NRT Yamaha: Eigentümer kämpft um Glaubwürdigkeit
Jules Cluzel gewann dieses Jahr schon drei Rennen – rechts neben ihm steht Teameigentümer Vafi Khan
Das Nerds Racing Team, wofür die drei Buchstaben NRT stehen, ist in einer bemitleidenswerten Lage. Nach acht von zwölf Rennen liegt Jules Cluzel mit 133 Punkten nur fünf hinter WM-Leader Sandro Cortese auf Platz 2. Der Franzose brauste dieses Jahr schon fünfmal aufs Podium, dreimal als Sieger. Teamkollege Thomas Gradinger aus Österreich fährt eine hervorragende Debütsaison, konnte in sechs Rennen in den Top-12 punkten und ist vor dem letzten Saisondrittel WM-Neunter.
Sportlich läuft bei NRT alles bestens, hinter den Kulissen rumort es aber schon das ganze Jahr. Als es im April zum Bruch zwischen Teamchef Vafi Khan und seinem ehemaligen Teammanager Gary Reynders kam, gab es gegenseitige Vorwürfe, die von Betrug über Unterschlagung bis hin zur Dokumentenfälschung reichen.
Am Tag der Deadline 19. Juli 2018 sagte Khan gegenüber SPEEDWEEK.com, er habe die zweite Reifenrate an WM-Vermarkter Dorna für die restliche Saison bezahlt. Der Inder behauptete außerdem, er habe sämtliche ausstehenden Gehälter überwiesen.
Bis zum heutigen 8. August 2018 hat keines der Teammitglieder sein Geld für die letzten Rennen erhalten. Sind nicht alle Ausstände bis zum nächsten Event in Portimao Mitte September bezahlt, wird das Team mangels Personal nicht am Start sein.
Vafi Khan verliert zunehmend an Glaubwürdigkeit. «Ich bin mit den Gehältern nicht spät dran, weil mir das Geld fehlt», teilte er im Juli mit. «Ich bin zu spät, weil meine Firma NRT in Dubai eine Buchprüfung hatte. So lange diese nicht abgeschlossen war, konnte ich keine Transaktionen tätigen.»
Das Tagesgeschäft in einer deutschen Firma läuft normal weiter, wenn es eine Buchprüfung durch das Finanzamt gibt. In Dubai verhält es sich nicht anders.
In einem längeren Schriftverkehr mit SPEEDWEEK.com erklärte Khan jetzt: «Es stimmt, dass die Teammitglieder noch kein Geld bekommen haben, am 28. Juli waren es drei Monate. Ich brauche für jede Banküberweisung eine Erlaubnis. Das schreibt ein Gesetz für alle Inder vor, wir brauchen die Erlaubnis der indischen Nationalbank. Die Normen der RBI kann jeder googlen. Um diesem Problem in Zukunft vorzubeugen, versuche ich gerade eine Firma in Spanien zu gründen.»
Seltsam: Khans Firma Nerds Motorcycle Repairing Garage LLC ist in Dubai eingetragen. Weshalb kommt das Geld jetzt aus Indien?
«Wir hatten ein Budget», holte der 29-Jährige aus. «Ich hatte alle Genehmigungen und das Geld und es gab keine Probleme. Nach allem, was mit Gary Reynders passiert ist, haben wir unser Budget um 250.000 Euro überzogen und ich muss die Zahlungsanweisungen aus meiner Heimat Indien neu organisieren. Als ich mit meinem Team in die Supersport-WM kam, wollte die Dorna eine Bankgarantie. Um zu sehen, ob wir in der Lage sind ein Team zu machen oder nicht. Ich habe diese abgeliefert, die Dorna war glücklich mit dem Budget.»
Gary Reynders bestreitet alle von Khan erhobenen Unterschlagungs- und Betrugsvorwürfe gegen ihn. Der Belgier bezichtigt den Inder im Gegenzug der Dokumentenfälschung, Reynders sagte wiederholt, dass die Bankgarantie gefälscht sei. SPEEDWEEK.com liegen keine Dokumente vor, welche die Aussagen der einen oder anderen Partei bestätigen, es gilt die Unschuldsvermutung.
«Es ist meine Schuld, dass ich mich nicht früher um alles gekümmert habe», gestand Khan. «Aber ich lerne aus meinen Fehlern. Ich war bei meiner Familie in Indien, als es die Buchprüfung bei meiner Firma in Dubai gab. Dann ist mein älterer Bruder gestorben und jetzt dieser ganze Papierkram. Zahlungen zurückzuhalten nützt niemandem. Für mich geschah alles zum falschen Zeitpunkt, ich versuche alles zu regeln. Niemand mag es, wenn die eigene Reputation leidet. Ich habe wegen Gary Geld verloren. Sponsoren haben Geld versprochen und nicht bezahlt. Ich weiß, dass die Familien meiner Teammitglieder von meinen Zahlungen abhängig sind. Deshalb beantworte ich auch jede deiner Fragen. Nicht dass sie denken, dass ich davonlaufe. Die Medien können dich als guten oder schlechten Typen darstellen und niemand weiß, wie es wirklich ist.»