Formel 1: FIA spricht Urteil

Spanien: Ogier/Ingrassia feiern vierten WM-Titel

Von Toni Hoffmann
Krönung mit Sieg: Ogier/Ingrassia ist der WM-Titel nach elf Rallyes nicht mehr zu nehmen, neue und alte Champions in einer Reihe mit Kankkunen und Mäkinen, zweiter Matchball für Volkswagen in der Herstellerwertung.

Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (F/F) haben sich mit dem Sieg bei der Rallye Spanien zum vierten Mal in Folge zu Rallye-Weltmeistern gekürt. Beim frenetisch umjubelten Triumph in Katalonien siegten sie mit dem Volkswagen Polo R WRC vor Dani Sordo/Marc Martí (E/E, Hyundai) und Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul (B/B, Hyundai) zum fünften Mal in dieser Saison und fügten gleichzeitig den neunten Podiumsplatz im elften Lauf hinzu. Die Franzosen sind fortan nicht mehr von der Spitze der 2016er-Gesamtwertung der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) zu verdrängen. Auch nicht von ihren Teamkollegen Andreas Mikkelsen/Anders Jæger (N/N), die bei der Rallye Spanien als hartnäckigste Verfolger im Titelkampf mit einem frühzeitigen Aus ihre Hoffnungen aufgeben mussten. Dank Platz acht in der Hersteller-Wertung durch Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) hat Volkswagen gute Aussichten, bei der kommenden Rallye in Großbritannien auch in der Herstellerwertung den vierten Titel in Folge zu erringen.

Kankkunen, Mäkinen und Ogier – in einer Reihe mit den Größten des Rallye-Sports

Seit 952 Tagen ununterbrochen an der Tabellenspitze: Sébastien Ogier ist der erst dritte Rallye-Weltmeister, der sich viermal in Folge zum Champion der Königsklasse des Rallye-Sports gekürt hat und der vierte viermalige Weltmeister in der Geschichte der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC). Er steht nun in einer Reihe mit Juha Kankkunen und Tommi Mäkinen. Nur sein Landsmann Sébastien Loeb hat mit neun Weltmeisterschaften mehr Titel vorzuweisen.

Vier Titel, vier Titel-Vorentscheidungen durch einen Sieg – der Ogier/Ingrassia-Style

Elf Rallyes, neun Podiumsresultate, davon fünf Siege: Der 37. Karriere-Erfolg, der 30. mit Volkswagen, für Sébastien Ogier und Julien Ingrassia schmeckte er besonders süß. Die nun viermaligen Weltmeister blieben auch zum vierten Mal in Folge ihrem Prinzip treu, mit einem Sieg den Titel klarzumachen. 2013 siegten sie bei der vorentscheidenden Rallye Frankreich, 2014 gelang ihnen in Spanien das gleiche Kunststück und 2015 war es in Australien ein extrem hart erkämpfter Triumph, der die Vorentscheidung sicherstellte. Auch 2016 war der Sieg bei der Rallye Spanien – der einzige WM-Lauf im Kalender, der sowohl auf Schotter als auch auf Asphalt ausgetragen wird – leidenschaftlich umkämpft.

Das Meisterstück: unwiderstehlich schnell und kontrolliert bei der Rallye Spanien

Bei der Rallye Spanien in Katalonien entwickelte sich zwischen den Lokalhelden Dani Sordo/Marc Martí (E/E, Hyundai) und den späteren Siegern Ogier/Ingrassia ein packender Zweikampf um die Spitze. Am ersten Tag, der vornehmlich auf Schotter ausgetragen wurde, sorgte das Wetter für eine Extra-Komponente. Auf teils schlammigen, teils abtrocknenden Strecken verloren Ogier/Ingrassia 17,0 Sekunden auf Sordo/Martí, verwandelten diesen Rückstand am Samstag, dem ersten von zwei Tagen auf Asphalt, mit fünf von acht möglichen Prüfungsbestzeiten in einen 5,8-Sekunden-Vorsprung. Am Sonntag baute Ogier die Führung weiter aus und setzte sich insgesamt auf 15,6 Sekunden ab.

