Helga Heinrich-Steudel: «Meine Lieblingsstrecke»
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Helga Steudel 1967 - Der erste Sieg am Schleizer Dreieck
Die schwarze Rennkombi aus den 60er Jahren passt Helga Heinrich-Steudel noch immer wie angegossen. Wenn die Mylauerin dazu ihren weissen Helm aufsetzt, die Lederbrille mit den kantigen Gläsern tief ins Gesicht zieht und mit wehendem Haar auf der alten MZ davon braust, fühlt sich der Zuschauer 50 Jahre zurück versetzt. An das Rennen auf dem Schleizer Dreieck vor fünfzig Jahren kann sich Helga noch heute gut erinnern. Auf einer im Winter auf Pump gekauften 125er 4-Gang-MZ RE ging sie hier erstmalig an den Start. Mit Fahrern wie Klaus Pellert, Friedhelm Kohlar und Wolfgang Moses sollte sie damals mit der Startnummer124 sich manch spannendes Rennen liefern. 1960 auf dem Schleizer Dreieck leider nicht.
Obwohl ihr insbesondere der MZ-Kämpe Werner Musiol am Trainingstag bei der Einstellung des Vergasers behilflich war, hatte sie schon am Start Probleme mit dem Motorrad und musste die Kerze wechseln. Natürlich war mit diesem beträchtlichen Zeitverlust das Rennen für sie gelaufen. Es wurde am Ende der 14. Platz und damit wenigstens noch der Vorletzte. Ist zwar anzuerkennen, aber für Helga überaus ärgerlich. Es sollte zum Glück nicht ihr letzter Start auf dem Dreieck bleiben. Nach der ärztlich verordneten Rennpause 1961 schaffte die Rennamazone 1962 dann mit ihrer inzwischen legendär gewordenen Startnummer 112 nach einem furiosen Start – sie führte die Meute hinauf zum Buchhübel – am Ende den fünften Platz. Es wäre mehr drin gewesen, aber ihr spielten mal wieder die Zündkerzen einen Streich. Nach einem Sturz im Training wurde sie 1963 Zweitplatzierte hinter Roland Rentzsch.
Auf den sehnlich erwarteten Sieg auf ihrer Heimstrecke musste sie bis 1967 warten. Immer noch in der Ausweisklasse fahrend – die Funktionäre der FIM in Paris verweigerten ihr weiterhin die Lizenz – lieferte sie sich am 13. August 1967 mit Rainer Prass ein packendes Rennen. Wobei Prass mit festgegangenem Motor vorzeitig die Segel streichen musste. So war der Weg für Helga Steudel frei, die nach einer bravourösen Fahrt und einer Siegerzeit von 30:56,7 min., was ein Stundenmittel von 110,367 km/h entspricht, als vielumjubelte Siegerin abgewinkt wurde. Es sollte ihr letztes Rennen mit dem Motorrad auf dem Schleizer Dreieck werden, denn «die schnelle Helga» nahm am Ende der Saison Abschied vom Motorradrennsport.
Und so blieb 1969 Zeit zum heiraten, natürlich in der Schleizer Bergkirche. Das Schleizer Dreieck spielte dann wieder eine entscheidende Rolle für ihr Comeback. Im selben Jahr im August zum Rennen in Schleiz wurde sie von Heinz Melkus vom RS 1000-Virus infiziert. Es kam wie es kommen musste, ab 1970 startete Helga mit der «Flunder aus Dresden». Sie lieferte sich packende Rennen fortan auf vier Rädern. Ob mit dem RS 1000, verschiedenen Spidern und ab 1979 mit dem MT 77. Im übrigen hatte sie vom zweiten Jahr an auf vier Rädern was ihr auf dem Motorrad verwehrt blieb – eine Internationale Lizenz, natürlich nur für die Osteuropäischen Länder.
An ihre Erfolge auf dem Motorrad konnte sie im Auto nicht anknüpfen, wobei hier die Bergrennen ihre Spezialität werden sollten. Die Fans freuten sich aber immer wieder über ihre Auftritte. 1983 hängte sie wieder den Helm an den Nagel, um von nun an als Zuschauerin «ihrem Dreieck» die Treue zu halten. 2004 kam sie dann als Starterin wieder. Sie fährt in diesem Jahr mit einem 1600ccm-Rennwagen Estonia 25 dank des Teams Stark Motorsport aus Bad Lobenstein Gleichmässigkeitsrennen bei ADMV Classic-Veranstaltungen, in der GLPpro-Serie und natürlich auf dem Schleizer Dreieck.