Nach GT3-Bann: Wie geht es mit den Topklassen weiter?
Wann kehren die GT3 auf den Nürburgring zurück?
Die gute Nachricht zuerst: Die beiden Fans, die bei dem Unfall am Samstag verletzt wurden, sind am Sonntag wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden, ebenso wie Unglückfahrer Jann Mardenborough. Nach Angaben von Nissan ist Mardenborough gesundheitlich o.k., der 23-jährige ist von den Ereignissen tief erschüttert. Noch am Sonntagnachmittag hat der DMSB die GT3-Fahrzeuge, GT4-Fahrzeuge, Cup-Porsche und ähnliche Leistungsklassen so lange von der Nordschleife ausgesperrt bis der Unfall untersucht ist und Massnahmen ergriffen wurden, die für mehr Sicherheit von Fans und Fahrern sorgen. Das sorgt nicht nur zwischen Teams, Fahrern und Verband am Montag für glühende Telefonleitungen. Das ohnehin emotional stark behaftete Thema Nordschleife und die Massnahme des DMSB polarisiert die Fans und sorgt auf dieser Website wie auch in den diversen sozialen Netzwerken für hitzige Diskussionen.
Die Position der Fans lässt sich in zwei Lager aufteilen. Zum einen die Fans, denen die Geschwindigkeiten auf der Nordschleife zuletzt nicht geheuer waren und die in der Katastrophe die Chance zu einem Neustart sehen. Zum anderen die Fans, die sich Rennen auf der Nordschleife ohne die Topklassen nicht vorstellen und die kritisieren, die Problematik der gefährlich hohen Tempi der Topklasse sei lange bekannt, ohne das seitens der Verantwortlichen reagiert wurde.
Die Fahrer, mit denen Speedweek.com in den beiden vergangenen Tagen über die dramatische Ereignisse sprach, sind einer Meinung. «Es ist dramatisch und ich bin erschüttert und schockiert, aber leider war ein schwerer Unfall früher oder später vorhersehbar. Niemand hätte natürlich damit gerechnet, das so eine Katastrophe passiert», spricht René Rast das aus, was viele Fahrer, die seit Jahren auf dem Nürburgring antreten, denken.
«Das Tempo, dass dort an der Spitze mittlerweile gefahren wird, ist einfach zu hoch», sagt auch Marc Lieb. «Die Rundenzeiten sind jetzt 30 Sekunden schneller, als wir dort vor weniger als zehn Jahren mit dem GT2-Porsche gefahren sind und damals war es eigentlich schon zu schnell».
Nicht nur das Tempo ist eines von vielen Sicherheitsrisiken am Nürburgring, auch die Fahrweise. Timo Bernhard: «In den letzten Jahren konnte man feststellen, dass sehr viele neue Fahrer auf der Nordschleife unterwegs sind, die einen anderen Fahrstil mitbringen. Nur kann man auf der Nordschleife nicht so fahren wie in Hockenheim.»
Wie geht es nun mit den Topklassen auf der Nordschleife weiter? Während die Unfallursache untersucht wird, machen sich DMSB und Nürburgring Gedanken, wie es nun weitergeht. Bereits am 12. April, also in weniger als 14 Tagen steht das Qualifikationsrennen für das 24h-Rennen auf dem Nürburgring an.
Wenn das Rennen stattfinden sollte.
Das Quali-Rennen war schon im vergangenen Jahr schwach besetzt. Wenn nun die Topklassen noch Zwangspause haben, wird das Feld vermutlich zu klein, damit ein Rennen einen Sinn ergibt.
Sehr optimistisch eingeschätzt werden wir die Topklassen also frühestens zum zweiten VLN-Lauf am Monatsende wieder sehen, so es bis dahin Details zur Unfallursache und Lösungsansätze für mehr Sicherheit gibt.
Letzteres ist kniffelig: Mehr Sicherheit kostet Geld und damit war der Nürburgring zuletzt eher nicht gesegnet. Darüber hinaus gehen eventuelle Umbauten nicht über Nacht. Ein doppelter Spagat. An den GT3-Fahrzeugen lassen in der Kürze der Zeit keine entscheidenden technischen Änderungen vornehmen, sollte sich bei den Untersuchungen herausstellen, dass die GT3-Fahrzeuge und Nordschleife nicht mehr zusammen passen.
Die Fahrzeuge sind homologiert, Maßnahmen um die GT3 künstlich einzubremsen sind in der Kürze der Zeit bis zum 24h-Rennen Mitte Mai nicht möglich. Langsamer machen kann man die GT3 mit technischen Änderungen und Einheitsreifen, beides ist nicht vor 2016 möglich. Dauerhaft die Top-Klasse zu verbannen ist auch keine Lösung, denn damit schüttet man das Kind mit dem Bade aus: Wo definiert sich dann die Performance-Obergrenze?
Ein denkbares Szenario, um kurzfristig die Toplessen zurück zu holen: Erweiterung und Ausbau der Sicherheitszonen in den Zuschauerbereichen und Sperrung von als gefährlich erachteten Zuschauerbereichen, Tempobeschränkungen an neuralgischen Stellen (Code 100) oder dauerhafte Überholverbote mit statischen Gelbphasen. Alles Maßnahmen, bei denen es Fans den Magen umdreht.
Doch eines klar: Nach diesem Wochenende kann man auf dem Nürburgring nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Der Motorsport auf der Nordschleife wird sein Gesicht ändern.