Rückschlag für Mikkelsen, Rückkehr von Latvala

Enttäuschungen mussten dagegen Andreas Mikkelsen/Anders Jæger (N/N) und Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) im zweiten und dritten Polo R WRC hinnehmen. Latvala/Anttila berührten am Freitag auf Platz drei liegend bei extrem regnerischen und damit rutschigen Bedingungen unglücklich eine Leitschiene und mussten anschließend pausieren. Bei ihrem Comeback unter Rallye-2-Reglement am Samstag und Sonntag feierten sie jedoch fünf Prüfungsbestzeiten und sicherten Volkswagen mit Platz acht in der Herstellerwertung vier wichtige Zähler im Kampf um die Konstrukteurs-WM. Eine Rückkehr unter Rallye-2-Reglement war für ihre Volkswagen Teamkollegen Mikkelsen/Jæger nicht möglich: Die WM-Zweiten kamen am Samstag – ebenfalls auf Platz drei liegend – in einer schnellen Rechtskurve von der Ideallinie ab, rutschten in eine Leitschiene und überschlugen sich. Der Polo R WRC war mit den vor Ort zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu reparieren.

Ogier/Ingrassia eins, Mikkelsen/Jæger zwei, Latvala/Anttila sechs: das WM-Klassement

Mikkelsen/Jæger bleiben Zweite in der Gesamtwertung hinter ihren Teamkollegen Ogier/Ingrassia. Nach der Rallye Spanien ist das norwegische Volkswagen Duo punktgleich mit Thierry Neuville und Nicolas Gilsoul – doch angesichts der besseren Einzelergebnisse behalten sie die Nase vorn. Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila gehen als WM-Sechste in die abschließenden zwei Saison-Rallyes in Großbritannien und Australien. Volkswagen nimmt in der Herstellerwertung einen 62-Punkte-Vorsprung mit nach Großbritannien. Das Team hat damit die große Chance, dort aus eigener Kraft selbst den vierten WM-Titel in Folge zu feiern – wenn es einen Vorsprung 43 Zählern verteidigt.

Das i-Tüpfelchen Powerstage: Latvala vor Ogier

Ein versöhnliches Ende nahm die Rallye Spanien für Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila. Sie sicherten sich auf der abschließenden Powerstage drei Extra-Punkte für die Bestzeit. Sébastien Ogier und Julien Ingrassia komplettierten den Volkswagen Erfolg in dieser speziellen Disziplin mit Platz zwei. Damit ging in den vergangenen 49 Powerstages 38 Mal die Bestzeit nach Wolfsburg.

Stimmen, Tag 03 Rallye Spanien

Sébastien Ogier, Volkswagen Polo R WRC #1

«Ich fühle mich fantastisch! Der vierte WM-Titel für Julien und mich, das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Eine Ehre, wenn man mit so großen Namen wie Kankkunen und Mäkinen in einem Atemzug genannt wird. Ein riesiges Dankeschön an unser Team bei Volkswagen. Ohne sie wären Julien und ich nicht hier. Sie machen das ganze Jahr einen so großartigen Job, die gesamte Saison hatten wir ein perfektes Auto. Auch dieses Wochenende hatte ich im Polo R WRC wieder viel Spaß hinter dem Lenkrad. Natürlich war die Anspannung vor der abschließenden Powerstage etwas höher als normal – angesichts des Titels vor Augen und des Fehlers vom letzten Jahr im Gedächtnis. Aber wir haben es geschafft. Trotz der erschwerten Regeln, trotz der starken Konkurrenz – auf diesen Titel bin ich so stolz wie nie zuvor. Jetzt wird erstmal ordentlich mit dem Team und meiner Frau gefeiert – und zu Hause kann ich dann auch meinem kleinen Sohn Tim den Pokal zeigen, den Papa geholt hat. Den WM-Titel widme ich ihm.»

