-WM-Finale 1994 Vojens/DK:
1. Tony Rickardsson (S), 12+3 Punkte
2. Hans Nielsen (DK), 12+2
3. Craig Boyce (AUS), 12+1
4. Greg Hancock (USA), 11
5. Tommy Knudsen (DK), 10
6. Marvyn Cox (GB), 9
7. Henrik Gustafsson (S), 9
8. Mark Loram (GB), 9
9. Josh Larsen (USA), 7
10. Jan Staechmann (DK), 7
11. Jason Crump (AUS), 6
12. Chris Louis (GB), 6
13. Sam Ermolenko (USA), 6
14. Stefan Dannö (S), 2
15. Piotr Swist (PL), 1
16. Billy Hamill (USA), 1
17. Roman Jankowski (PL), 0
18. Tomasz Gollob (PL), 0