Michelin peilt in Wales den 50. WM-Titel an
Die Reifenwaschanlage ist in Wales sehr wichtig
Am kommenden Wochenende liegt der 50. Rallye-WM-Titel für den berühmten Bibendum zum Greifen nah. Erst vor gut zehn Tagen haben die Polo R WRC-Werkspiloten Sébastien Ogier/Julien Ingrassia in Spanien den 300. WM-Laufsieg für die französische Reifenmarke in dieser herausfordernden Motorsportkategorie eingefahren. Bis es rund um das 50.000-Einwohner-Städtchen Deeside allerdings so weit ist, stehen in den einsamen Wäldern von Wales noch 22 anspruchsvolle Schotterprüfungen über eine Gesamtlänge von 330,21 Kilometer auf dem Programm.
Nebel. Regen. Rauer Schotter. Schnelle Kurven, enge Abzweige und lange Kehren: Die Wales-Rallye Großbritannien, von traditionsbewussten Fans dieses Sports noch immer „RAC“ genannt, gilt als die Schotterveranstaltung im WM-Kalender schlechthin. Bis 1990 wurden die heimtückischen Wertungsprüfungen (WP) „blind“ gefahren: Ein vorheriges Abfahren der Strecken zum Erstellen eines Aufschriebs war verboten – was seinerzeit den Marktwert einheimischer Beifahrer, die ihr «Gebetbuch» über Jahre bei nationalen Rallyes verfeinert hatten, enorm beflügelte.
Einst erstreckte sich die Rallye bis hoch nach Schottland, mehr als 60 verschiedene WP (!) waren keine Seltenheit. Heute hat sich der britische WM-Lauf dem vorgegebenen Schema der Motorsporthoheit FIA (Fédération Internationale d’Automobile) angepasst. Das sieht auf den ersten beiden Etappen am Freitag und Samstag je eine Vor- und Nachmittagsschleife über mehr oder weniger dieselben WP vor. Am Freitag kommen in diesem Jahr die gleichen Prüfungen zum Einsatz wie 2015, allerdings werden sie in entgegengesetzter Richtung gefahren: «Myherin», «Sweet Lamb», «Hafren» und «Dyfnant» gehören zu den Klassikern dieser Rallye, die 2016 ausnahmsweise nicht als Finale fungiert. Das findet drei Wochen später in Australien statt. Nach fast 90 WP-Kilometern dürfen gegen Mittag in einer «Tyre Fitting Zone» in Newtown neue Pneus für den zweiten Durchgang aufgezogen werden – viel mehr Arbeit an den Wettbewerbsgeräten ist nicht erlaubt.
Zweite und dritte Etappe müssen mit je einem Satz Reifen bewältigt werden
Der frischgebackene Vierfach-Weltmeister Sébastien Ogier setzt auch in Wales auf Reifen von Michelin. Über die Zielrampe geht es nach über 330 WM-Kilometern dann in Llandudno. Besonderheit der zweiten und dritten Etappe: Hier dürfen nach halber WP-Distanz nicht einmal die Reifen gewechselt werden – ausgenommen natürlich jener zwei Ersatzpneus, die im Auto mitgereist sind.
Harte Bedingungen auf walisischen Schotterpisten
Die groben Waldwege der Rallye Großbritannien gehören so ziemlich zum Letzten, was sich ein normaler Autoreifen freiwillig aussuchen würde: Spitze Steine ragen aus dem Untergrund, Spurrillen setzen den Flanken zu und die schlammig-feuchte Oberfläche sorgt für rutschige Bedingungen. Für Michelin als Ausrüster aller Werksteams in der Topkategorie WRC (World Rally Cars) kommen diese Bedingungen gerade gelegen – sie bieten ideale Voraussetzungen, um die Leistungsfähigkeit und Robustheit der eigenen 15-Zoll-Schotterspezialisten unter Beweis zu stellen.
Insgesamt bringt die französische Premiummarke 1.370 Decken nach Wales. 580 Exemplare des LTX Force sind für die über 300 PS starken, allradgetriebenen World Rally Cars bestimmt, 560 Einheiten des Latitude Cross für die Partner in der WRC 2-Kategorie. In beiden Fällen unterteilt sich das Angebot in eine weichere „S“- und eine härtere „H“-Mischung, das laufrichtungsgebundene Profil bleibt jeweils identisch. Die softeren Typen eignen sich speziell für regennasse Pisten und Außentemperaturen unterhalb von 15 Grad Celsius, die „H“-Pneus sind bei wärmerer Witterung und trockenen Wegen prädestiniert. Nur: Wann welche Reifen und in welcher Kombination zum Einsatz kommen, gehört am kommenden Wochenende wieder zu den wichtigsten Strategie-Entscheidungen der Teams.
Jacques Morelli: «Reifenwahl in Wales besonders schwierig»
Michelin stellt seinen Partnerteams wieder Schotterspezialisten in der weicheren «S»- und härteren «H»-Abstimmung zur Verfügung. «In Wales spielt die Reifentaktik eine grundlegende Rolle», betont Jacques Morelli, der Leiter des Rallye-WM-Engagements von Michelin. «Im Verlauf des Tages können sich die Oberflächen der Prüfungen stark verändern. Sie werden tiefer, rutschiger und immer aggressiver zu den Pneus. Am Samstag müssen sich die Crews bereits um sechs Uhr morgens auf jene Reifen festlegen, die fast zehn Stunden später immer noch die richtige Wahl sein sollen – eine schwierige Aufgabe. Die hohe Vielseitigkeit unserer Schotterspezialisten und ihre große Robustheit leisten dabei wichtige Hilfestellung. Bei ihrer Entwicklung haben wir berücksichtigt, dass die ,S‘-Typen zum Beispiel auch in Argentinien, Polen und Finnland zum Einsatz kamen. Die ,H‘-Mischung zählte in Mexiko, Portugal, Italien und Spanien zum Kontingent.»
Für jedes World Rally Car dürfen beim vorletzten Saisonlauf 20 (WRC 2: 22) Reifen eingesetzt werden. Hierfür stehen pro Auto 16 „H“-Exemplare und 20 „S“-Pneus (WRC 2: 22) zur Verfügung.