Jari-Matti Latvala, Volkswagen Polo R WRC #2

«Glückwunsch an meinen Teamkollegen Sébastien Ogier zum vierten Fahrertitel. Damit ist er jetzt in einer Liga mit meinen finnischen Landsleuten Tommi Mäkinen und Juha Kankkunen. Das ist eine großartige Leistung, nicht nur von ihm, sondern auch vom ganzen Team Volkswagen Motorsport. Für mich war die Rallye Spanien, wie so oft dieses Jahr, viel zu früh gelaufen. Nach meinem Aufhängungsschaden vom Freitag hatten wir keine Möglichkeit mehr, sportlich in den Wettbewerb einzugreifen. Dennoch haben wir einige Wertungsprüfungen gewonnen und am Ende vier Punkte für die Herstellerwertung beigesteuert. Vielleicht schaffen wir es schon, bei der nächsten Rallye in Großbritannien diesen Titel zu erringen. Das wird auf jeden Fall das Ziel sein.»

Andreas Mikkelsen, Volkswagen Polo R WRC #9

«Glückwunsch zum Titel und Hut ab vor dem Sieg unserer Teamkollegen Sébastien Ogier und Julien Ingrassia. Anders und ich freuen uns für sie, sie waren auch 2016 einfach das Maß der Dinge. Für uns persönlich war es natürlich nicht das Ende der Rallye Spanien, das wir uns gewünscht hatten. Nach dem Sieg im vergangenen Jahr wollten wir hier wieder gut abschneiden, auf jeden Fall aber den Vorsprung auf Platz drei in der WM ausbauen. Doch dazu ist es nicht gekommen. Wir waren am Samstag in einer Rechtskurve zu schnell, sind rausgedriftet, haben die Leitschienen getroffen und uns überschlagen. Das war zu 100 Prozent mein Fehler. Jetzt ist der Kampf um Platz zwei in der Weltmeisterschaft wieder offen und wir werden in den beiden verbleibenden Rallyes alles geben müssen, dieses Ziel, das wir von Beginn der Saison an verfolgt haben, zu erreichen. Wir werden hart dafür arbeiten.»

Sven Smeets, Volkswagen Motorsport-Direktor

«Mit einem Sieg zum vierten Mal Weltmeister zu werden – das ist herausragend. Heute ist ein großer Tag für Sébastien Ogier, Julien Ingrassia und das ganze Volkswagen Team. Sie haben die ganze Saison über eine extrem konstante und starke Leistung gezeigt. Neun Podiumsresultate und davon fünf Siege sprechen für sich. Auch, dass sie seit beinahe 1.000 Tagen die Rallye-WM ununterbrochen anführen. Wir sind sehr stolz auf die schnellsten Volkswagen Fahrer der Welt. Das werden wir heute ganz sicher gebührend feiern. Zudem haben wir uns hier in Spanien eine gute Ausgangslage im Kampf um den Herstellertitel erarbeitet und könnten uns in zwei Wochen in Wales aus eigener Kraft ebenfalls den vierten Titel in Folge sichern. Und das ist natürlich das Ziel.»

Und da war dann noch …

... ein Rallye-WM-Novum. Denn Sébastien Ogier und Julien Ingrassia sind die ersten Fahrer/Beifahrer-Weltmeister in der Geschichte der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), die ihren Titel errungen haben, ohne dass es ihnen auf dem Weg dorthin vergönnt war, eine reine Schotter-Rallye für sich zu entscheiden.

Und da war dann außerdem noch …

… das „Breakfast of Champions“. Vor dem großen Tag, an dem Sébastien Ogier zum vierten Mal Rallye-Weltmeister wurde, verputzte er beim Frühstück wie gewohnt ein Omelette. Seit er bei Volkswagen mit dem Polo R WRC startet, war es das insgesamt 200.

FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), ewige Bestenliste der mehrfachen Weltmeister

Sébastien Loeb, neun WM-Titel (2004–2012)
Sébastien Ogier, vier WM-Titel (2013–2016*)
Juha Kankkunen, vier WM-Titel (1986, 1987, 1991, 1993)
Tommi Mäkinen, vier WM-Titel (1996–1999)
Massimo Biasion, zwei WM-Titel (1988, 1989)
Marcus Grönholm, zwei WM-Titel (2000, 2002)
Carlos Sainz, zwei WM-Titel (1990, 1992)
Walter Röhrl, zwei WM-Titel (1980, 1982)

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